Die fantastische Reise ins Koenigreich der sieben Tuerme
germanische Runen erinnerten. Ich riss mich vom Anblick des Schildes los und ging zur zweiten Phase meines Plans über: die Rüstung des Schändlichen anzuziehen.
Ohne meine eigenen Sachen abzulegen, schlüpfte ich als Erstes in das Hemd, das mir ein wenig zu groß war. Das machte aber nichts, da ich es ja unter der Teerrüstung tragen würde. Allein bei der Berührung dieses gummiartigen Materials schauderte ich und verzog das Gesicht wie beim Kratzen von Fingernägeln an einer Tafel. Als Nächstes zog ich die Hose und den harten Brustpanzer an, der fast perfekt
auf meine Schultern passte. Als Letztes streifte ich noch die Handschuhe über und schnallte mir den Gürtel um die Taille. Während ich mich so kostümierte, hätte ich mich die ganze Zeit am liebsten übergeben, nicht wegen eines ekelerregenden Geruchs, sondern weil ich eine Heidenangst hatte. Es kam mir so vor, als würde ich verdammt werden, weil ich die Haut des Satans persönlich stahl. So sehr ich mir auch einredete, dass es ihn nicht gab, ich machte mir vor Angst in die Hose. Aber das Schlimmste kam erst noch: Ich musste den Kopf in den Helm des Schändlichen stecken, dessen scheußliche Maske mich die ganze Zeit vom Fußboden aus beobachtete … und auf mich wartete. Ich hob ihn auf und betrachtete ihn im Licht der weiß glühenden Lampe. Dann überwand ich mich endlich.
Und es wurde finster.
Ich presste den Rücken gegen die Wand und röchelte wie ein Asthmatiker. Ich war blind! Ein höllischer Schmerz bohrte sich in mein Hirn, dann sah ich den Schändlichen vor mir stehen. Er trug nicht mehr seine Maske, sondern mein Gesicht, das von einem affenartigen, grausamen, hasserfüllten Lachen verzerrt wurde. Ich war wie gelähmt. Mein Atem stockte, das Blut gefror mir in den Adern. Auf einmal hörte ich mein Herz nicht mehr schlagen. Ich sah mich schon zusammenbrechen und sterben. Die Zeit blieb einen Moment lang stehen, der ewig anzudauern schien und in dem ich Lizlide vor mir sah. Wie ein Engel, der mir zu Hilfe kam, drängte sie sich in mein Bewusstsein und vertrieb das Grauen wie das Licht die Dunkelheit.
Irgendetwas auf meinen Augen störte mich. Ich zog den rechten Handschuh aus und führte die Hand zur Maske, unter der ich nur schwer atmen konnte. Mit einer abrupten Bewegung hob ich das Gesichtsvisier an und betastete mit dem Zeigefinger mein rechtes Auge, dann das linke … und
berührte meine Augenlider! Ich öffnete sie, und mein Sehvermögen, das einer eingebildeten Erblindung zum Opfer gefallen war, kehrte zurück. Im trüben Halbdunkel erkannte ich in der Saalmitte den Sockel, auf dem jetzt die Schale des Schicksals fehlte, da ich sie an die Säule gelehnt hatte. Das Licht der Lampe schimmerte auf ihrem goldenen Metall. Daneben lag mein Schwert in seiner Scheide. Ich hatte es ablegen müssen, um die Sachen des Schändlichen anziehen zu können. Ich betrachtete meine bloße Hand und bewegte die Finger. Ich war am Leben und staunte darüber. Anscheinend hatte ich die Kontrolle über meinen Körper und meinen Geist zurückgewonnen. Jetzt brauchte ich mich nur noch von der Aufregung zu erholen. Mir kam der Gedanke, dass ich ein Spielball meiner eigenen Angst gewesen war, ein bisschen wie ein Alkoholiker im Delirium, der glaubt, von Spinnen und Schlangen angegriffen zu werden. Zwischen der Angst und der Hölle des Wahnsinns ist der Abstand nicht breiter als ein Fluss, den man auf der Barke der Täuschung überquert. Ich hatte diesen Styx überschritten. Lizlide hatte dafür gesorgt, dass ich wieder zurückkam, bevor ich mich für immer verirrte.
Die Rückkehr auf den Boden der Tatsachen, wenn ich so sagen darf, führte mich zu kaum weniger beängstigenden Sorgen zurück. Ich musste mit der Schale des Schicksals fliehen und mich dabei als der Herr der Lüge ausgeben. Was nicht einer gewissen Ironie entbehrte. Ich nahm Borhus’ Schild und befestigte ihn an meinem linken Arm. Dann trat ich ins dunkle, eiskalte Treppenhaus hinaus. Ich war versucht, zur Turmspitze hinaufzusteigen, sagte mir aber, dass ich in dieser Aufmachung kaum darauf hoffen konnte, von Lizlide gerettet zu werden, und noch weniger von Azrathorms Drachenreitern, die sich eventuell in diesem Gebiet aufhielten.
Und den Helm abzunehmen, um mich zu erkennen zu geben … Laute Stimmen in den oberen Stockwerken setzten meinem Zögern ein Ende. Die Orks hatten sich auf der Terrasse positioniert und würden so schnell nicht wieder von dort verschwinden.
Also lenkte ich meine
Weitere Kostenlose Bücher