Die Falknerin: Historischer Roman (German Edition)
eine Idee: Warum nicht die beiden gemeinsam unterrichten? Ihr Plan ging auf. Fast strebsam nahm das Mädchen nun an Johanns Seite vor ihrem Schreibpult Platz und versuchte, diesen mit ihren Schreibkünsten zu beeindrucken. Der geduldige Pater Bernhard runzelte zwar im ersten Moment die Stirn, hatte aber rasch Margarethes Absichten durchschaut und schien geradezu erleichtert, dass der Unterricht der jungen Gräfin diese erstaunliche Wendung nahm. Margarethe schlich sich davon. Endlich ein wenig Zeit zum Durchatmen. Erleichtert machte sie sich auf den Weg zum Lustgarten, wo sie für einen Moment in der Rosenlaube sitzen und einfach nur den Vögeln lauschen wollte. Doch sie hatte den Garten noch nicht betreten, als Sepi auf seinen schlaksigen Beinen auf sie zueilte.
»Frau Margarethe, endlich sehen wir uns wieder!«, keuchte er schon von Ferne.
Die Hofdame seufzte auf. Konnte sie denn nicht einen Moment für sich haben? Dann aber stutzte sie. Hielt der Junge nicht tatsächlich ein seidenes Tüchlein in der Hand, das keinesfalls für ihn bestimmt war – es sei denn, die jungen Herren Kaufleute trugen neuestens zarte Fliedertöne? Ob Sepi etwa auf Freiersfüßen unterwegs war? Herausgeputzt hatte er sich jedenfalls. Schuhe, Beinlinge und Wams waren makellos und das Haar frisch gekämmt. Margarethe verkniff sich eine entsprechende Bemerkung, sondern nickte ihm freundlich zu. »Die Freude ist ganz auf meiner Seite«, erwiderte sie artig. »Wohin des Weges mit so langen Schritten?«
»Zu Euch bin ich unterwegs.«
Erstaunt zog Margarethe eine Augenbraue hoch. »Nun, du hast mich gefunden. Was also kann ich für dich tun?«
Wieder einmal trat er verlegen von einem Fuß auf den anderen. »Nun, in der Stadt ist Jahrmarkt, und ich wollte fragen, ob Ihr und das Fräulein Margot nicht vielleicht Lust habt, mich zu begleiten?« Er trat unsicher von einem Fuß auf den anderen. »Vielleicht ist es ja eine willkommene Abwechslung zum öden Leben am Stuttgarter Hof?«
Die Hofdame verkniff sich das Schmunzeln. Dieser junge Kerl war wohl kaum hierhergeeilt, um seine ehemalige Gouvernante zu unterhalten. Da lag ein ganz anderer Verdacht nahe. Margarethe schwieg und ließ ihn noch ein wenig zappeln.
»Ich meine, früher, in Prag, da seid Ihr doch immer gerne in die Stadt gegangen.« Er wies auf das Tüchlein hin, wobei ihm versehentlich ein Sträußchen Tulpen aus der Hand rutschte, das er hinter seinem Rücken verborgen hatte. Hastig stellte er sich so hin, dass man die Blumen nicht sehen konnte. »Die Barchentweber haben in diesem Jahr Stoffe von besonderer Qualität. Die muss man gesehen haben. Hier eine Kostprobe.«
»Hm, und du meinst wirklich, dass ein Bummel über den Markt ein angemessener Zeitvertreib für zwei Hofdamen ist?«
Sepi wurde rot. »Nun, ich dachte …«, stammelte er, schwieg dann aber.
»Kann es sein, dass du eigentlich einen kleinen Bummel mit Margot machen möchtest und mich lediglich als Anstandsdame mitnimmst?«
Er streckte empört die Hände von sich. »So ist das nicht, und ich habe den Herrn von Bischishausen selbstverständlich vorher gefragt.«
Leider strafte ihn die knallrote Farbe seiner Ohren Lügen. Margarethe musste lächeln. Es gab Dinge, die schienen sich niemals zu ändern.
»Na gut, ich will das mit Margot besprechen, Sepi. Eigentlich dürfte sie der Sache nicht abgeneigt sein, denn sie liebt es, einkaufen zu gehen. Ich lasse dir Nachricht zukommen.«
Er hüpfte an ihre Seite. »Wir könnten doch auch gleich zu Fräulein Margot gehen, dann spart Ihr Euch den Boten.«
Energisch schüttelte die Hofdame den Kopf. »Da wirst du dich schon gedulden müssen, Sepi. Jetzt habe ich etwas anderes vor.«
Die Enttäuschung war ihm deutlich anzusehen. Trotzdem nickte er ergeben. »Na gut, aber Ihr fragt sie ganz bestimmt?«
»Versprochen.« Mit einem knappen Nicken drehte sich Margarethe um und ging in den Garten. Erleichtert atmete sie auf. Endlich Ruhe. Sie hatte ihr Lieblingsplätzchen beinahe erreicht, als sie ein vertrautes Lachen hörte, das eindeutig Margot gehörte. Voller Vorfreude beschleunigte sie ihre Schritte. Seit dem Bankett hatte sich kaum mehr die Gelegenheit ergeben, mit ihrer Freundin zu plaudern. Wie wunderbar, das jetzt nachholen zu können.
Allerdings war das Mädchen ganz offensichtlich nicht allein, denn es sagte: »Das sind ja ganz unglaubliche Geschichten, die Ihr mir da zu Ohren bringt.«
Und eine männliche Stimme entgegnete: »Bei meinem Leben, ich schwöre, es ist
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