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Die Fahrt des Leviathan

Die Fahrt des Leviathan

Titel: Die Fahrt des Leviathan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Henkel
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einmal ganz erheblich. Eine Villa in Schönhöhe! Für einen Privatmann mochte nach seinem Verständnis eine derartige Protzerei vielleicht angehen, aber bei einem Beamten empfand Pfeyfer so unpreußischen Luxus als empörend. Und das umso mehr, als Krüger die Kosten für all dies ja zweifellos aus Staatsgeldern bestritt, mit denen sparsam hauszuhalten die oberste Pflicht eines jeden preußischen Staatsdieners sein sollte. Ob der Ministerpräsident Bismarck wusste, wie freigiebig sein Beauftragter mit dem ihm anvertrauten Budget umging? Pfeyfer bezweifelte es.
    »Wie Sie wünschen«, akzeptierte Kolowrath die Entscheidung, fühlte sich jedoch keineswegs bemüßigt, ebenfalls zu stehen, sondern ließ sich ungeniert in dem ihm am nächsten befindlichen Sessel nieder.
    »Ich hörte von Ihrem beherzten Eingreifen heute Vormittag. Meinen Respekt, Herr Major. Solche Nervenstärke dürften nur die Wenigsten besitzen.«
    Pfeyfer, der auf das Lob seines Gegenüber keinerlei Wert legte, ging auf die Bemerkung nicht ein. »Sie schrieben, dass Sie mir etwas mitzuteilen beabsichtigen«, entgegnete er in fast drohender Kürze.
    »So ist es. Gewisse Entwicklungen machen es erforderlich, Art und Umfang Ihrer Kooperation mit mir einer Modifikation zu unterziehen«, ließ der Österreicher ihn wissen.
    »Und worin besteht diese Modifikation, wie Sie sich auszudrücken belieben?«
    »Ich wünsche von nun an über jegliche relevanten Vorfälle und Neuigkeiten, welche die Sicherheit Karolinas betreffen, unverzüglich und vor allem als Allererster Kenntnis zu erhalten«, eröffnete ihm Kolowrath und ergänzte, noch ehe Pfeyfer zum vorhersehbaren Protest ansetzen konnte: »Wenn etwas auch nur vermutungsweise Wichtiges geschieht, wenn Nachrichten über antipreußische Aktivitäten oder deren Urheber eingehen, dann verlange ich davon zu erfahren. Und zwar ohne die kleinste Verzögerung, gleich zu welcher Zeit des Tages.«
    Pfeyfer war aufgebracht darüber, dass der vermeintliche Polizeidirektor Krüger ihn so unumwunden zu seinem Befehlsempfänger und Zuträger von Informationen zu degradieren versuchte. Vehement verwahrte er sich gegen die unerträglichen Forderungen: »Auf gar keinen Fall werde ich das tun! Ich bin, mit Verlaub, keines Zivilisten Laufbursche. Und schon gar nicht der Ihrige!«
    Der geharnischte Widerspruch ließ Kolowrath unbeeindruckt. Gelassen nahm er seine Brille ab, untersuchte die Gläser auf Verunreinigungen und setzte sie wieder auf, ohne eine Spur von Eile an den Tag zu legen. »Wenn Sie auf diesem Standpunkt beharren, wird Seine Exzellenz Kriegsminister Roon in zwei Wochen wissen, dass Sie mich in der Ausführung meiner Mission behindern«, kündigte er seelenruhig an. »Und nach abermals zwei Wochen werden Sie in Unehren die Armee verlassen müssen. Fassen Sie dies bitte nicht als Drohung auf. Ich möchte nur, dass Sie nicht unüberlegt handeln.«
    Pfeyfers Lippen formten einen Kraftausdruck, doch seine Zunge wahrte Zurückhaltung und blieb stumm. Schließlich schnaubte er: »Gut. Sie bekommen Ihre Informationen.«
    »Als Erster. Tag und Nacht«, erinnerte ihn Kolowrath.
    »Ja doch, als Erster. War das alles? Dann empfehle ich mich jetzt, Herr Polizeidirektor Krüger.«
    »Aber, aber. Warum denn so eilig?«, hielt der Österreicher ihn zurück und holte ein Zigarrenetui aus der Rocktasche hervor, dem er eine Havanna entnahm, ohne dem vor ihm stehenden Offizier ebenfalls eine anzubieten. »Sie haben mir noch gar nicht berichtet, was aus den Ermittlungen bezüglich der unerquicklichen Sache im Lagerhaus wurde, bei der dieser Weaver Ihren Stellvertreter erschoss.«
    »Es war nicht Weavers Kugel, die Heinze tötete«, korrigierte Pfeyfer mit einem Unterton grimmiger Genugtuung darüber, dass es offensichtlich auch Dinge gab, von denen der Geheimpolizist nichts wusste. »Die von Doktor Täubrich durchgeführte Untersuchung ergab zweifelsfrei, dass der Schuss von einer dritten Person abgegeben wurde, die sich an erhöhter Stelle im Lagerhaus versteckt hielt.«
    Kolowrath ließ die Zigarre, die er gerade zu köpfen im Begriff war, wieder sinken und hob die Augenbrauen. »So? Sehr interessant. Und haben Sie auch einen Anhaltspunkt, um wen es sich bei dieser Person gehandelt haben könnte?«
    »Noch nicht. Aber bei Gott, ich werde ihn finden!«, entgegnete Pfeyfer finster entschlossen. »Und wenn der Bastard, der Willi getötet hat, erst vor mir steht, dann –«
    Plötzlich wurde Pfeyfer gewahr, dass er sich hinreißen

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