Die Farben der Zeit
die Schlacht«, sagte T. J., knipste den Stift an und wies damit ins Zentrum des dreidimensionalen Flimmerns. »Und hier«, er zeigte auf die Ränder, »ist das umliegende zeitliche und räumliche Gebiet, das von der Schlacht berührt wurde.«
Das Licht wich vom Zentrum zurück und huschte rasch über verschiedene Teile des Schirms. »Hier sehen Sie die Schlacht bei Quatre Bas, den Kampf um Wavre, den Angriff der Alten Garde, den Rückzug.«
Ich sah nichts außer einer Anzahl unterschiedlich grauer Flächen. Es war wie beim Arzt, wenn er mir ein Scanbild zeigte. »Hier sehen Sie die Lungen, das Herz…« Ja, er vielleicht. Ich sah nie etwas.
»Jetzt habe ich simulierte Inkonsequenzen in das Modell eingebaut und sehen Sie einmal, wie es sich verändert!«
Er ging zu dem rechten Schirm. Soweit ich beurteilen konnte, zeigte er das gleiche Bild wie der in der Mitte. »Hier zum Beispiel befahl Napoleon d’Erlon in einer unverständlichen Botschaft, sich nach Ligny zu wenden, mit dem Ergebnis, daß dieser seine Truppen hinter Napoleons linke Flanke brachte anstatt vor sie, und somit für einen Feind gehalten wurde. Hier habe ich einen simulierten Historiker eingefügt«, er wies ins Graue, »der Napoleons Botschaft durch eine leserliche ersetzt hat, und wie Sie sehen, verändert sich das Bild schlagartig.«
Ich mußte ihm einfach glauben.
»Bei dieser Inkonsequenz bekommen wir um dieses Gebiet herum«, er wies mit dem Pointer darauf, »einen sich rapide erhöhenden Schlupfverlust, geringfügig in diesem Umkreis und dann immer kleiner werdend in den peripheren Gebieten, wenn das System sich selbst korrigiert.«
Ich blinzelte auf den Schirm und versuchte, verstehend dreinzublicken.
»In diesem Fall hier war das System imstande, sich beinahe sofort zu korrigieren. d’Erlon gab die Befehle an seinen Stellvertreter, dieser an einen Leutnant, der ihn aber wegen des Artilleriefeuers nicht verstand und deshalb die Truppen hinter die linke Flanke Napoleons brachte, wodurch die Situation in ihren Originalzustand zurückgebracht wurde.«
Er wies mit dem Pointer auf die obere Bildschirmreihe. »Ich versuchte eine ganze Reihe Simulationen mit Inkonsequenzen verschiedener Gewichtigkeit. Hier zum Beispiel zerstört ein Historiker das Schloß am Tor von Hougoumont. Hier verhindert er den tödlichen Schuß eines Infanteristen auf Letort. In diesem hier fängt er eine Nachricht zwischen Wellington und Blücher ab.« Der Pointer zeigte auf einen Schirm nach dem anderen. »Die Simulationen variieren stark in ihren Auswirkungen auf die Situation und in der Zeitspanne, bis sich das Kontinuum selbst korrigiert hat.«
Er wies auf weitere Bildschirme. »Hier brauchte es nur ein paar Minuten, hier schon zwei Tage, und bei dem hier erkennt man keine direkte Verbindung zwischen der Gewichtigkeit der Inkonsequenz und den Auswirkungen. Hier indessen«, der Lichtpunkt wanderte zu dem Schirm ganz links, »erschossen wir Uxbridge, um seinen selbstmörderischen Angriff zu verhindern, und sein Stellvertreter befahl sofort den gleichen Angriff mit dem gleichen Ergebnis.« Er zeigte auf einen Schirm in der zweiten Reihe. »Bei dieser Simulation ließen wir einen Historiker, der als preußischer Soldat verkleidet war, stolpern und während der Schlacht um Ligny hinfallen, und die benötigte Selbstkorrektur war riesigen Ausmaßes und bezog vier Regimenter und Blücher selbst mit ein.«
Der Pointer wies auf einen Schirm in der Mitte. »In diesem hier veränderten wir die Situation bei La Sainte Haye, wo die Holzdächer durch die Artilleriegeschosse Feuer fingen und eine Kette Männer mit Suppenkesseln voll Wasser es fertigbrachten, das Feuer zu löschen.« Das Licht beleuchtete einen Punkt im Zentrum des grauen Flimmers. »Ich placierte hier einen Historiker hin, der einen der Suppenkessel stahl. Der Diebstahl verursachte eine schwere Inkonsequenz, und das Interessante daran ist, daß die Selbstkorrektur nicht nur hier und hier«, der Lichtpunkt ging zum oberen Bildschirmrand, »erhöhte Schlupfverluste verursachte, sondern auch hier, im Jahre 1814.«
»Das System ging in die Vergangenheit zurück und korrigierte sich selbst?«
»Ja«, sagte T. J. »Im Winter 1812 gab es einen heftigen Schneesturm, der eine tiefe Mulde in der Straße vor La Sainte Haye verursachte, wegen der ein Ochsenkarren ein Teil seiner Ladung verlor, unter anderem ein kleines Fäßchen Bier. Ein Dienstbote fand es und nahm es nach La Sainte Haye mit. Das Fäßchen wurde,
Weitere Kostenlose Bücher