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Die Eroberung von Plassans - 4

Die Eroberung von Plassans - 4

Titel: Die Eroberung von Plassans - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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heraufstieg, sie in Schrecken versetzt.
    »Les Tulettes, Les Tulettes!« stammelte sie und verbarg die Augen unter ihren zitternden Händen.
    Sie warf sich hintüber, wurde schon steif in einem Nervenanfall, als Abbé Faujas, der seine Suppe zu Ende gegessen hatte, ihre Hände nahm und sie kräftig drückte, während er mit seiner geschmeidigsten Stimme murmelte:
    »Seien Sie stark angesichts dieser Prüfung, die Gott Ihnen schickt. Er wird Ihnen Trost gewähren, wenn Sie nicht aufbegehren; er wird Ihnen das Glück zu verschaffen wissen, das Sie verdienen.«
    Unter dem Druck der Priesterhände, unter dem weichen Tonfall seiner Worte richtete sich Marthe wieder auf, war gleichsam auferstanden, ihre Wangen glühten.
    »Oh ja!« sagte sie schluchzend. »Ich brauche viel Glück, versprechen Sie mir viel Glück.«
     

Kapitel XI X
    Die allgemeinen Wahlen sollten im Oktober stattfinden. Gegen Mitte September reiste Monsignore Rousselot, nachdem er eine lange Unterredung mit Abbé Faujas gehabt hatte, plötzlich nach Paris. Es wurde von einer ernsthaften Erkrankung einer seiner Schwestern gesprochen, die in Versailles wohnte. Fünf Tage später war er zurück. Er ließ sich in seinem Arbeitszimmer von Abbé Surin vorlesen. Tief in einen Sessel zurückgelehnt, fröstelnd in einen gesteppten. Überrock aus violetter Seide gehüllt, obgleich die Jahreszeit noch sehr warm war, hörte er mit einem Lächeln der weiblichen Stimme des jungen Abbé zu, der verliebt anakreontische Strophen skandierte.
    »Gut, gut«, murmelte er, »Sie verfügen über die Musik dieser schönen Sprache.« Mit unruhigem Gesicht auf die Stutzuhr blickend, fuhr er fort: »Ist Abbé Faujas heute morgen schon gekommen? – Ah, mein Sohn! Was für Verdrießlichkeiten! Ich habe noch immer diesen abscheulichen Krach der Eisenbahn in den Ohren … In Paris hat es die ganze Zeit geregnet! Ich hatte Besorgungen in allen Enden der Stadt zu machen, ich habe nur Schmutz gesehen.«
    Abbé Surin legte sein Buch auf die Ecke einer Konsole.
    »Sind Monsignore mit den Ergebnissen Ihrer Reise zufrieden?« fragte er mit der Vertraulichkeit eines verwöhnten Kindes.
    »Ich weiß, was ich wissen wollte«, antwortete der Bischof, der sein kluges Lächeln wiederfand. »Ich hätte Sie mitnehmen sollen. Sie hätten Dinge erfahren, die zu kennen nützlich sind, wenn man in Ihrem Alter ist und durch seine Herkunft und seine Beziehungen für die Bischofswürde bestimmt ist.«
    »Ich höre, Monsignore«, sagte der junge Priester mit demütig bittender Miene.
    Aber der Kirchenfürst schüttelte den Kopf.
    »Nein, nein, über diese Sachen spricht man nicht … Seien Sie Abbé Faujas˜ Freund, er wird vielleicht eines Tages viel für Sie tun können. Ich habe sehr vollständige Auskünfte bekommen.«
    Abbé Surin faltete mit einer Gebärde so schmeichlerischer Neugier die Hände, daß Monsignore Rousselot fortfuhr:
    »Er hatte in Besançon Schwierigkeiten gehabt … Er war in Paris, war sehr arm, wohnte in einer Pension. Er ist selber hingegangen und hat sich angeboten. Der Minister suchte gerade Priester, die der Regierung ergeben waren. Ich habe verstanden, daß ihm Faujas mit seiner düsteren Miene und seiner alten Soutane zuerst einen Schreck eingejagt hatte. Ganz aufs Geratewohl hat er ihn hierhergeschickt … Der Minister hat sich mir gegenüber sehr liebenswürdig gezeigt.« Der Bischof beendete seine Sätze mit einem leichten Wiegen der Hand, suchte die Worte, fürchtete, zu viele zu sagen. Dann riß ihn die Zuneigung zu seinem Sekretär fort; er fügte lebhaft hinzu: »Kurzum, glauben Sie mir, seien Sie dem Pfarrer von SaintSaturnin nützlich; er wird jedermann brauchen, er scheint mir ein Mann zu sein, der weder eine Beleidigung noch eine Wohltat vergißt. Aber verbinden Sie sich nicht mit ihm. Es wird ein schlimmes Ende mit ihm nehmen. Dies ist ein persönlicher Eindruck.«
    »Es wird ein schlimmes Ende mit ihm nehmen?« wiederholte der junge Priester überrascht.
    »Oh! Zur Zeit ist er in vollem Siegeszug … Sein Gesicht beunruhigt mich, mein Sohn, er trägt eine schreckliche Maske. Dieser Mann wird nicht in seinem Bett sterben … Machen Sie mir keine Ungelegenheiten; ich wünsche lediglich, in Frieden zu leben, ich brauche nur noch Ruhe.«
    Abbé Surin nahm sein Buch wieder zur Hand; da ließ sich Abbé Faujas melden. Monsignore Rousselot ging ihm mit lächelnder Miene und ausgestreckten Händen entgegen, wobei er ihn »mein lieber Pfarrer« nannte.
    »Lassen Sie uns

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