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Die Farben der Finsternis (German Edition)

Die Farben der Finsternis (German Edition)

Titel: Die Farben der Finsternis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Pinborough
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spätestens einer Stunde die Zeit hier vergessen haben und von dem Experiment befreit sein, bis ihn seine Füße zurücktragen würden, damit er weitermachte. Dieser hier war eine gute Entdeckung, denn er war weiter gekommen als alle anderen, als die Apparatur sein Bewusstsein nachoben und durch Hubble in die jenseitige Dunkelheit getrieben hatte.
    »Was hast du gesehen?«, fragte er. Normalerweise zeigte er wenig Interesse an den Versuchspersonen, aber da er nun einmal hier war und dieser hier etwas Besonderes an sich hatte, gewann seine Neugier die Oberhand. Vielleicht hatten die Ereignisse des Tages seine Nostalgie geweckt.
    »Es war schön«, hauchte der junge Mann. »Es war schrecklich.« Seine Stirn legte sich in tiefe Falten, als er in seinem beschädigten Verstand nach dem passenden Wort suchte. »Chaos«, sagte er schließlich.
    »Ja, genau.« Mr Bright lächelte.
    »So viel Finsternis und dann das Chaos. Chaos im Dunkel.« Er neigte den Kopf. Die Technikerin baute noch immer die Gerätschaften ab, ohne dem Jungen zuzuhören.
    Mr Bright beugte sich vor.
    »Und was noch?«
    »Sie schreien noch.« Elroy Peterson ließ nicht erkennen, dass er die Worte des silberhaarigen Mannes gehört hatte. » Ich schreie noch, ich kann es hören.« Er zwinkerte in rascher Folge. »Hinter meinen Augen.«
    »Konntest du die Farben sehen? Konntest du dahinterblicken?«
    »Farben.« Wieder weiteten sich seine Pupillen. »So viele Farben. Neue Farben.« Er drückte die Hände seitlich an den Kopf. »Ich habe mich erinnert.« Tränen liefen über die schweißnassen Wangen. »Ich habe mich erinnert.«
    Mr Bright beobachtete ihn ausdruckslos. Sie waren in vielerlei Hinsicht stumpf und vorhersehbar, aber irgendwo in dieser Umständlichkeit hatten diese ersten mangelhaften Versager eine Erinnerung an alles, was gewesen war. Auf einmal durchfuhr ihn eine plötzliche Welle der Zuneigung für sie, wie er sie seit vielen Jahren nicht mehrverspürt hatte. Vielleicht täte er gut daran, sich Zeit zum Erinnern zu nehmen.
    »Du musst nach den Linien suchen.« Seine Stimme war sanft und warmherzig. »Beim nächsten Mal findest du die Linien.«
    »Ich kann nicht«, flüsterte Peterson mit belegter Stimme. »Das kann ich nicht.«
    Mr Bright stand auf und strich dem jungen Mann mit seiner kühlen, trockenen Hand über den Kopf. »Selbstverständlich kannst du das.« Auch wenn er es nicht schaffte, würde irgendwann einer kommen, dem es gelingen würde. Trotz des Anflugs von Nostalgie hatte er keineswegs vor, die Gänge zu benutzen oder sie auch nur wiederzusehen, doch wenn jemals jemand erfahren sollte, wo sie lagen, dann wollte er es sein. Er würde dieses Wissen für den Ersten auf eine Weise bewahren, die er für richtig hielt. Mr Bright drehte sich um und ließ den jungen Mann in Ruhe, der sich friedlich anzog, voller Vorfreude darauf, der drückenden Hitze zu entkommen.
    Mr Bright hatte ewig nicht an die Gänge gedacht, doch dann hatte das Sterben begonnen und einige der Seinen hatten das Experiment gefordert, weil sie einen Weg nach Hause finden wollten. Mittlerweile bereitete ihm schon die Idee Unbehagen. Selbst wenn das Netzwerk die Gänge nicht ausfindig machen konnte, bedeutete das nicht, dass es vom anderen Ende her keinen Verkehr gegeben hatte. Wer konnte wissen, ob unter ihnen nicht Besucher gewesen waren, die möglicherweise prüfen wollten, wie es ihnen ergangen war? Er würde nicht unbedingt einen Abgesandten schicken, das war nicht seine Art.
    Natürlich gab es Gerüchte, aber heutzutage gab es Gerüchte zu allem und jedem. Doch es konnte sein, dass Mr Bright sich ein wenig mehr Mühe geben sollte – falls derVerdacht der Existenz des Jungen auf die andere Seite gelangte, konnte niemand sagen, was passieren würde, oder? Vielleicht würde es ihm etwas ausmachen, vielleicht auch nicht; es war so schwierig mit ihm , etwas vorherzusagen. Man wusste vorher nie, wann seine Stimmung umschlug. Mr Bright hielt einen vorbeieilenden Techniker an.
    »Sagen Sie den Ärzten, dass sie bei dem hier nächstes Mal die Intensität steigern sollen. Heben Sie jetzt wie bei den anderen die Hypnose auf. Ich möchte, dass die Probanden einige Wochen lang nicht kommen. Aber behalten Sie den hier im Auge, den brauchen wir noch.«
    Als sein Handy klingelte, lauschte er dem Anrufer lächelnd. »Hervorragend«, sagte er. »Ich bin gleich zurück. Bereiten Sie alles gut vor, es soll schön ordentlich zugehen. Wenn Sie den Anweisungen folgen, die ich gegeben

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