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Die Farbe des Himmels

Die Farbe des Himmels

Titel: Die Farbe des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britt Silvija und Reissmann Hinzmann
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Alibis aller Personen aus dem Umkreis des Opfers zusammen. Das bedeutet keinesfalls, dass Frau Linder unter Mordverdacht steht.«
    »Also gut. Nehmen Sie bitte Platz. Welchen Dienstplan brauchen Sie denn?«
    »Den vom letzten Donnerstag, dem achten August.«
    Während der Arzt in einer Schublade kramte, sah sich Thea im Schwesternzimmer um. Die Wände waren bis unter die Decke mit bunten Kinderzeichnungen geschmückt. Thea sah sich eins davon genauer an, vermutlich das Selbstporträt einer kleinen Patientin. »Für Schwester Viola von Annika« stand darunter. Ob Antonia Linder auch solche Geschenke bekommen hatte?
    »Da ist er.« Dr. Schwarzenbach legte Thea ein Blatt Papier vor. »Hier, sehen Sie, am Donnerstag hatte Frau Linder Spätschicht, von vierzehn bis zweiundzwanzig Uhr. Hilft Ihnen das weiter?«
    »Ja, vielen Dank.«
    »Kann ich Ihnen sonst behilflich sein?«
    »Das können Sie tatsächlich. Wie würden Sie Frau Linder beschreiben? Was wissen Sie über ihr Privatleben?«
    »Sie ist eine langjährige und zuverlässige Mitarbeiterin, aber obwohl ich Frau Linder recht lange kenne, kann ich über ihr Privatleben nicht viel sagen. Sie hält sich da sehr bedeckt. Aber vielleicht wissen die Schwestern mehr von ihr zu berichten. Da kommt gerade eine von ihnen.« Ein junges Mädchen, sicher noch in der Ausbildung, war mit einem offensichtlich erst wenige Wochen alten Säugling auf dem Arm hereingekommen.
    »Darf ich vorstellen: Schwester Viola – Frau Engel von der Kriminalpolizei. Und das hier ist unser Sönke. Er kam letzte Woche von der Babyklappe am Weraheim zu uns. Er war deutlich untergewichtig, der arme Kerl, aber wir sind dabei, ihn aufzupäppeln.«
    Thea betrachtete gerührt das kleine Gesicht mit der winzigen Nase, den halb offenen, zahnlosen Mund und die Fingerchen, die nicht viel größer als die einer Puppe waren.
    »Babyklappe? Das heißt, das Kind wurde ausgesetzt?«
    »Sagen wir, abgegeben. Auf diesem Weg ist es heute legal, sich eines Kindes zu entledigen. Es ist ein Segen, dass wir seit letztem Jahr die Babyklappe haben, auch wenn viele sie strikt ablehnen. Früher wurden die Kinder einfach vor unserer Tür abgelegt oder schlimmstenfalls umgebracht.«
    Thea wollte etwas sagen, aber ihr Hals war wie zugeschnürt. Was für eine seltsame Ironie des Schicksals, hier diesem kleinen Findelkind zu begegnen.
    Die Stimme des Arztes riss sie aus ihren Gedanken. »Schwester Viola, Frau Engel ist wegen Schwester Antonia hier. Sie sagt, sie habe das Opfer in einem Mordfall gekannt.«
    »Ach, Sie meinen sicher den Mord an Herrn Hauser.« Schwester Viola nahm einen Schoppen Milch aus dem Flaschenwärmer, legte sich Sönke auf dem Schoß zurecht und schob ihm den Sauger in den Mund. Thea beobachtete fasziniert, wie der Kleine gierig an der Flasche zu nuckeln begann.
    »Sie kombinieren ja schnell. Leute wie Sie könnten wir bei uns gebrauchen.« Thea versuchte, locker und unbeschwert zu klingen, aber das fiel ihr plötzlich schwer.
    »Frau Linder redet nicht viel, außer über dienstliche Belange«, sagte das Mädchen. »Ich kenne sie eigentlich von allen Kolleginnen am wenigsten.«
    »Verstehe.«
    »Am Donnerstagabend saßen wir zusammen hier im Schwesternzimmer und hörten nebenher Radio, als in den Nachrichten von dem Mordfall berichtet wurde. Frau Linder wirkte verstört und war für den Rest des Abends kaum ansprechbar.«
    »Sie meinen, die Nachricht kam für sie überraschend?«
    »Das kann ich Ihnen versichern.«
     
    Als Thea aus der Tiefgarage fuhr und in die Schlossstraße einbog, schwirrte ihr der Kopf. Wenn Antonia Linder am Donnerstag Spätschicht gehabt hatte, konnte sie kein Alibi vorweisen. Andererseits hatte Schwester Viola glaubwürdig versichert, ihre Kollegin sei von Hausers Tod sehr überrascht gewesen. Vielleicht war Antonia aber auch eine gute Schauspielerin und hatte den Schock in weiser Voraussicht nur vorgetäuscht.
    Irgendetwas in Thea weigerte sich, sofort zur Dienststelle zurückzufahren, also bog sie in die Johannesstraße ein, die zum Feuersee führte. Sie musste nachdenken, und das konnte sie am besten allein. Sie stellte den Wagen an der Johanneskirche ab und spazierte zu einer Bank unter den Trauerweiden, die am Seeufer standen. Doch es fiel ihr plötzlich schwer, sich auf Antonia Linder zu konzentrieren. Das Bild dieses Babys wollte einfach nicht verschwinden. Ob Antonia Linder schon im Olgäle gearbeitet hatte, als sie vor fast dreißig Jahren dort ausgesetzt wurde? Thea dachte

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