Die Falle
ein einsamer Mensch."
„Er war schließlich verheiratet!" erklärte Rick erstaunt.
„Sie hat ihn nicht geliebt."
„Wie kannst du das behaupten?"
„Ich habe ihr Bild gesehen. Sie sieht nicht aus wie eine Frau, die uneigennützig zu lieben versteht."
„Ach, das ist doch Unsinn", erklärte er verärgert, ohne recht zu wissen, ob er Jennifers Spürsinn bewundern oder lediglich als Ausfluß einer eifersüchtigen Regung verurteilen sollte.
Jennifer legte das Fleisch in die Pfanne. Sie trat einen halben Schritt zurück, um von dem zischenden Fett nicht bespritzt zu werden. „Nimm dich vor ihr in acht", sagte sie ruhig.
Er mußte lachen, diesmal ganz frei und herzlich. „Glaubst du, sie könnte mir gefährlich werden?"
„Nicht so, wie du meinst, aber diese Frau ist bereit, über Leichen zu gehen!"
„Uber Leichen?" fragte er verwundert. „Willst du damit andeuten, daß sie ihre Hände beim Tod von Philmore im Spiel gehabt haben könnte?"
„Sollte mich gar nicht wundem."
„Hs ist nicht recht von dir; so etwas zu sagen", wies er sie zurecht. „Wie kannst du einer jungen Frau, die du nur von einem Bild her kennst, eine solche Scheußlichkeit Zutrauen? Das ist einfach unfair!"
„Unfair?" fragte Jennifer. „Ist es etwa fair, wenn ein junges Mädchen einen älteren Mann heiratet, nur weil sie sich auf diese Weise in den Besitz seines Geldes bringen will? Bezeichnest du das als fair, hm?"
Rick zuckte ärgerlich die Schultern. „Philmore kannte schließlich den Preis, den er für Helen zahlen mußte. Anscheinend war er damit einverstanden. Das ist alles.“
„Ich bin überrascht, festzustellen, daß ausgerechnet du dich zu Philmores Verteidiger aufschwingst!"
„Solange der Mordfall nicht geklärt ist, halte ich es für richtig und korrekt, die Beteiligten nicht anzuklagen, sondern zu verteidigen. Das ist jedenfalls meine Ansicht."
„Sehr interessant, sehr großzügig! Ich wußte nicht, daß du so milde urteilst. Na, du mußt es ja wissen. Du bist schließlich der Fachmann.
Aber es sollte mich nicht wundem, wenn du diesmal daneben tippst."
Jennifer wendete den Hamburger. Dann trat sie an den schmalen Arbeitstisch und schnitt Zwiebeln und Tomaten in Scheiben. Es roch nach dem bratenden Fleisch, nach brutzelndem Öl und Küche. Rick nahm einen Schluck Bier. Alles schien so zu sein wie an jedem anderen Abend, und doch stimmte etwas nicht. Ganz plötzlich hatte ihn eine schon vergessene Vergangenheit eingeholt.
Er faßte in die Tasche und holte das kleine, ledergebundene Büchlein hervor, das Gilbert Philmores Eigentum gewesen war, und das Rick in einem der Anzüge des Ermordeten gefunden hatte. Viel stand nicht darin. Ein paar Notierungen, die keinen rechten Zusammenhang ergaben; anscheinend Börsenkurse. Dann waren da noch ein paar Telefonnummern. Rick hatte bereits festgestellt, zu wem sie gehörten. Es handelte sich um die Nummern von Philmores Anwalt, Dr. Patrick, um eine Bank, und um die Nummer eines gewissen David Hugh, der Philmores Schneider gewesen war.
Außerdem war da als letzte Eintragung noch eine weitere Nummer, die es gar nicht im Telefonregister gab.
Das Seltsame war, daß Rick diese Nummer zu kennen meinte, er wußte bloß nicht zu sagen, woher. Mit gerunzelter Stirn starrte er auf die mit einem Kugelschreiber gemachte Eintragung. Im nächsten Moment hatte er ein Gefühl, als würde sein Herzschlag aussetzen.
Warum hatte er nicht früher daran gedacht? Philmore hatte die Ziffern offensichtlich nur umgekehrt. Sie waren von hinten nach vorn zu lesen.
Dabei ergab sich eine Nummer, die Rick nur allzu gut kannte. Jetzt wußte er auch, warum er das Gefühl gehabt hatte, daß ihm diese Nummer etwas sagte.
Es war die Nummer seines eigenen Privattelefons!
„Was ist los mit dir?" fragte Jennifer, die den Teller mit dem Hamburger vor Rick auf den Tisch stellte.
Rick schob das ledergebundene Büchlein in die Jackettasche zurück. Was wollte Philmore von mir? überlegte er. Warum hat er meine
Nummer verschlüsselt, und weshalb fand er nicht den Mut, mich anzurufen?
Dann kam ein zweiter Gedanke, der den ersten völlig an die Seite drängte.
Philmore hatte gar nicht ihn, sondern Jennifer anzurufen versucht! Vielleicht hatte er es sogar getan. Wie oft schon, und aus welchem Grund?
Ricks Herz schlug rascher. Was hatte seine Frau mit dieser Geschichte zu tun? Es war merkwürdig, daß sie so viel über Philmore wußte. Warum verteidigte sie ihn gegen Helen? Steckte mehr dahinter als
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