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Die Eule - Niederrhein-Krimi

Die Eule - Niederrhein-Krimi

Titel: Die Eule - Niederrhein-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renate Thomas u Wirth Hesse
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die Fakten schildern. Karin blickte von einem Tässchen haltenden Mann zum anderen.
    »Die Herren haben es sich beim kollektiven Blick in die Ostdateien bequem gemacht?«
    Von Aha nahm den Ball auf. »Kaffee belebt Geist und Körper, und diese Marke erst recht. Herr Staatsanwalt Haase, der uns übrigens preisgekröntes italienisches Porzellan passend zum Saeco zugesagt hat, wollte sich einen eigenen Eindruck von der Sisyphusarbeit machen. Ich kann bislang nicht mehr tun, als einzelne Angaben zum Inhalt zu machen. Ich finde den roten Faden nicht, zumal alles verschlüsselt ist und ich keinen Anhaltspunkt für beteiligte Personen erkenne. Jahreszahlen gibt es, die dürften verlässlich sein. Diese ganze Verschleierungstaktik der Stasi, das war doch ›Kalle Blomquist‹ für Erwachsene. Die haben Toilettengänge und Essgewohnheiten für ebenso wichtig erachtet wie konspirative Kontakte oder politische Meinungen, die im Konsum zwischen Spreewaldgurken und dem schlauen Spee-Fuchs geäußert wurden. Und alles war aktenkundig. Was für ein perverser Haufen, wer denkt sich so was aus?«
    Haase setzte seine Tasse mit beschwichtigender Geste lautlos auf dem Schreibtisch ab.
    »Das ist Geschichte. Offenbar kennen wir noch längst nicht das ganze Ausmaß des Wahnsinns. Wenn die Mauer nicht gefallen wäre, hätte es tonnenweise Papier gegeben, dessen Bearbeitung aus zeitlichen Gründen ins Hintertreffen geraten wäre. Es klaffte schon 1989 eine große Lücke zwischen personeller Besetzung und effektiver Auswertung. Man fand in den Zentralen nicht nur Ordner, sondern auch wahllose, ungeordnete Stapel, Papier mit Informationen über Nachbarn, Kollegen, über nahe Verwandte, alles in allem einhundertachtundfünfzig Kilometer Akten.«
    »Das muss man sich vorstellen! Jeder kontrollierte jeden, und niemand sollte sich davor sicher fühlen.«
    »Die Folgen sind noch nicht bewältigt, immer wieder brechen auch heute noch Menschen zusammen, wenn sie erkennen, was ihre langjährigen Freunde über sie weitergeleitet hatten.«
    Karin Krafft musste ihn stoppen, diesen Wissensaustausch im Café-Stil. »Und?«
    Von Aha blickte seine Vorgesetzte fragend an, bevor die hochgezogene Augenbraue ein Fünkchen Verständnis verriet.
    »Niederrheinischer Dialog, habe ich gestern schon gelernt. Einsilbige Fragen werden zweisilbig gekontert, bevor jemand zu mehrsilbiger Beantwortung findet. Mein Konter wäre jetzt erst mal ›Wie, und?‹, ich kürze ab.«
    Karin musste schmunzeln, er besaß einen bissigen Humor. »Dann los.«
    »Es handelt sich um die Bespitzelung einer Familie in den fünfziger Jahren, bis hin zum Anfang der Sechziger. Ich kann immer nur Sequenzen entziffern, die mangelhafte Qualität der Scans, die wir bei dem Konditorlehrling gefunden haben, ist technisch nicht zu verbessern. Die Sätze sind deshalb unvollständig, vieles ist kontrastlos grobkörnig und wirkt verwischt. Verschiedene IM s mit so merkwürdigen Namen wie ›Honett‹ waren im Einsatz. Fakt ist, dass der Mann als Stasi-Major eingesetzt war und selbst überwacht wurde. Was ich lesen kann, klingt harmlos, wie gesagt, Observation auf ›Kalle-Blomquist‹-Niveau. Datiert auf 1954 bricht diese Familie auseinander. Die Frau gerät in Dauerverhöre, man spricht von der Unterbringung der Kinder in politisch einwandfrei denkenden Familien oder Heimen, erst nach zig Seiten wurde es mir klar. Der Mann war abgehauen, der hatte in den Westen rübergemacht.«
    Von Aha schlürfte den letzten Schluck aus seiner Tasse.
    Karin wartete auf die Fortsetzung. »Kommt da noch was?«
    »Schlecht zu sagen, die IM s wechseln, ich habe keine Ahnung mehr, wer wen zu überwachen hatte. Alles immer verschleiert und verschlüsselt, meine Phantasie darf sich austoben, aber Sie wollen gar nicht wissen, was sich dort verbirgt. Mit dem Material ist nichts zu machen, Frau Krafft. Ich habe noch keine Ahnung, wo ich die Garowske zuordnen kann, ich brauche Einblick in die Originale.«
    Er erläuterte die Möglichkeit, die Akten vor Ort einzusehen. Es sei nichts Besonderes für ihn, den Mann aus der Mitte Deutschlands, er sei schon öfter zu Ermittlungszwecken in östlichen Behördenarchiven gewesen.
    »Haben Sie denn eine Ahnung, von welcher Stadt wir hier reden?«
    »Erfurt, eindeutig Erfurt. Die zu entziffernden Straßennamen zeigen es. Außerdem gibt es Fragmente eines entsprechenden Dienststempels. Wir müssen vor Ort in Thüringen recherchieren.«
    Karin Krafft lehnte sich zurück. »Das ist nicht

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