Die ewige Nacht: Die Legende von Wasgo (German Edition)
und die befand sich mitten im tiefsten, schwärzesten Dickicht. Die Bäume standen dort so dicht, dass sie auch ohne die ewige Nacht keine grünen Blätter an den Ästen und Zweigen haben konnten. Diese Bäume waren von Bossus verzaubert, ähnlich wie die Sträucher und alles andere in diesem Wald. Wie sollten auch sonst Blätter an Bäumen wachsen, wenn die ewige Nacht dies verhinderte! Blätter leben von Fotosynthese, das heißt, grüne Blätter konnte es nur dann geben, wenn die Bäume genügend Licht durch die Sonne erhalten konnten. Es gab aber seit über fünfhundert Jahren schon keinen Sonnenschein mehr auf der Erde. Deshalb konnten ja keine grünen Blätter an Pflanzen aller Arten wachsen.
Ein junger Bursche namens Wasgo ging mutig durch den Wald. Er suchte die Zauberschule, die sich an einem versteckten Ort befand. Wie sollte er die nur finden? Ein bisschen zaubern konnte er ja, aber er war noch so unsicher, dass er sich nicht traute, seine Zauber anzuwenden. Er wollte neue, gefährliche Zauber erlernen, mit denen er die Welt von der ewigen Dunkelheit befreien konnte. Es war ihm egal, wie lange er dieses Ziel verfolgen musste. Und wenn es Jahre sein sollten, Hauptsache war, dass die Sonne wieder ihre tägliche Bahn über den Himmel ziehen konnte.
Plötzlich hörte er ein Lied. Eine einsame und traurige Stimme sang eine Strophe und wiederholte den Refrain immer wieder.
Wasgo ging in die Richtung, aus der er die Stimme des Sängers hörte. Tatsächlich wurde die Stimme zunehmend lauter. Nun konnte unser junger Held schon ganz deutlich den Text verstehen. Es war ein trauriges Lied. Ein Anflug von Zuversicht für die Zukunft war aus dem Lied herauszuhören, aber am Ende war es doch nur noch traurig. Wasgo glaubte die Stimme zu erkennen. Das konnte nur der große Zauberer Jodaryon sein.
Er überlegte, dass Jodaryon der größte Zauberer aller Zeiten gewesen sein musste, denn er hatte mit tollen Geschichten, die überall zu Liedern gemacht wurden, die Herzen der Menschen erfreut und so allen Kummer und alle Sorgen von ihnen fern gehalten. Überall wurden seine Geschichten zu Liedern und überall wurden diese Lieder gesungen. Nun stand Jodaryon irgendwo hier ganz in seiner Nähe und sang diese traurige Weise.
Wasgo blieb stehen, damit er die Worte besser hören konnte. Er hörte Jodaryon sein trauriges Lied singen. Jodaryon sang von einem Gemüt aus Stein und einem Herzen aus Eis, einem gebrochenem Herzen, davon, dass er Angst habe, es könne nochmals zerbrechen. Und dass ihm sein Freund nicht helfen könne. Wasgo konnte ihn singen hören: „Der Preis ist zu hoch. Ich war jung und stark. Doch jetzt bin ich alt und schwach. Meine Seele und mein Herz bluten. Ich fühle nur noch Schmerz. Doch ich muss diesen Preis bezahlen. Aber ich werde wieder jung und stark und gemeinsam werden wir siegen. Aber ich werde wieder jung und stark und gemeinsam werden wir siegen.“
Wasgo ging weiter. Der Weg endete in einem dichten Gestrüpp von alten Büschen. Hier gab es kein Durchkommen. Aber er musste diesen Weg weiter verfolgen, denn hinter dem dichten Gestrüpp musste der Sänger und Zauberer sein, von dort hörte er seine Stimme.
Wasgo konnte sich gut vorstellen, dass es dem alten Zauberer Jodaryon früher gut gelungen war, mit seinen Zauberliedern die Menschen glücklich zu machen. Eine alte, wenn auch noch kräftige Stimme drang an sein Ohr.
Der junge, mutige Bursche entschloss sich, bevor Jodaryon wieder verschwand, einen Zauber anzuwenden, damit er durch das Dickicht kommen konnte. Er sagte einen Spruch auf. Das hörte sich komisch an, beinahe so: „Enzo minerle beritale avartiäle seitige shub gestastruppe wechige ewige“
Gespannt wartete er, was nun passieren sollte. Er dachte schon, dass er den Zauber nicht richtig ausgesprochen hatte. Doch unversehens bewegte sich das Gestrüpp. Wie von Geisterhand teilten sich die vor Wasgo zu einem Ganzen verschlungenen Sträucher und schoben sich zu beiden Seiten auseinander. Sie gaben den Weg frei und er konnte nun die Stimme des alten Zauberers noch deutlicher hören. Er ging den Weg weiter und hörte die immer lauter werdende Stimme und nach einer Wegbiegung sah er den Alten vor einer Höhle sitzen.
Der Zauberer war ein winzig kleiner Mann, vielleicht sechzig Zentimeter groß, mit einem langen weißen Bart, der ihm bis zu den Füßen reichte. Aber er sang sein trauriges Lied mit einer kräftigen Stimme, die einem Mann mit einer Größe von zwei Metern gehören musste.
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