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Die Farben des Chaos

Titel: Die Farben des Chaos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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Ihr denn auch aus Fairhaven?«
    »Genau wie die meisten anderen Magier, ja.« Anya beugte sich vor und das weiße Hemd legte sich noch enger um ihre Rundungen. »Wisst Ihr, dass die Gilde einen neuen Obermagier bestimmen muss, wenn Jeslek zum Erzmagier ernannt wird?«
    »Soll ich Eure Kandidatur unterstützen?«
    Anya lachte, zwei kurze, angenehme Laute waren es. In der absolut richtigen Tonlage zwar, aber sie klangen dennoch falsch. »Nein. Ich glaube, die Gilde würde mit einer Frau auf dem Posten des Obermagiers nicht glücklich werden.«
    »Wer käme dann in Frage?« Cerryl rutschte auf dem Stuhl hin und her.
    »Eliasar, Redark, Esaak. Vielleicht noch Myral oder Brokar.« Anya zuckte mit den Achseln. »Und noch ein paar andere.«
    »Ihr seid mächtiger als sie alle.« Cerryl überlegte. »Oder ist genau das der Grund dafür, dass Ihr nicht kandidieren wollt?«
    »Ihr seid sehr klug – aber gleichzeitig noch ein wenig unbedarft.« Sie hielt inne. »Wollt Ihr Euer Leben lang Magier der Stadtwache bleiben?«
    »Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht.«
    Die rothaarige Magierin stand auf. »Ihr solltet aber darüber nachdenken.«
    Auch Cerryl erhob sich. »Ihr habt mir noch nicht verraten, wen Ihr selbst als guten Kandidaten für das Amt des Obermagiers betrachtet. Vielleicht sollte ich Fydel vorschlagen.«
    »Ich wünschte, Ihr würdet darauf verzichten.« Anya lächelte und griff nach dem Türriegel. »Aber natürlich dürft Ihr vorschlagen, wen immer Ihr wollt.«
    »Ich glaube, ich werde überhaupt niemanden vorschlagen.« Cerryl hielt ihr die Tür auf, die sie inzwischen geöffnet hatte. »Aber ich würde gern erfahren, was Ihr denkt.«
    »Es ist selten klug, wenn man sich zu früh festlegt.«
    Sie schenkte Cerryl ein strahlendes Lächeln. »Guten Abend, Cerryl.«
    »Guten Abend, Anya.«
    Er schloss langsam die Tür. Sie will nicht, dass ich sie selbst, Fydel oder sonst jemanden vorschlage. Aber warum spielt meine Meinung überhaupt eine Rolle? Als er sich wieder setzte, kam ihm ein Gedanke und er nickte. Die Botschaft war deutlich genug gewesen: Schlage niemanden mit großen Chaos-Kräften für das Amt des Obermagiers vor.
    Cerryl stand auf. Nur gut, dass er Leyladin im Goldenen Widder treffen würde.
    Als er sich rasiert, gewaschen und umgezogen hatte, sammelte er sich noch einen Augenblick, trat in den leeren Flur hinaus und fürchtete schon fast, Anya werde sich gleich wieder auf ihn stürzen wie ein hungriger Raubvogel. Er lächelte bei sich und schloss die Tür.
    Ein paar Augenblicke später ging er über den Innenhof und am Springbrunnen vorbei. Er genoss den frischen Wind, der kräftig genug war, um ihn zu kühlen, aber nicht so schneidend, dass er fröstelte.
    »Cerryl?«
    Der junge Magier drehte sich um. Fydel stand im Zwielicht des frühen Abends am Springbrunnen, neben ihm perlte das Wasser ins runde Granitbecken.
    »Wie gefällt es Euch bei der Stadtwache?«, fragte der Magier mit dem eckigen Bart.
    »Bis jetzt eigentlich ganz gut. Besser als bei der Wache am Tor.« Cerryl lachte. »Ich kenne mich mit Waffen nicht so gut aus wie Ihr oder Eliasar. Wollt Ihr mit Jeslek wieder nach Gallos?«
    »Jeslek hat nichts darüber verlauten lassen, dass er dorthin will. Wo habt Ihr das gehört?«
    »Ich habe überhaupt nichts gehört«, gab Cerryl zu. »Es war nur eine Vermutung, aber nach allem, was ich gesehen habe, als ich mit Euch dort war, nehme ich an, dass sich der neue Präfekt auch von Jesleks neu geschaffenen Bergen nicht wird beeindrucken lassen, so dass er nachgibt und endlich Straßenzölle und Gebühren kassiert.«
    »Mag sein«, antwortete Fydel kopfschüttelnd, »aber der Erzmagier hat noch nichts dergleichen gesagt, und ich halte mich lieber damit zurück, öffentlich über seine Pläne zu spekulieren.« Fydels Augen waren unter den buschigen Augenbrauen kaum zu erkennen.
    »Ich habe mir nur meine Gedanken gemacht.«
    »Jeslek hält viel von Euren Fähigkeiten.«
    Cerryl bemerkte durchaus, dass der ältere Magier das letzte Wort ein wenig betont hatte. »Im Vergleich zu seinen sind meine Fähigkeiten eher bescheiden.«
    »Auch das weiß er. Deshalb schenkt er auch Euch unter allen jüngeren Magiern die größte Beachtung.«
    Cerryl verkniff sich einen Kommentar zu Fydels Lüge. Es war eine derart offensichtliche Verdrehung des Chaos gewesen, dass praktisch jeder Magier es bemerkt hätte. »Er hält große Stücke auf Euch.«
    »Ich bemühe mich, ihm nach Kräften zu dienen.« Fydel nickte

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