»Die Essensfälscher«. Was uns die Lebensmittelkonzerne auf die Teller lügen
gute Idee« – so das Ergebnis einer vom dänischen Lebensmittelministerium beauftragten Umfrage von 2008. Nach anfänglichem Widerstand vor allem der Restaurantbesitzer können mittlerweile auch die kontrollierten Betriebe mit dem System sehr gut leben. 86 Prozent gaben an, dass sie sich »fair bewertet« fühlten. Der Erfolg des Systems lässt sich auch statistisch messen: Im Jahr 2008 erhielten fast 83 Prozent der kontrollierten Betriebe den fröhlichsten Smiley, 2002 waren es nur 70 Prozent. Inzwischen gibt es zusätzlich einen »Elite-Smiley« für Betriebe, die viermal hintereinander das bestmögliche Kontrollergebnis erzielten; bei ihnen kommen die Kontrolleure dann seltener vorbei. Erhält ein Betrieb nicht die beste Bewertung, hat er Anspruch auf eine erneute Überprüfung innerhalb von sechs Monaten. Wünscht das Unternehmen eine schnellere Neubewertung, kann es die beantragen, muss die Kosten dafür aber selbst tragen.
Mit ein paar einfachen, klaren Regeln haben die Dänen ein praktikables System geschaffen, das die Interessen von Verbrauchern und Unternehmen offenbar bestens ausbalanciert. Ähnliches schien sich auch in Deutschland anzukündigen, als am 1. Mai 2008 das Verbraucherinformationsgesetz ( VIG ) in Kraft trat. »In Zukunft sollen die Behörden von sich aus Ross und Reiter nennen«, versprach die schwarz-rote Bundesregierung damals. Und ihr Bundesverbraucherminister, Horst Seehofer ( CSU ), tönte in einem Interview mit der »Süddeutschen Zeitung«: »›Sollen‹ heißt in dem Fall ›müssen‹.«
Die Realität sieht jedoch anders aus. Selbst bei Gammelfleischskandalen bleiben die Namen von Herstellern oder Verkaufsstellen weiterhin Behördengeheimnis. Einzig der Bezirk Berlin-Pankow veröffentlicht seit Anfang 2009 im Internet in einer »Negativliste« die Namen und Adressen von Gaststätten, die bei Kontrollen des Veterinär- und Lebensmittelaufsichtsamts mindestens wegen Ordnungswidrigkeiten aufgefallen sind; die meist hygienischen Mängel in den Schmuddelrestaurants werden zusätzlich mit Fotos dokumentiert. Wer den Lebensmittelkontrolleuren dagegen besonders positiv auffällt, darf sich in den Geschäftsräumen mit einem Smiley schmücken. Das Problem: Kein Betrieb in Pankow ist gesetzlich verpflichtet, negative Kontrollergebnisse auszuhängen. Wer sich vor dem Besuch eines Restaurants nicht im Internet kundig macht, erfährt auch nicht vor Ort, ob die Gaststätte bei den Kontrollen möglicherweise schlecht abgeschnitten hat.
Pankow ist nur der matte Abglanz des vorbildlichen dänischen Modells, das seine Tauglichkeit im Praxistest längst erbracht hat. Aber das Beispiel Pankow zeigt, dass selbst die dürftige deutsche Gesetzeslage mehr hergeben kann zum Schutz des Verbrauchers als viele glauben. Man sieht, wie hasenfüßig der Rest der Bundesländer und ihre untergeordneten Kommunen sind: Was Pankow kann, könnten sie auch, aber sie trauen sich nicht aus Angst vor Auseinandersetzungen mit den Gaststätten; lieber verweigern sie Verbrauchern ihre Rechte. Vor einem so schwachen Hintergrund können Politiker wie der hessische Umwelt-Staatssekretär Mark Weinmeister da schon als mutige Verbraucherschützer erscheinen. Auf dem Höhepunkt der Aufregung um »Gel-Schinken« hatte Weinmeister Mitte 2009 ein »hartes Durchgreifen« angekündigt und Wiederholungstätern mit der Veröffentlichung ihres Namens im Internet gedroht. Vieles spricht dafür, dass Weinmeisters Ankündigung wie schon so viele anderer »mutiger« Verbraucherschützer zuvor eine leere Drohung bleiben wird.
Es gibt nichts Gutes, außer man tut es: Die beste Waffe im Kampf gegen die methodische Täuschung von Verbrauchern ist die Veröffentlichung aller Ergebnisse der amtlichen Kontrollen in Lebensmittelbetrieben unter Nennung von Namen und festgestellten Mängeln – in papiernen Jahresberichten, im Internet und im Betrieb selbst. Alle anderen Waffen, nach denen bei jedem Skandal neu gerufen wird, haben sich längst als stumpf erwiesen.
Mehr Kontrolleure in den Ämtern? Angesichts leerer öffentlicher Kassen illusorisch.
Höhere Bußgelder und Geldstrafen? Dieser regelmäßig wiederkehrende Vorschlag ist Hohn angesichts der Tatsache, dass die maximalen Höhen schon jetzt fast nie verhängt werden und auch nicht wirken. Bußgelder stecken die Betriebe locker weg. Der so bestrafte Schwindel ist immer noch lukrativer als Ehrlichkeit.
Es kann schon passieren, dass wegen der Besonderheiten des Verwaltungsrechts 25-mal
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