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Die Farben der Zeit

Die Farben der Zeit

Titel: Die Farben der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Connie Willis
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schon gedacht haben, daß ich auf einer Exkursion bin. Nicht wie die meisten Frauen, die aufgeregt herumflattern und denken, man sei von einer Trambahn überfahren worden.«
    »Das denken sie ja gar nicht«, bemerkte Mrs. Mering erbost. »Sie denken, Sie seien ertrunken. Der Trauergottesdienst ist morgen früh um zehn.«
    »Trauergottesdienst?« Professor Peddick blickte auf die Zeitung. »Gottesdienst um zehn Uhr. Christ Church Meadow«, las er. »Wozu, um alles in der Welt, halten sie einen Trauergottesdienst ab? Ich bin nicht tot.«
    »Das sagen Sie«, sagte Mrs. Mering mißtrauisch.
    »Sie müssen sofort nach Hause telegrafieren«, sagte ich, bevor sie fragen konnte, ob sie seinen Arm befühlen dürfe.
    »Ja, sofort«, stimmte Mrs. Mering zu. »Baine, holen Sie Schreibzeug.«
    Baine verbeugte sich. »In der Bibliothek ist es bestimmt bequemer für Sie«, sagte er und verfrachtete uns damit gottseidank ins Haus.
    Dort brachte er Federhalter, Tinte, Papier und einen Federhalterwischer herbei, der wie ein Igel geformt war, dann auf einem Silbertablett Tee, süße Brötchen und gebutterte Muffins. Professor Peddick verfaßte ein Telegramm an seine Schwester und ein weiteres an den Dekan von Christ Church, Terence wurde eiligst ins Dorf geschickt, sie abzusenden, und Verity und ich nutzten seine Abwesenheit, um uns ins Frühstückszimmer zu schleichen und unseren nächsten Schachzug zu besprechen.
    »Der wie aussehen soll?« fragte Verity. »Am Bahnhof war niemand. Hier auch nicht. Ich fragte die Köchin. Den ganzen Tag über war keiner an der Tür. Sobald es zu regnen aufgehört hat, sollten wir meiner Meinung nach zu Dunworthy springen und ihm sagen, daß wir keinen Erfolg hatten.«
    »Der Tag ist noch nicht vorbei«, sagte ich. »Wir haben noch das Dinner und den ganzen Abend vor uns. Passen Sie auf, Mr. C wird während der Suppe erscheinen und verkünden, daß Tossie und er bereits seit Ostern heimlich verlobt sind.«
    »Vielleicht haben Sie recht«, erwiderte Verity ohne rechte Überzeugung.
    Aber während des Abendessens geschah nichts, außer daß Mrs. Mering wieder von ihrer Vorahnung sprach, die inzwischen kunstvolle Ausschmückungen erfahren hatte. »Und als ich dort in der Kirche stand, war mir, als sähe ich den Geist von Lady Godiva vor mir – angekleidet natürlich –, in einem Gewand von Coventrinerblau, das lange Haar offen, und während ich wie angewurzelt dastand, hob sie warnend ihre schimmernde weiße Hand und sagte: ›Die Dinge sind nicht, was sie scheinen.‹«
    Auch Zigarren und Portwein gingen an uns ereignislos vorüber, abgesehen von Colonel Mering, der uns mit einer ausführlichen Beschreibung der Besonderheiten seines neuerworbenen rotgepunkteten Silbertanchos beglückte. Ich hoffte sehnlichst, bei unserer Rückkehr zu den Damen einen schiffsbrüchigen Seemann oder einen enterbten Herzog zu sehen, der von ihnen umringt wurde und dessen Geschichte, wie er sich im Gewitter verirrte, sie begierig lauschten, aber als Colonel Mering die Schiebetüren wieder öffnete, lagerte Mrs. Mering, offenbar von einem neuerlichen Schwächeanfall heimgesucht, auf einem kleinen Sofa und atmete tief in ein duftendes Taschentuch. Tossie saß am Schreibtisch und schrieb in ihr Tagebuch und Verity, die im Schaukelstuhl saß, schaute begierig hoch, als erwarte sie, daß wir den Seemann mitbrächten. Als es an der Haustür klopfte, sprang sie auf und ließ ihre Stickerei fallen, aber es war nur Terence, der vom Telegrafenamt zurückkam.
    »Ich hielt es für das Beste, auf eine Antwort von Ihrer Schwester zu warten«, sagte er und gab Baine seine feuchte Jacke und den Schirm. Er händigte Professor Peddick zwei gelbe Umschläge aus.
    Dieser nestelte sein Monokel hervor, öffnete die Telegramme und begann sie laut vorzulesen. »Onkel. Erfreut von Dir zu hören. Wußte, daß Dir nichts passiert ist. Alles Liebe. Deine Nichte.«
    »Brave Maudie«, sagte er. »Ich wußte, daß sie einen kühlen Kopf bewahren würde. Das zeigt, welch intelligente Geschöpfe Frauen sein können, wenn sie nur die richtige Bildung genießen.«
    »Bildung?« fragte Tossie. »Ist sie ästhetisch gebildet?«
    Professor Peddick nickte. »Kunst, Rhetorik, die Klassiker, Mathematik.« Er öffnete den zweiten Umschlag. »Nichts von dieser albernen Musiziererei und Handarbeit wie bei Ihnen hier.« Er las laut das zweite Telegramm. »›Horace. Wie konntest Du? Begräbnis angeordnet. Blumen und Sargträger schon bestellt. Erwarte Dich mit dem

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