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Die Evangelistin

Die Evangelistin

Titel: Die Evangelistin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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meine Verbündeten in den Reihen meiner Feinde suche. Ich kann nicht verlieren!«
    Leonardo schüttelte den Kopf. »Du bist mutig!«
    »Du weißt doch, Leonardo: Dem Tapferen hilft das Glück.«
    Der Doge blickte zu Tristan hinüber. »Habt ihr endlich einen Termin für eure Hochzeit vereinbart? Heute Abend während des Banketts wäre eine gute Gelegenheit, eure Verlobung bekannt zu geben. Stell dir nur Antonios Gesicht vor, wenn ich …«
    »Tristan und ich werden nicht heiraten«, nahm ich ihm den Wind aus den Segeln.
    »Aber ich dachte …«
    »Er hat mich vor zwei Wochen gefragt, doch ich habe Nein gesagt.«
    »Er liebt dich.«
    »Und ich liebe ihn.«
    »Er will dich beschützen, Celestina. Die Männer, die Tag und Nacht die Ca’ Tron überwachen … Du hattest mich am Pfingstsonntag gebeten, diskret festzustellen, wer sie geschickt hat. Tristan bezahlt die beiden Männer.«
    »Tristan?«, fragte ich ungläubig.
    Der Doge nickte, offenbar beruhigt darüber, dass er sich um mich sorgte.
    Tristan lässt mich überwachen! Um Himmels willen: Weiß er, dass Elija und ich uns lieben?
    Doch dann stutzte ich.
    Hatte Leonardo nicht gesagt, dass Tristan zwei Männer bezahlte, die mich überwachen sollten?
    Wer hatte den dritten Mann geschickt?
    Derjenige, der auch die Assassini angeworben hatte.
    Derjenige, der den Zettel an meine Tür gehängt hatte.
    ›So che hai fatto – Ich weiß, was du getan hast!‹
    Meine Knie zitterten so stark, dass ich mich an Leonardos Sessel festhalten musste, um nicht zu stürzen. Ich presste das Buch gegen meine Brust. Mein Blick irrte durch den Saal.
    Wer war es?
    Antonio?
    Mein Cousin und ich hassten uns leidenschaftlich.
    Zaccaria Dolfin?
    Er hatte seinem Freund Giacomo Tron niemals verziehen, dass er Alexandra Iatros geheiratet hatte – eine nichtadelige Griechin florentinischer Herkunft! Zaccaria hatte die tolerante Haltung meines Vaters in Glaubensfragen immer verabscheut und seine humanistische Arbeit als ketzerisch verdammt. Das Wort Humanist war für ihn gleichbedeutend mit Häretiker, und wenn er es aussprach, schwangen in seiner Stimme Verachtung und Hass mit. Hatte Zaccaria den Zettel an meine Tür hängen lassen, um mich zu warnen, dass ich zu weit ging, wenn ich einen jüdischen Rabbi in mein Haus einlud? Stammte der Brief in der Bocca di Leone mit den Anschuldigungen gegen Tristan und mich auch von ihm? War Zaccaria der geheimnisvolle Unbekannte, der Tristan um zehntausend Zecchini erpresste?
    Und was war mit Antonio Grimani?
    Im Rat der Weisen war der Prokurator von San Marco und ehemalige Oberbefehlshaber der venezianischen Kriegsflotte einer der mächtigsten Gegner meines Vaters gewesen. Ich wusste, dass Antonio Grimani für die Entscheidung meines Vaters, gegen den Papst, den Kaiser und den König von Frankreich in den Krieg zu ziehen, verantwortlich war – und damit auch für seinen Tod in der Schlacht von Agnadello. Aber war der erbitterte Machtkampf zwischen Giacomo Tron und Antonio Grimani wirklich ein Grund, mich zu ermorden?
    Je länger ich nachdachte, desto verwirrter wurde ich.
    Die Mosaiksteinchen ergaben kein zusammenhängendes Bild: Das Attentat auf mich. Der unsignierte Brief in der Bocca di Leone. Der Zettel an meiner Tür. Die Erpressung und Tristans Bitte an Aron, ihm die gigantische Summe von zehntausend Zecchini zu leihen. Der geheimnisvolle dritte Mann vor meinem Haus – das alles passte nicht zusammen.
    Oder doch?
    Und wenn es nun Tristan war, der mir mit einem inszenierten Attentat, bei dem ich gar nicht getötet werden sollte, Angst einjagen wollte, damit ich ihn schließlich heiratete? Er hatte mit meinem Nein gerechnet, sonst hätte er sich nicht Leonardo anvertraut und ihn um Rat gefragt!
    Tristan bezahlte zwei Männer, die mich beschützen, die mich überwachen, die mich einschüchtern sollten!
    Hatte Tristan den Zettel an meine Tür hängen lassen?
    ›So che hai fatto – Ich weiß, was du getan hast!‹
    »Celestina, mein liebes Kind! Was ist mit dir? Du bist so blass!«
    Wie konnte ich Tristan, meinen besten Freund, meinen Geliebten, nur verdächtigen – nach allem, was er in den letzten Jahren für mich getan hatte! Und doch …
    »Celestina! Geht es dir nicht gut? Willst du dich hinsetzen?«
    Wie benommen von den furchtbaren Gedanken zwang ich mich zu einem Lächeln. »Es geht mir gut«, beruhigte ich Leonardo.
    »Im wievielten Monat bist du?«, fragte er besorgt.
    »Ich bin nicht schwanger.«
    »Aber ich dachte, dass du endlich …

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