Die fantastische Reise ins Koenigreich der sieben Tuerme
Gastgeber und Botaniker einige Säckchen mit verschiedenen Pulvern. Er erklärte mir gleich, wozu sie gut waren, und riet mir, sie stets bei mir zu tragen. Ich steckte sie in eine große Innentasche meines Lederüberwurfs. Dann ließen wir ihn nach einem letzten Gruß allein zurück, und ich hatte dabei das ungute Gefühl, dass wir ihn dem Tod preisgaben. Lizlide saß hinter mir auf Armaintho und schwieg. Nichts an ihrem durchscheinenden, klaren Gesicht verriet ihre Stimmung. Dennoch spürte ich ihre Traurigkeit, um nicht zu sagen Verzweiflung. Sie weinte innerlich. Ich hingegen kämpfte gegen eine heftige Aufwallung von Empörung an. Dabei haderte ich weniger mit dem Schändlichen und seinen bestialischen Horden als mit dem Schicksal, das mir ein unglaublich bezauberndes Wesen anvertraut hatte und mich gleichzeitig zwang, es am Vorabend einer sich ankündigenden Katastrophe im Stich zu lassen.
Bis zum späten Nachmittag reisten wir unbehelligt von den plündernden Orkpatrouillen. Stattdessen begegneten wir den ersten Flüchtlingsgruppen. Je weiter wir vorankamen,
desto mehr wurden es. Von einigen Flüchtlingen erfuhr ich, dass sie Isparin mieden, da sich dort angeblich eine große Schlacht abzeichnete. Im Übrigen stellte ich fest, dass der Vormarsch der Orks nicht nur den Menschen Furcht einflößte. Auch die wilden Tiere flohen wie vor einer Feuersbrunst. Schließlich konnten wir sogar am helllichten Tag Geschöpfe entdecken, die nicht in meinem Reiseführer erwähnt wurden, zum Beispiel kurzatmige, bärtige Gnome, die urplötzlich hinter einem Felsen auftauchten und hinter einem anderen wieder verschwanden.
Als der Titanenwald in Sicht kam, beschloss ich, haltzumachen, und entschied mich für eine grasbewachsene Anhöhe, von der aus wir einen weiten Rundblick hatten. Die Bäume verdeckten den westlichen Horizont fast vollständig. Vor unseren Augen erstreckten sich Tausende Hektar von bestellten Feldern, Wiesen, Gärten und Obstplantagen. Eine unglaublich fruchtbare landwirtschaftlich genutzte Ebene, die mit Hunderten Höfen und Dörfern und an einigen klug ausgewählten Stellen auch prunkvollen Schlössern gesprenkelt war. Mir fiel auf, dass keine dieser Behausungen oder Siedlungen befestigt war. Keine einzige Spur einer verfallenen zinnenbewehrten Mauer, die von einer kriegerischen Vergangenheit, und sei sie auch noch so fern, zeugte. Trotzdem wimmelte es an diesem Tag von verbündeten Truppen, die mit gewaltigen Kriegsmaschinen ausgestattet waren. Und aus dem Süden kamen in unendlichen Kolonnen immer noch mehr hinzu.
Ich folgerte daraus, dass Akys III als Oberbefehlshaber der Bündnisarmeen beschlossen hatte, Isparin zu verteidigen. Das beruhigte und verunsicherte mich zugleich: Abgesehen von den unzähligen Ausländern, die ungeduldig darauf warteten, nach Hause zurückzukehren, war die Stadt nicht von strategischem Interesse, wie Ergonthe erklärt hatte.
»Lizlide, du weißt, warum ich nach Isparin muss, oder?«, fragte ich unvermittelt.
Wir saßen im frischen, weichen Gras, das sich nur wenige Meter von uns entfernt beeindruckende Wiederkäuer schmecken ließen. Sie sahen ein wenig wie Auerochsen aus und wogen sicher jeweils zwei oder drei Tonnen. Armaintho hatte sich wie eine Sphinx neben der jungen Elfe ausgestreckt, den Kopf auf die Pfoten gelegt und ließ sich von ihr die Mähne streicheln, die Augen halb geschlossen vor Wonne.
»Ja«, antwortete sie nach kurzem Schweigen.
Okay, sagte ich mir, der Anfang wäre gemacht. Jetzt musste ich herausbekommen, wie sie sich ihre nahe Zukunft vorstellte, wenn sie sich selbst überlassen und verwundbar sein würde. Ich seufzte verstimmt und fuhr fort: »Dann hast du auch begriffen, dass ich nicht …«
»Ich habe es begriffen«, unterbrach sie mich.
»Ach ja? Und was hast du begriffen?«
»Dass du in deinen Wald zurückkehren willst.«
»Ja, so ungefähr«, antwortete ich, belustigt von dieser Vorstellung. Paris ist tatsächlich wie ein Wald, ich würde sogar sagen wie ein Dschungel. »Und weiter?«
Sie wandte mir das Gesicht zu und fesselte mich mit ihrem betörenden Rehblick.
»Das darfst du nicht«, sagte sie.
»Warum nicht?«
»Ich weiß es nicht.«
»Hast du Angst, dass ich dich verlasse?«
»Elfen haben um ihretwillen vor nichts Angst. Es ist eher … deinetwegen.«
Ich bemerkte, wie sich ihre Züge verfinsterten.
»Sprich weiter. Wovor sollte ich mich um meinetwillen fürchten?«
Sie sah zum Titanenwald hinüber und betrachtete die
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