Die ewige Nacht: Die Legende von Wasgo (German Edition)
Beine. Sie gestikulierte mit dem Jungen, der danach in den Sand schrieb: „Aber du wirst mit Jodaryon dafür sorgen, dass wir befreit werden!“
Das war für unseren jungen Helden das Stichwort. Aufgeregt rief er den Menschen zu: „So steht doch auf! Steht endlich alle auf und kümmert euch um euer Tagesgeschäft!“ Dann wendete er sich wieder der alten Frau und dem Jungen zu und fragte: „Könnt ihr mir denn sagen, wo ich Jodaryon finden kann?“ Voller Hoffnung auf einen Hinweis sah er insbesondere die Alte an.
Sie drehte sich um und zeigte mit erhobenem Zeigefinger in eine bestimmte Richtung. Dann sah sie Wasgo tief in die Augen. Nicht ein Wort kam der Alten über die Lippen und doch hatte Wasgo das Gefühl ihre Worte zu hören. In sein Bewusstsein drangen die Worte ein: „Du musst über diesen hohen Berg. Er ist fast nicht zu bezwingen. Auf der anderen Seite im Tal findest du einen großen und dichten Wald. In dem Wald wirst du Jodaryon finden, junger Herr.“
Mit einer Verbeugung wollte sich Wasgo verabschieden. Doch die alte Frau nahm ihn kurzentschlossen an die Hand und zog ihn energisch hinter sich her. Sie ging mit ihm in eine alte Kate und gab ihm zu essen und zu trinken. Danach zeigte sie ihm einen Schlafplatz. Er sollte erst am nächsten Morgen aufbrechen.
Am frühen Morgen weckte die Alte den jungen Mann. Wasgo räkelte sich genüsslich und stand auf. Nachdem er sich einer gründlichen Körperpflege gewidmet hatte, bedeutete ihm seine Gastgeberin, sich an den Tisch zu setzen. Sie setzte ihrem jungen Gast ein eher kärgliches, aber wohlschmeckendes Frühstück vor und forderte ihn auf, ausgiebig zuzugreifen. Sie kochte Tee, füllte in Wasgos Wasserbehältnis für die Wanderung frisches Wasser ein und gab es dem Jugendlichen, damit er alles in seinen Sack legen konnte. Erst nach dem Frühstück ließ die alte Frau ihren Gast gehen.
„Ich danke dir von Herzen für deine Gastfreundschaft und alles, was du für mich getan hast. Danke, Mütterchen“, sagte Wasgo und verabschiedete sich von der alten Frau. Die nahm ihn plötzlich in die Arme und drückte ihn fest und liebevoll an sich. Als sie den Jüngling freigab, hatte sie Tränen in ihren Augen. Einige Wochen später sollte sie sterben. Das ahnte sie und war darüber traurig, weil sie wusste, dass sie Wasgo nicht noch einmal wiedersehen sollte..
Der Adler der Weisheit und des Lebens
Wasgo verließ das Dorf. Glück hatte er gehabt. Eine Spur von Jodaryon hatte er gefunden. Nun sollte er doch auch hoffentlich den großen Zauberer finden können. Sein Weg führte ihn direkt auf den großen, mächtigen Berg zu, den er schon vor zwei Tagen gesehen hatte. Dieser Berg, den er bezwingen musste, überragte bei weitem alle anderen Gipfel, schätzungsweise um neunhundert Meter. Dieses Bergmassiv unterschied sich schon alleine aufgrund seines Aussehens von den anderen. Er war mit schier endlosen Schneefeldern überzogen. Gewaltige Gletscher galt es für Wasgo zu überwinden. Er wusste, dass Glätte und Kälte ihm ernst zu nehmende Gegner sein mussten. Ein Sturm konnte da oben schnell aufkommen. Temperaturen von bis zu minus fünfzig Grad hatte Wasgo zu erwarten. Nicht umsonst wurde dieser Berg der Eisberg genannt.
Das Tal hatte er rasch durchwandern können, es hielt keine Gefahren für unseren jungen Zauberer bereit. Doch dann kam der Aufstieg zum Eisberg. Aus dem Rucksack suchte sich Wasgo warme Bekleidung heraus. Seine Mutter hatte an alles gedacht. Er zog sich an, was er für notwendig erachtete. Dann ging es den Berg aufwärts. Die erste Etappe brachte er mühelos hinter sich. Bis zur Baumgrenze stieß er vor, um am Waldrand ein Lager für die Nacht aufzuschlagen. Im Schutz der Bäume wollte er schlafen. Danach sollte der Aufstieg über die Gletscher weitergehen.
Nachdem der Jüngling ausgeschlafen hatte, machte er sich auf, seinen Weg fortzusetzen. Den hatte er sich schon vom Tal aus mit den Augen gesucht und bis zum Gipfel ausfindig gemacht. Durch das weiße Eis und den vielen Schnee herrschte Dämmerlicht. Es war nicht ganz dunkel, aber auch nicht hell, wie es an einem Tag üblich war, an dem die Sonne unterging und dabei keine ewige Nacht herrschte.
Es war eine Zwischenstufe, aber Wasgo konnte relativ gut sehen. Trotzdem ärgerte es ihn, dass er sich über den Gletschergipfel quälen musste. Gerne hätte Wasgo den Berg umwandert, aber das ging leider nicht. Der einzige halbwegs gangbare Weg verlief über den Gipfel, weil es rechts
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