Die Fährte des Nostradamus
bei Steve. Der junge Mann hatte sich völlig aufgegeben. Wie Festus erfuhr, hatte er einige Scheinexekutionen und schlimmste Folter erleiden müssen. Als seine Befreier ihn fanden, hing er bewusstlos an einer Werkbank, den zerquetschten Daumen der rechten Hand in einen Schraubstock geklemmt. Blanke Kabel waren um seine Hüfte gebunden, in denen konstant ein leichter Strom floss. Es grenzte an ein Wunder, das Steve diese Tortur überlebt hatte. Zahlreiche Stiche und Brandwunden bedeckten seinen ganzen Körper und fast alle Rippen waren gebrochen. Nach mehreren Operationen war Steves Körper zwar weitgehend geheilt, aber für seine verletzte Psyche konnten die Ärzte nichts mehr tun.
Nachdem er körperlich wieder bei Kräften war, überwies man ihn in ein Sanatorium für Opfer von Gewalttaten. Hier versuchte man misshandelten Kindern, und Opfern von Vergewaltigungen genauso zu helfen, wie befreite Geiseln oder Rettungssanitäter, die von Bildern grausam entstellter Unfallopfer verfolgt wurden. Festus verfügte über die erforderliche Sensibilität, sich in das Innenleben des gequälten Mannes hinein zu tasten. Wie fast alle traumatisierten Patienten hatte auch Steve eine unsichtbare Mauer um sich gezogen, hinter der er sich verkroch. Er schien sogar für den erfahrenen Festus ein hoffnungsloser Fall zu sein. Festus probierte alle Strategien aus, die er im Laufe seiner Arbeit entwickelte, ohne jedoch auch nur den Ansatz eines Fortschrittes feststellen zu können. Nach vergeblichen Versuchen, auch mit unterschiedlichen Hunden und Methoden, brachte Leila, eine reizende braun weiß gefleckte Promenadenmischung, endlich den lang ersehnten Durchbruch. Leila berührte Steve vom Anfang an. Zwar saß er während ihrer Anwesenheit nur lethargisch auf der Parkbank, doch es entging Festus geschulten Augen nicht, das Steve verhalten lächelte, wenn die Hündin freudig bellend auf ihn zu sprintete. Nur… außer dem Lächeln war Steve keine Reaktion zu entlocken.
Festus entschloss sich einen Trick anzuwenden. Es war ein schöner Tag der dazu einlud, im großen Park des Sanatoriums spazieren zu gehen. Er begleitete Steve zu einem besonders schönen Platz am Seerosenteich und ließ ihn mit Leila allein. Zuvor hatte er mit der Hündin eine kleine Nummer eingeübt. Auf ein Zeichen mit der Hundepfeife, spielte Leila „Toter Hund“ und fiel wie vom Blitz getroffen auf die Seite. So konnte sie minutenlang liegen bleiben. Schließlich sprang für sie am Ende des vermeintlichen Spiels stets eine leckere Belohnung heraus!
Zunächst kam wie erwartet keine Reaktion von Steve. Dann, nachdem Leila circa zehn Minuten leblos vor seinen Füßen lag, ging ein Ruck durch seinen Körper. Wie von Sinnen sprang er auf und schrie immer wieder ihren Namen. Ein erneutes Zeichen mit der Pfeife erweckte Leila plötzlich wieder von den Toten, Freudig mit dem ihren kleinen Schwänzchen wedelnd, schnellte sie hoch und leckte Steve das Gesicht ab. Und Festus, der sich die ganze Zeit hinter einen Baum versteckt hielt, rang vor Rührung mit den Tränen.
Von diesem Tag an ging es mit Steves Genesung konstant bergauf, und Wochen später war sein psychischer Zustand so gefestigt, das er in ein selbstständiges Leben entlassen werden konnte. Festus und Steve waren damals Freunde geworden, und als Festus nach Frankreich ging, versprachen sie sich, den Kontakt zu halten
Steve hatte Festus später wirklich in seiner Wahlheimat besucht, zog dann aber zu seinem Vater nach Cornwall.
Steve war der letzte Patient von Festus. Der erfahrene Hundetrainer fand, einen schöneren Abschluss konnte es für seine Arbeit mit Kranken nicht geben. Er zog sich aus dem aktiven Dienst zurück und erfüllte sich in Frankreich den lang ersehnten Traum einer eigenen Hundezucht. Dieser Traum war jedoch nicht von langer Dauer. Festus musste zu seinem Leidwesen feststellen, das Hunde züchten, und mit Hunden handeln, zwei verschiedene paar Schuhe waren. Es zerriss ihm jedes Mal das Herz, wenn er einen seiner Lieblinge in fremde Hände gab. Nach reiflicher Überlegung zog er die notwendige Konsequenz und gab die Zucht auf. Betty und er lebten seitdem vom Handel mit Antiquitäten und das sehr erfolgreich.
Steve kippte den letzten Schluck Scotch herunter, als er seinen Bericht schloss und schaute Festus erwartungsvoll an.
„Was hältst Du von der Geschichte.“
Festus blickte mit gekräuselter Stirn in die Flammen und dachte nach. Zwischen seinen buschigen Augenbrauen zeichneten sich
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