Die falsche Tochter - Roman
Im Moment wissen wir noch nicht, wer es war und warum er es getan hat.«
»Du wohnst doch nicht etwa hier, oder? Du bist in einem Motel in der Stadt, nicht wahr?«
»Ja, keine Sorge, ich bin absolut sicher.« Callie reichte ihrem Vater eine der Wasserflaschen, während sie auf die Bäume zugingen. »Digger schläft hier. Du erinnerst dich doch noch an Digger? Mom und du, ihr habt ihn bei dieser Ausgrabung in Montana kennen gelernt.« Sie wies auf die Stelle, an der Digger Seite an Seite mit Rosie arbeitete.
»Er hat die Leiche gefunden«, fuhr sie fort. »Es hat ihn ziemlich mitgenommen. Und die Polizei nimmt ihn ganz schön in die Mangel, weil er ein paar Vorstrafen hat. Harmlose Sachen wie Zerstörung fremden Eigentums und Schlägereien in Bars«, fügte sie achselzuckend hinzu, »aber er stirbt vor Angst, sie könnten ihn einsperren.«
»Bist du sicher, dass er nicht …«
»Ja, hundertprozentig sicher. Dig ist ein bisschen verrückt, und er prügelt sich auch gerne, vor allem, wenn es um eine Frau geht, aber er könnte niemals jemandem ernsthaft etwas zuleide tun. Wahrscheinlich war es jemand aus der Stadt, der aus irgendeinem Grund einen Groll gegen Dolan gehegt hat. Nach dem, was ich gehört habe, hatte er ebenso viele Feinde wie Freunde, und die Ansichten über sein Bauvorhaben waren durchaus geteilt.«
»Was passiert jetzt mit eurem Projekt?«
»Ich weiß nicht.« Es war ein Fehler, wenn ihr Herz allzu sehr an einer Ausgrabung hing, das war Callie klar. Aber es passierte ihr jedes Mal. »Wir machen einen Schritt nach dem anderen. Graystone hat einen Vertreter der amerikanischen Ureinwohner angefordert, damit er die Skelette freigibt, die wir hier gefunden haben.«
Sie wies auf Jake und den untersetzten Mann neben ihm. »Sie kennen sich und haben auch schon früher zusammengearbeitet, deshalb sind in dieser Hinsicht keine Probleme zu erwarten.«
Elliot blickte zu dem Mann hinüber, der früher sein Schwiegersohn gewesen war. Er kannte ihn kaum. »Und wie ist es für dich, wieder mit Jacob zusammenzuarbeiten?«
»Es ist okay. Was die Arbeit angeht, ist er eben einfach der Beste auf seinem Gebiet. Und da ich auf meinem Gebiet ebenfalls die Beste bin, funktioniert es gut. Ansonsten kommen wir besser miteinander aus als früher. Er hat sich verändert; irgendwie ist er nicht mehr so nervtötend wie sonst. Aber du hast sicher nicht den weiten Weg von Philadelphia hierher gemacht, um dir die Ausgrabung anzusehen oder mich nach Jake zu fragen.«
»Ich interessiere mich immer für deine Arbeit und dein Leben. Aber du hast Recht, das ist nicht der eigentliche Grund.«
»Du hast das Ergebnis der Blutuntersuchungen.«
»Es ist noch ein vorläufiges Ergebnis, Callie, aber … ich dachte, du würdest es gerne wissen wollen.«
Als Callie seinen Gesichtsausdruck sah, wusste sie, wie das Ergebnis ausgefallen war. Sie ergriff die Hand ihres Vaters und drückte sie. »Hast du es Mom schon gesagt?«
»Nein, das mache ich heute Abend.«
»Sag ihr, dass ich sie liebe.«
»Das werde ich.« Tränen verschleierten Elliots Blick. Er räusperte sich. »Sie weiß, dass du sie liebst, aber es wird ihr helfen, dass du es jetzt sofort gesagt hast. Ich denke, du solltest es den … den Cullens sagen. Wenn du möchtest, begleite ich dich dorthin.«
Callie blickte starr vor sich hin, bis sie ihrer Stimme wieder trauen konnte. »Du bist so gut. Ich liebe dich.«
»Callie …«
»Nein, warte. Ich muss das jetzt sagen. Alles, was ich bin, verdanke ich dir und Mom. Meine Augenfarbe oder die Form meines Gesichts haben damit nichts zu tun. Das ist lediglich biologisches Roulett. Alles, was zählt, habe ich von euch. Du bist mein Vater, und das kann nicht … Es tut mir Leid für die Cullens, schrecklich Leid. Und irgendwie bin ich auch wütend. Das macht mir Angst. Ich weiß nicht, was passieren wird, Daddy.«
Sie trat auf ihn zu und legte ihre Wange an seine Brust. Er schlang seine Arme um sie, und sie klammerte sich wie ein Kind an ihn und weinte. Elliot wollte stark für sie sein, ein Fels in der Brandung. Aber er kämpfte selbst mit den Tränen.
»Ich möchte das alles am liebsten für dich in Ordnung bringen, mein Baby. Aber ich weiß nicht, wie.«
»Ich wünsche mir so sehr, dass es ein Irrtum ist.« Callie legte ihre heiße, tränennasse Wange an seine Schulter. »Warum kann es nicht einfach ein Irrtum sein? Aber das ist es nicht.« Zitternd stieß sie den Atem aus. »Ich muss mich damit auseinander
setzten, und
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