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Die falsche Frau

Die falsche Frau

Titel: Die falsche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Mackowski
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krepieren«, sagte der Kollege. »Wir können ja tauschen. Du spielst Memory mit diesen Bildern, und ich geh mit den Russen Kaviar essen.«
    »Lass das. Karlich will morgen einen Bericht von mir«, sagte Semir.
    »Und als unserer Superspürnase wird dir das auch sicher gelingen«, sagte der Mann, der dabei war, seine Jacke anzuziehen. »Ich geh jetzt.«
    Dann schaltete er das Licht seiner Schreibtischlampe aus und ließ Semir allein.
    Hatte er etwas übersehen? Vor ihm lag dieses Phantombild eine Mannes, das er sich genauer ansehen musste. Ein raues Gesicht mit einer Geschichte, die sich verdunkelte, je länger er sich in seine Züge vertiefte. Er wollte es verstehen, deckte mit zwei Fingern die Augen zu, dann die untere Gesichtshälfte, rätselte, schüttelte den Kopf und kam auf keine einzige Idee.
    Mit einer ruckartigen Bewegung ließ Semir das Bild in seiner Schreibtischlade verschwinden. Das Zuschlagen der Lade hallte nach in der Leere des Zimmers, in dem es außer Schreibtischen und ein paar Stühlen nichts gab.
    Die große Uhr über der Tür tickte. Viertel vor zwölf.
    Langsam zog Semir Aydin das Phantombild wieder aus der Schublade. Leo Schmidt, dachte er. Natürlich, er musste zu Leo Schmidt, dem Chef des Drogendezernats. Irene Orlinger war schließlich eine Prostituierte, und ihm war nicht eine untergekommen, die nicht was mit Drogen am Hut hatte. Vielleicht war dieser Typ auf dem Bild nur ein kleiner Dealer.
     
    Als Semir in der Tür stand, sah er Schmidt am Fenster stehen.
    Am anderen Ende des Raumes hing ein Stadtplan. Zögerlich machte Schmidt einen Schritt, blieb stehen, dann fuhr er mit dem Zeigefinger über die Straßen und hielt am Mexikoplatz.
    »Eine Razzia am Mexikoplatz?«, fragte Semir.
    Schmidt fuhr zusammen und sah ihn missmutig an.
    »Ich stör wohl?«, versuchte es Semir wieder.
    In der Mitte standen vier zusammengeschobene Tische, an der Wand hingen Pinnwände. Große Konferenz, dachte Semir. Der alte Hase hatte schwer zu tun.
    »Können Sie nicht anklopfen?«
    »Tschuldigung, die Tür war offen.« Semir wischte die Handflächen an seinem Shirt ab. Sollte er wieder gehen? Was war nur mit Schmidt los?
    In zwanzig Jahren Ermittlungsarbeit beim Drogendezernat Wien hatte Schmidt über sieben Tonnen Rauschgift und Unsummen an Drogengeldern beschlagnahmt. Er war erfolgreich und arbeitete anders als die anderen, eben keiner dieser Polizeirambos, die sich wichtig machten. Sein Misstrauen gegen die Wächter des Staates brachte ihn jedoch dazu, eigene Regeln aufzustellen und oft bis an die Grenzen der Legalität zu gehen. Meistens kam Schmidt unbewaffnet, verhielt sich zurückhaltend und rückte erst in letzter Minute mit seinen Ideen raus. Semir wusste: Die Dummheit der Bürokratie machte ihm Angst. Sie machte ihm mehr Angst als Drohungen der Drogenbosse, mit denen er gute Kontakte pflegte. Das brachte Schmidt einerseits großen Respekt ein, andererseits aber auch Argwohn.
    »Was kann ich für Sie tun?«, fragte Schmidt auf die übliche abweisende Art. Dann vergrub er die Hände in seinen Hosentaschen, ging einen Kreis und sah zu Boden.
    »Dürfte ich Sie mal was fragen?«
    Schweigen.
    »Ich brauch Ihre Hilfe, Herr Schmidt.«
    Immer noch Schweigen.
    »Können Sie mit dieser Visage was anfangen?«
    Semir hielt ihm das Phantombild unter die Nase und wartete gespannt auf Antwort. Schmidt dachte nach. Dabei musterte er Semir von oben bis unten. Seine Augenbrauen zogen sich zu einem waagerechten Strich zusammen.
    »Nie gesehen«, sagte er und zuckte nur mit den Achseln. »Wer soll das sein?«
    »Der Hauptverdächtige aus dem Fall im Volkgarten! Der Typ läuft wahrscheinlich durch Wien und rüstet sich schon für sein nächstes Opfer.«
    Schmidt lachte auf. »Das sind doch nur Mutmaßungen. Wie können Sie so was behaupten?«
    Semir kam sich vor wie in der Schule. Der Mann hatte ihn nicht nur gemaßregelt, sondern sich auch noch lustig gemacht. Was sollte das?
    »Wär aber wichtig, dass wir in diesem Fall zusammenarbeiten«, sagte Semir. »Wir sollten sämtliche Informationen austauschen und unsere Ideen in Umlauf bringen.«
    Schmidt warf ihm einen vernichtenden Blick zu.
    »Nur so können wir den Bastard kriegen!«, sagte Semir Aydin.
    Schmidt starrte wieder auf seinen Plan an der Wand. »Ganz schön eifrig!«
    Pause.
    »Ich kann jetzt nicht«, sagte er mürrisch. »Hab genug eigenen Kram.«
    »Die Razzia am Mexikoplatz?«, hakte Semir ein.
    »Was? Jetzt passen Sie mal auf, Herr Aydin.«
    Sein Gesicht

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