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Die falsche Frau

Die falsche Frau

Titel: Die falsche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Mackowski
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bewegte sich drohend auf ihn zu und kam immer näher.
    »Ich will nicht, dass hier alles immer gleich durchsickert, verstanden?«
    Semir nickte automatisch.
    »Sie werden sich noch in Schwierigkeiten bringen. Für wen halten Sie sich eigentlich?«
    »Was?«
    Semir verstand überhaupt nichts. Schmidt war ja so was von verärgert, richtig durchgedreht. Klar, das gesamte Wiener Drogendezernat stand unter Druck, aber das hier, das war nicht normal. Warum dieser gereizte Ton? Egal, dachte Semir, einschüchtern lassen wollte er sich schon gar nicht.
    »Schwierigkeiten?«, fragte Semir und studierte die Mimik seines Gegenübers. »Ehrlich gesagt, ich bin nicht sicher, ob …«
    »Ach was«, wehrte Schmidt ab und schwenkte plötzlich um. Ein unsicheres Grinsen lag in seinem Gesicht. Dann war er scheißfreundlich.
    »Nur das Übliche, Herr Aydin. Muss ja alles genauestens durchdacht werden. Tut mir Leid, aber ich kann jetzt wirklich nicht!«
    »Später?«, fragte Semir.
    »Ja«, sagte Schmidt. »Vielleicht«, und ging auf seinen Schreibtisch zu. »Machen Sie die Tür zu! Es zieht!«
    Frustriert schlich sich Semir aus dem Zimmer. Als er noch mal Augenkontakt mit dem Kollegen aufnehmen wollte, sah er Schmidt von hinten über seinen Rechner gebeugt. Auf seinem Bildschirm erkannte er die Maske der VICLAS-Datenbank. Deckname Lecour, hörte Semir den Drogenfahnder gedankenverloren murmeln. Charles Lecour.
    Semir Aydin stand vor dem Präsidium und zündete sich eine Zigarette an. Es war bedrückend. Alles, das Wetter, die Arbeit und dass sich seine Gedanken nicht ordnen ließen. Schmidt hatte doch was zu verbergen. Der kannte doch diesen Typen. Logisch kannte der den. Warum also diese Geheimniskrämerei?

10
    O B ES NACH T OD ROCH , als sie die Tür zur Pathologie öffnete und die Leiche auf einem klinisch sauberen Tisch liegen sah, wusste Vera Kirchner nicht zu sagen. Die Leiche war nackt. Ihr Körper bedeckte nur ein weißes Leintuch, das bis vor die Knie reichte.
    Vera fixierte das rotblonde Haar der Frau, den fast selig wirkenden Gesichtsausdruck. Als hätte sie nicht eine Sekunde lang Schmerzen gehabt.
    Vera erschrak. Dieselbe Frau, die sie über einem Haufen Scheiße vor dem Hotel Orient hocken gesehen hatte!
    »Was machen Sie denn hier?«, fragte Inspektor Karlich.
    Vera murmelte eine Entschuldigung und wollte zu einer flammenden Rede über investigativen Journalismus ansetzen.
    »Kein schöner Anblick«, sagte Inspektor Karlich und machte eine wegwerfende Handbewegung.
    »Wie?« Vera war perplex und zeigte mit dem Finger auf sich.
    »Die Leiche«, sagte Karlich, »nicht Sie … obwohl ich der Meinung bin, dass Journalisten hier in der Pathologie nichts zu suchen haben.«
    »Das nächste Mal …«, sagte Vera.
    »Das nächste Mal wird es nicht geben, Frau …«
    »Kirchner«, antwortete sie kalt, drehte sich um und wollte gehen.
    »Herrgott, jetzt bleiben Sie schon«, sagte Karlich leise.
    »Kaffee?«, fragte der Pathologe mit einem breiten Grinsen im Gesicht, als er den Raum betrat.
    Dr. Rosen, die nervös auf ihre Uhr sah, schluckte. »Danke!«
    Die beiden Frauen sahen sich verwundert an.
    »Man muss schon pervers sein, um diesen Beruf auszuüben«, flüsterte Vera.
    »Meinen Sie Therapeuten oder Pathologen?«, fragte Sarah lächelnd.
    Vera kicherte. Diese Art von Humor hatte sie ihr gar nicht zugetraut.
    Doch dann wurde die Therapeutin wieder ernst.
    »Haben Sie Röntgenaufnahmen?«, fragte Dr. Rosen.
    Den Blick auf Inspektor Karlich gerichtet, begann der Pathologe, sichtlich gelangweilt, mit seinem Bericht.
    »Wie Sie hier erkennen können, liegen mehrere Schädelfrakturen vor. Hier sehen Sie’s ganz deutlich. Eine Vertiefung im Scheitelbein der Frau. Vielleicht hat sie einen Schlag bekommen, was man natürlich bei dieser Haarpracht am Tatort nicht gleich sehen konnte. Wahrscheinlicher ist, dass sie stürzte, nachdem sie erwürgt worden ist. Sehen Sie? Da gibt’s eine Fraktur am Schlüsselbein und etliche Schürfwunden. Der Tod ist übrigens gegen zwei Uhr dreißig eingetreten.«
    Dr. Rosen näherte sich der Leiche mit einem großen Schritt, als würde sie über eine Pfütze treten. Dabei stieß ihre Handtasche am Fuß der Toten an, das Tuch verrutschte, und ein paar Schamhaare lugten hervor.
    Der Pathologe grinste wieder. Der Typ war einfach widerlich.
    »Erwürgt? Gab es sexuelle Übergriffe. Irgendwelche Hinweise auf eine Vergewaltigung?«, fragte Dr. Rosen.
    »Nein, aber Irene Orlinger hatte Geschlechtsverkehr. Wir

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