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Die Fäden des Schicksals

Die Fäden des Schicksals

Titel: Die Fäden des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Bostwick
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Reifen, perlenbesetzte kronleuchterartige Gebilde, die ihr fast bis auf die Schultern baumelten, und riesige strassverzierte Modeschmuckclips, mit denen sie als Schiffbrüchige auf einer einsamen Insel Leuchtzeichen hätte geben können.
    »Was die anderen denken, kümmert mich nicht. Mir gefällt’s, und das ist die Hauptsache. Ich finde, kleine Ohrringe sind etwas für kleine Mädchen, und ich bin schließlich eine Frau. Eine F-R-A-U!«, erklärte sie und wiederholte es sicherheitshalber noch einmal.
    Wie kannten uns also erst wenige Monate, doch als ich eines Tages mit roten, geschwollenen Augen im Kurs erschien, dachte sich Mary Dell sofort ihren Teil. Sie bestand darauf, dass ich nach dem Kurs mit ihr essen ging, und hörte sich meinen Kummer an, den ich ihr schluchzend bei einer Portion extrascharfer Chicken Wings anvertraute. So lange hatte ich sie noch nie schweigen gehört.
    »Tut mir leid«, schniefte ich endlich, putzte mir die Nase mit einer Papierserviette, die ich dann auf den Stapel tränengetränkter Tücher neben mir legte. »Die Leute werden mich für verrückt halten, dass ich in aller Öffentlichkeit derart herumheule.«
    »Ach was«, versicherte mir Mary Dell. »Sie werden glauben, dass es an den scharfen Chicken Wings liegt. Hier, trink noch etwas Dr. Pepper. Der Zucker wird dir guttun.«
    Von jenem Tag an war Mary Dell für mich da. Sie rief mich täglich an und dachte sich alle möglichen Vorwände aus, um mich aus dem Haus zu locken. Sie und Howard wollten mit mir essen gehen, Stoff oder Schuhe kaufen oder Quiltausstellungen besuchen. Und als ich aus Connecticut zurückkam und ihr von meinen Plänen berichtete, machte sie mir Mut, half mir, meinen Geschäftsplan zu entwerfen, träumte gemeinsam mit mir von den wunderbaren Stoffen für meinen Lagerbestand und half mir bei meiner Abreise nach Norden, die Umzugskisten im Auto zu verstauen.
    Ich war aufgeregt und nervös, als wir uns auf der Einfahrt voneinander verabschiedeten, doch Mary Dell war sicher, dass alles gut gehen würde. »Du wirst einen Riesenerfolg haben«, sagte sie. »Das wird bestimmt dein Glücksjahr!«
    »Tatsächlich? Wieso?«
    »Weil du einfach mal dran bist, Mädel!«
    Damals fand ich ihre Begründung nicht unlogisch, also fuhr ich nach Connecticut in mein neues Leben, überzeugt davon, dass sich mein Schicksal zum Guten wenden würde. Das war jetzt ein halbes Jahr her, und meine Zuversicht war in letzter Zeit ins Wanken geraten. Dazu trug nicht unerheblich die vergangene Nacht bei, in der mich das Geräusch von rinnendem Wasser geweckt hatte. Nachdem ich schlaftrunken die Treppe hinuntergestolpert war, musste ich feststellen, dass im Erdgeschoss das Wasser zehn Zentimeter hoch stand. Die frisch gestrichenen Wände und der am Vortag verlegte Teppichboden waren ruiniert.
    In der Nacht war ich so damit beschäftigt gewesen, den Haupthahn zu finden und das Wasser zu beseitigen, dass mir das ganze Ausmaß des Schadens gar nicht bewusst wurde. Doch jetzt, als ich mit geschlossenen Augen auf dem Sofa lag und dem stetigen Tröpfeln der Kaffeemaschine lauschte, wurde mir klar, dass ich wegen des Rohrbruchs das Geschäft nicht wie geplant eröffnen konnte.
    »Nicht schon wieder!«, stöhnte ich und presste mir ein Sofakissen auf den Bauch. »Warum?«, rief ich zur Zimmerdecke hinauf. »Warum muss mir immer so etwas passieren? Kannst du mir nicht mal eine Ruhepause gönnen?«
    »Wie bitte? Sprechen Sie mit mir?«, fragte der Klempner und setzte zögernd den Fuß über die Schwelle meiner Wohnung. Ich richtete mich auf und warf das Kissen beiseite.
    »Nein, ich habe mit Gott gesprochen. Mich bei ihm beklagt, um genau zu sein. Aber stören Sie sich nicht daran, er ist es gewöhnt.«
    Der Klempner nickte langsam und starrte mich an, als wollte er herausfinden, ob ich es ernst meinte.
    »Wie groß ist denn nun der Schaden?«, erkundigte ich mich.
    Er lächelte, erleichtert darüber, sich wieder auf sicherem Terrain zu befinden. »Na ja, es könnte schlimmer sein – wesentlich schlimmer. Es gibt nur ein Leck; das ist zwar groß, aber leicht zu beheben. Ich könnte heute damit anfangen, dann wäre ich morgen oder übermorgen fertig. Wenn man bedenkt, wie alt das Haus ist, sind die Rohre noch ganz gut in Schuss. In Zukunft werden Sie wohl keine Probleme mehr damit haben.«
    »Wie viel wird es kosten?«
    »Nicht übermäßig viel. Vielleicht fünfzehnhundert. Das hängt von der Arbeitszeit und den Materialkosten ab. Aber auf keinen Fall

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