Die Fäden des Schicksals
schon seit Monaten im Kopf herumspuken.«
Er lächelte und griff nach meiner Hand.
»Ich möchte das wirklich, Mom. Es ist genau die richtige Entscheidung zur richtigen Zeit. Und wenn es dir hilft, umso besser. Vertrau mir, ich bin ein erwachsener Mensch und weiß, was ich tue.«
Ich schwieg einen Augenblick, während Garrett mich erwartungsvoll ansah.
»Also gut.« Ich nickte langsam. »Es ist schön, dass du eine Weile in der Nähe bleiben willst. Aber, Garrett, wenn du es dir anders überlegst oder wenn du ein Stellenangebot bekommst, das dir zusagt, dann lass dich nicht abhalten. Mach dir um mich keine Gedanken. Ich kann …«
»Ich weiß, ich weiß. Du kannst auf dich selbst aufpassen. Was du nicht sagst!« Er nahm die Sektflasche, schenkte uns nach und hob sein Glas. »Auf die Verwirklichung unserer Träume!«
»Auf die Verwirklichung unserer Träume!«, wiederholte ich und stieß mit ihm an.
24
Abigail Burgess Wynne
Ich stand vor dem offenen Kühlschrank, inspizierte seinen Inhalt und überlegte, ob ich mir die restliche Gemüsesuppe warm machen sollte, bevor ich zu Margot ging. Sie würde bestimmt etwas Leckeres auftischen, doch genau das war ja das Problem. Die Schlemmerei über die Feiertage hatte mir zwei zusätzliche Kilos eingebracht.
Als ich mich am Tag zuvor an den Schreibtisch gesetzt hatte, um meine guten Vorsätze für das neue Jahr aufzuschreiben, hatte ich mir geschworen, die zwei Kilo und noch eins dazu abzunehmen. In meinem Alter musste man aufpassen, dass man nicht auseinanderging. Wenn sich die überzähligen Pfunde erst einmal länger als ein, zwei Wochen um die Taille herum angelagert haben, kann es Monate dauern, bis man sie wieder los ist.
Ich holte die Suppe aus dem Kühlschrank und stellte sie auf den Herd.
Liza drückte sich auf dem Weg zur Hintertür an mir vorbei. Sie war mit einem Parka und diesen weiten, ausgebeulten Hosen angetan, die ich so scheußlich fand. »Wohin gehst du?«
»Weg.«
»Das sehe ich, aber du bist zu früh dran. Wir müssen erst in einer halben Stunde bei Margot sein.«
Ohne mich eines Blickes zu würdigen, zog sie ihre Handschuhe aus der Tasche und sagte: »Ich gehe nicht mit zu Margot.«
»Du gehst nicht mit?« Ich seufzte genervt. »Weißt du denn nicht mehr? Ich habe dir doch gesagt, dass Margot kurz nach Weihnachten angerufen hat. Wir treffen uns heute bei ihr zu Hause und fangen mit einem neuen Quilt an, einem Geschenk für Evelyn. Es soll eine Überraschung werden.«
Wortlos zog sie den Reißverschluss ihrer Jacke zu, streifte sich die Handschuhe über und schickte sich zum Gehen an, als hätte sie mich überhaupt nicht gehört. Mir riss langsam die Geduld mit diesem Mädchen. Wie lange wollte sie sich noch so aufführen?
Weihnachten mit Liza war so grässlich gewesen, wie ich befürchtet hatte. Ich war am Weihnachtsmorgen früh aufgestanden, hatte Kaffee und ein wenig Apfelsaftpunsch gemacht und zum Frühstück den Auflauf aufgewärmt, den Hilda für uns in den Kühlschrank gestellt hatte. Ich war sicher, dass die appetitlichen Essensdüfte Liza herbeilocken würden, doch da hatte ich mich getäuscht. Fast eine Stunde wartete ich darauf, dass sie herunterkam. Schließlich klopfte ich an ihre Tür und rief, dass das Frühstück fertig sei. Sie rief zurück, dass sie gleich käme, doch es dauerte noch eine weitere Stunde, bis sie sich ins Esszimmer bemühte. Mittlerweile war der Auflauf völlig ausgetrocknet.
Dennoch machte ich gute Miene zum bösen Spiel, ignorierte ihre Unhöflichkeit und versuchte, den Tag, so gut es ging, zu genießen. Nach dem Frühstück bat ich sie ins Wohnzimmer und gab ihr die Geschenke, die ich für sie unter den Baum gelegt hatte. Schon seit Jahren hatte ich keinen Weihnachtsbaum mehr aufgestellt, doch für Liza hatte ich es diesmal getan, und ich muss gestehen, es hatte mir Spaß gemacht. Der Baum war nicht besonders groß, aber er wirkte so hübsch und festlich, wie er dort neben dem Kamin stand. Sein bloßer Anblick heiterte mich schon auf. Und zu meiner Überraschung hatte es mir auch Freude gemacht, Geschenke für Liza zu kaufen.
Ursprünglich hatte ich vorgehabt, ihr einen Kaschmirpullover von Kaplan’s Clothes Closet zu schenken, doch angesichts der schlechten Laune, die sie in letzter Zeit an den Tag legte, war ich mir nicht sicher, ob sie es mit Humor nehmen würde. Also ging ich stattdessen zu Pam’s Boutique und kaufte ihr einen schweren schwarzen gestrickten Schal – eigentlich war es mehr ein
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