Die ewige Nacht: Die Legende von Wasgo (German Edition)
einer gefährlichen Gegend herumtreiben? Soll er doch lieber zu Hause bleiben‘, so dachte der Adler.
Trotz Dunkelheit und eisiger Kälte musste der Adler fliegen und durch die Lüfte schweben. Nahrung braucht jedes Lebewesen, auch der Adler. Er hatte sich den Umweltbedingungen angepasst, die seit über fünfhundert Jahren, seitdem Bossus sich die Erde untertan gemacht hatte, herrschten. Doch was er am Abgrund zur Todesspalte sah, war für ihn keine Nahrung. Trotzdem flog der Adler zu dem Abgrund und schlug seine Krallen in Wasgos Kleidungsstücke hinein. Anschließend erhob er sich erneut in die Lüfte und segelte davon.
Als Wasgo dieses riesige Untier auf sich zukommen sah, dachte er, seine letzte Stunde habe geschlagen. Nun hing der junge Mann an den Füßen des riesigen Vogels in der Luft. Angst durchflutete den Körper des jungen Mannes. An einen Zauberspruch konnte er nicht denken. Alle Zauber waren aus seinem Bewusstsein verschwunden. Eine tiefe Bewusstlosigkeit nahm den Jüngling in sich auf und bewahrte ihn vor dem Wahnsinn.
Der Adler flog mit Wasgo an seinen Krallen zu dem Berg zurück. Er setzte zur Landung an. Vorsichtig legte er ihn in den Schnee. Der große Vogel setzte sich so vor den jungen Mann, dass er ihn mit einem Flügel wärmen konnte, indem er ihn einfach wie eine Decke über Wasgo ausbreitete. Irgendwann würde der junge Mann zu sich kommen, dann konnte er, der Adler, seinen Weg fortsetzen.
Nach etwa fünf Minuten erwachte Wasgo. Vor sich sah er den Adler, der ihn mit seinen großen Augen ansah. Mit einem Flügel wärmte ihn das Tier. Der Adler zog seinen Flügel ein, so dass Wasgo aufstehen konnte. Dass von dem Vogel keine Gefahr ausging, war unserem Helden nun bewusst. Hätte der Adler ihn töten wollen, hätte er dazu schon längst eine Gelegenheit gehabt. Nein, dieser Adler hatte ihm das Leben gerettet.
Wasgo verbeugte sich vor dem Tier und sprach: „Ich danke dir, du edler Vogel. Du hast mir mein Leben gerettet. Ich hoffe, dass ich das irgendwann einmal wieder gut machen kann.“
Als der Adler antwortete, war unser junger Zauberer nicht mehr überrascht. Denn er wusste plötzlich, wen er vor sich hatte. Es war der Adler der Weisheit und des Lebens. Der Adler sprach:
„Du bist schon dabei, alles wieder gut zu machen. Du bist Wasgo, der Sohn des Antares und der Luziferine. Du bist auf dem Weg, Jodaryon zu suchen, um ihn zu befreien, um anschließend mit ihm die Welt von Bossus und seinen Schergen zu säubern. Damit machst du alles wieder gut.“
Das war für Wasgo die Chance, schnell zu Jodaryon zu kommen. Er fragte: „Bitte, lieber Adler, du musst mir helfen. Du bist doch der Adler der Weisheit und des Lebens. Du solltest es wissen, wo sich unser großer Zauberer aufhält. Kannst du mich nicht zu ihm bringen?“
Der Adler warf seinen Kopf nach hinten, als hätte er unerträgliche Schmerzen zu erleiden, und stieß einen kläglichen Schrei aus. Dann sah er Wasgo an und sagte: „Zunächst solltest du dich um deine Hand kümmern, sie blutet immer noch. Danach werde ich dich von hier wegbringen, aber nur bis zum Rand des Waldes, in dem sich die alte Zauberschule befindet. In den Wald hineinfliegen darf ich nicht. Dieser Wald gehört zu Bossus‘ direktem Einflussbereich, er würde mich töten, wenn ich da eindringen sollte.
Aber du kannst, wenn du in den Wald kommst, alle Vorsicht fallen lassen. Sei nur immer auf der Hut vor Bösewichtern und vor Bossus‘ Schergen. Und wende von da an deine Zauberkräfte an! Bossus wird dich schon jetzt beobachten, aber er hat noch keine Macht über dich. Sobald du den Wald der alten Zauberschule betrittst, wird Bossus versuchen, dich an der Befreiung Jodaryons zu hindern. Er wird versuchen, dich zu töten. Also kannst du ohne weiteres zaubern, um dich zu verteidigen.“
Wasgo hörte dem Adler aufmerksam zu und war ihm für die vielen Informationen dankbar. Als der majestätische Vogel mit seinen Ausführungen fertig war, besah sich der junge Mann seine Hand und verband sie mit einem Tuch Leinen, das er in seinem Rucksack fand. Nun konnte die Flugreise beginnen. Mit dem Schnabel schnappte der große Vogel nach dem jungen Mann. Ein bisschen unwohl war dem Jüngling dabei aber doch. Er fühlte sich vom Adler der Weisheit und des Lebens in die Lüfte gehoben. Die Landschaft raste an ihm vorbei, als der Adler seinen Kopf wendete und Wasgo in sein Gefieder fallen ließ.
„He, mein lieber fliegender Freund“, lachte Wasgo, „du kannst ruhig
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