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Die falsche Frau

Die falsche Frau

Titel: Die falsche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Mackowski
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Ängstlich fragte sich Sarah, ob ihr jemand gefolgt war. So ein Blödsinn, wer sollte ihr denn folgen? Marc Sartorius? Sarah atmete laut aus. Die Geschehnisse der letzten Tage hatten sie wohl aus dem Gleichgewicht gebracht, anders konnte sie sich dieses unheimliche Gefühl, das sie beschlich, nicht erklären. Das ist sicher alles nur eine Täuschung, dachte Sarah und versuchte sich mit diesem Gedanken zu beruhigen. Zwei Stufen weiter aber blieb sie stehen und sah sich verstohlen um. Nichts! Nur das kalte Weiß dieser Wände, die altbekannten Stufen, auf denen sie ein zerknülltes Stück Papier liegen sah. Dieses Papier bin ich, dachte Sarah. Leer und unnütz. Anstatt sich irgendwie bemerkbar zu machen und zu rufen, spitzte sie wieder nur die Ohren. Die Schritte wurden langsamer. Ihr Gefühl hatte sie also doch nicht getäuscht. Und wenn schon, dachte Sarah und beschloss, die Schritte, die mit ihr fast Takt hielten, zu ignorieren.
    Endlich war sie am Ziel.
    Auf der Tür, die sie vor sich sah, stand ein großes A. Sie war richtig hier, sie brauchte die Tür nur zu öffnen.
    Flucht oder Angriff?
    Sarah kam sich vor wie durch den Wolf gedreht. Obwohl sie nur ein paar Treppenstufen genommen hatte, schlug ihr das Herz bis zum Hals. Lange Sekunden verstrichen, bevor sie in der Lage war, die Station zu betreten.
    Dann war alles beim Alten. Es roch nach frisch gebrühtem Kaffee. Das übliche Geschnatter der Schwestern aus der Küche.
    War der Notruf vielleicht nur falscher Alarm? Völlig verwirrt lauschte Sarah ihrem Herzschlag, der ihr trotz des Krankenhausbetriebes wie das einzige Geräusch im gesamten Universum vorkam. Sarah beschloss, für eine Weile im Aufenthaltsraum zu verschwinden.
    An einem Getränkeautomaten zog sie sich einen kleinen Braunen.
    Zuerst nahm sie nur zögerliche Schlucke, dann kippte sie den Kaffee runter und ging zurück.
    Die Tür von Zimmer drei klappte auf und zu. Etwas kratzte über den Boden, aber außer einem weißen Arztkittel, den Sarah noch flüchtig wahrnahm, nichts Verdächtiges.
    War das nicht die Silhouette von …
    François? Unmöglich.
    François und sein schmuddeliges Hemd. François in einer Zwangsjacke? Weg, dachte sie, nichts wie weg.
    Aus dem hinteren Teil der Station kam ein kurzes, unterdrücktes Stöhnen, das sich mit jedem Schritt näher steigerte. Ohne nachzudenken begann Sarah zu laufen, vorbei an Zimmer drei, immer diesem Stöhnen entgegen, das sie bis an das Ende des Korridors führte.
    Aus der Puste gekommen, blieb sie vor einem verdunkelten Raum stehen. Die Tür war sperrangelweit offen. Bis auf einen winzigen Lichtstreif, der zwischen den Ritzen der Rollläden hervorblitzte, konnte man nichts sehen.
    »Alles in Ordnung?«
    Das Stöhnen hatte kurz ausgesetzt.
    Schnell tastete Sarah nach dem Lichtschalter. Entsetzlich!
    Da saß ein junger Mann auf einem blutverschmierten Bett und war gerade dabei, sich mit der Scherbe eines Taschenspiegels die Pulsadern aufzuschlitzen.
    »Nein«, schrie Sarah, »das dürfen Sie nicht!« Dann griff sie nach einem Handtuch, das auf dem Waschbecken neben dem Bett lag und legte einen Druckverband an. Der Mann ließ sich in ihre Arme fallen und begann bitterlich zu schluchzen. Das ist kein Selbstmörder, dachte Sarah und dass sie schnell einen Arzt brauchte, der seine Wunde versorgte. Noch bevor sie den roten Knopf über dem Bett drücken konnte, der den Pflegedienst verständigte, sah sie in ein bekanntes Gesicht.
    »Dr. Wolowiec? Was machen Sie denn hier?«
    Sarah schloss für einen Moment lang die Augen, als müsste sie sich vergewissern, ob sie nicht doch fantasierte.
    »Ich … ich … Ich hab den Oberarzt verständigt, Sie waren …«
    Sarah streichelte dem Patienten über die Wange. Dann musterte sie Wolowiec. Wie immer hatte sich der Mann rausgeputzt, trug unter seinem Kittel ein pfirsichfarbenes Hemd und dazu eine passende Krawatte.
    »Danke«, sagte sie, spürte aber, wie ihr vor Wut die Hitze in den Hals kroch.
    Der Patient, kreideweiß im Gesicht, lag plötzlich da wie ein gefallener Engel.
    »Ohnmächtig geworden?«, fragte Wolowiec und setzte sich neben sie auf einen Hocker.
    »Das sehen Sie doch«, sagte sie barsch.
    Das alles konnte doch kein Zufall sein! War das Wolowiec vorhin im Treppenhaus? Einen ehemaligen Patienten auf den Fersen zu haben, dem man nicht gerade übergroße Sympathie entgegengebracht hatte während der Behandlung, war fatal.
    Ein Trupp Menschen war im Anmarsch. Im Nu hatten Ärzte und Schwestern die Regie

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