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Die Farbe der See (German Edition)

Die Farbe der See (German Edition)

Titel: Die Farbe der See (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan von der Bank
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Schlitzen für Augen und Mund, die sie sich aus Wollmützen zusammen improvisiert zu haben schienen.
    Unsanft wurde Ole in die Reihe der Deutschen gestoßen und legte, ebenso wie die anderen, die Hände auf den Kopf.
    Trotz dieser Geste und trotz der handfesten Art, wie mit ihm umgesprungen wurde, empfand er keinerlei Angst vor den Angreifern. Es waren Norweger. Hier an diesem Ort und in dieser Aufmachung konnten sie nichts anderes sein als Widerstandskämpfer, Freunde des Professors. Sie waren gekommen, um die Pläne zu holen.
    Das schien auch Kaleu Strasser zu glauben.
    »Verdammte Idioten!«, knurrte er. »Das, was ihr sucht, existiert nicht mehr! Euer sauberer Komplize, der Konteradmiral, hat Hülsmeyers Pläne vernichtet!«
    »Maul halten und abwarten!«, raunzte einer der Norweger zurück.
    Sein Deutsch war leidlich gut. Er war auffallend groß und schien der Anführer der Gruppe zu sein. Ole starrte ihn irritiert an. Irgendwie kamen ihm Statur und Stimme bekannt vor. Und die im Sehschlitz der Maske auffallend eng beieinander stehenden Augen.
    »Umdrehen!«, befahl er nun. »Gesicht zur Wand, Hände auf dem Rücken!«
    Alle gehorchten. Ole wurde, da er außen in der Reihe stand, zuerst gefesselt. Nach ihm kam der Obermaat mit der Beinverletzung an die Reihe. Als auch ihm die Hände gebunden waren und der Norweger sich Strasser zuwenden wollte, ging weiter achtern eine Tür auf und Schritte waren zu hören. Es gab also noch einen vierten Widerstandskämpfer.
    Ole drehte den Kopf, um über die Schulter blicken zu können.
    Der Anführer rief eine Frage den Mittelgang herauf.
    »Har du hittat?«
    Ole stutzte. Diesmal war es Schwedisch! Hast du sie gefunden?
    Und dann stockte ihm vollends der Atem.
    »Nej! De är borta!«
    Die verneinende Antwort kam eindeutig von einer Frau.
    Von ihr!
    Eine Sekunde später stand Lina in der Messe.
    Trotz des schlechten Lichts und der Maskierung hätte Ole sie auf zwanzig Schritt Entfernung erkannt, alleine an den Augen, die funkelnd grün aus der Maske hervorblitzten.
    Lina streifte Ole nur mit einem kurzen Blick und ohne sich etwas anmerken zu lassen, dann wandte sie sich an den Anführer, hob die Maske vom Mund und flüsterte ihm etwas zu.
    Die Art, wie sie dabei ihre Hand auf seinen Oberarm legte und ihn zu sich herabzog, verriet Vertraulichkeit. Eine besondere Vertraulichkeit. Plötzlich verstand Ole, wer dieser Mann war: Linas Verlobter! Er hatte den Namen doch eben erst gehört, als der andere Norweger ihn durchs Skylight gerufen hatte. Sigur. Sigur Johannson.
    Ole hatte jedoch keine Zeit, verblüfft zu sein. Oder eifersüchtig. Denn dieser kurze Moment der Ablenkung, da Lina mit Sigur sprach, wurde von Strasser ausgenutzt.
    Was in den folgenden drei, vielleicht vier Minuten geschah, war mit den Worten »heilloses Chaos« nur unzureichend zu beschreiben. Es sollten die schrecklichsten Minuten werden, die Ole in seinem bisherigen Leben durchgemacht hatte.
    Der Kaleu rammte dem Mann, der ihn gerade hatte fesseln wollen, den Ellenbogen in den Magen, stieß ihn zur Seite und sprang zum Salontisch, über dem die einzige Lichtquelle im Raum hing. Ehe einer der anderen Widerstandskämpfer reagieren konnte, schlug er die Öllampe aus ihrem Haken und schmetterte sie gegen die nächstbeste Schottwand, wo sie klirrend zu Bruch ging. Eine Sekunde lang war es beinahe völlig dunkel, bis das ausgelaufene Öl Feuer fing. Schlagartig loderten die Flammen auf und tauchten die Messe in ein infernalisches, rot flackerndes Licht.
    Schreie ertönten und es wurde geschossen. Instinktiv warf Ole sich auf den Boden, wobei er den am Bein verwundeten Obermaat mit sich hinunterriss. Im Flackern der Flammen konnte Ole einen Schatten sehen, der nach achtern in den Mittelgang rannte. Der Kaleu. Ole erkannte ihn, als er den schwachen Schein des elektrischen Notlichtes passierte, das den hinteren Teil des Ganges und den Niedergang beleuchtete.
    Offensichtlich hatte Strasser nicht vor zu fliehen. Anstatt die Stufen hinauf an Deck zu verschwinden, rannte er weiter zur Achterkammer und verbarrikadierte sich dort. Einer der Norweger und Lina folgten ihm, konnten aber nur noch von außen an der verriegelten Tür rütteln.
    Inzwischen hatte sich im Salon das Feuer ausgebreitet und beißende Rauchschwaden erfüllten die Luft.
    Sigur hatte die Maske vom Gesicht gezogen und schrie seinem verbliebenen Mitstreiter, den er Ivar nannte, etwas zu. Selbst ohne es zu verstehen, wusste Ole, dass es darum ging, das Feuer zu

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