Die Farm am Eukalyptushain
wuschsie alles Blut ab, ehe sie Catriona in ein großes Handtuch wickelte und sie zu sich ins Bett trug.
Zusammengeschmiegt lagen sie unter der Decke und hielten einander fest in den Armen, zitternd unter dem Schock dessen, was sich zugetragen hatte. Kanes Bild, der zerschlagene, blutige Leichnam im anderen Zimmer, ging ihnen nicht aus dem Sinn.
Velda starrte ins Dunkel, überwältigt von der rasenden Wut und der Kraft, die sie in sich gefunden hatte. Was sie da getan hatte und die Brutalität, mit der sie ihn bestraft hatte – es hatte sie an den Rand des Wahnsinns getrieben. Mühsam kämpfte sie den Wirbel von Empfindungen nieder, der sie durchflutete. Sie musste jetzt kühl und unbeteiligt sein, um Catrionas willen stark und entschlossen. Der Leichnam musste fortgeschafft und versteckt werden.
Catriona kam irgendwann zur Ruhe; sie atmete gleichmäßiger und tiefer, und sie schlief ein. Velda zog den Arm unter ihr hervor und glitt aus dem Bett. Trotz der alles durchdringenden Schwüle stand sie fröstelnd im Dunkeln.
Sie zog einen dicken Pullover über ihr blutbeschmiertes Nachthemd und stieg in ein altes Paar Schuhe. Dann warf sie einen Blick zum Bett: Hoffentlich würde Catriona schlafen, bis alles vorüber wäre. Auf Zehenspitzen verließ sie das Zimmer.
Die Lampe brannte noch, und die flackernden Schatten ließen die Szenerie noch makabrer erscheinen. Sie schloss die Augen und holte tief Luft, und ehe sie Zeit hatte, darüber nachzudenken, was sie tat, bedeckte sie ihn mit einer Wolldecke und wickelte ihn in die blutigen Laken. Jetzt, da sie ihn nicht mehr sehen konnte, war es leichter. Sie packte ihn bei den Füßen und zog, und mit einem übelkeiterregenden dumpfen Schlag fiel er vom Bett auf den Boden. Der Blutgeruch ließ sie würgen, und sie musste kurz innehalten, um ihre Fassung wieder zu finden. Sie musste zu Ende bringen, was sie angefangen hatte.
Sie keuchte, und kalter Schweiß durchtränkte ihr Nachthemd,als sie ihre Last durch das Zimmer schleifte. Sie würde die ganze Nacht brauchen, um ihn die Treppe hinunter und in den Garten zu schaffen. Hatte sie die Kraft dazu? Würde der seidene Faden, der sie mit der Realität verband, lange genug halten, um ihn zu begraben? Sie wusste es nicht. Sie musste einfach weiterarbeiten.
»Lass mich helfen, Mam.« Catriona stand neben ihr in einem dicken Pullover, den sie aus Veldas Kleiderschrank geholt hatte. Sie war aschfahl, aber ihr Gesicht zeigte kalte Entschlossenheit.
Velda schrie bestürzt auf. »Geh wieder ins Bett!«, befahl sie. »Du solltest nicht hier sein.«
Catriona schüttelte den Kopf. Wortlos packte sie zwei Ecken des Lakens und verknotete sie. »Nimm du die Füße«, sagte sie leise. »Zu zweit geht es leichter.«
Velda bemerkte den Mut und die Reife, die ihre Tochter in diesem Unglück gefunden hatte. Sie nickte, und zusammen plagten sie sich mit ihrer Last die Treppe hinunter. Die Stille im Hotel umschloss sie, als sie durch die Halle zur Tür stolperten. Sie ruhten sich einen Augenblick lang aus, und ihr Keuchen klang laut.
»Wir müssen ihn begraben«, sagte Catriona und betrachtete das Bündel. »Dimitris Schuppen ist der beste Platz dafür. Da geht nie jemand hin.«
Velda nickte fröstelnd. Catriona hatte anscheinend das Kommando übernommen, und zwar mit einer Umsicht, die weit über ihre jungen Jahre hinausging, und auch wenn es ihr nicht richtig vorkam, war sie froh, dass jemand anderes die Entscheidungen traf. Sie verlor allmählich jedes Realitätsgefühl, je länger dieser Alptraum dauerte, und sie fragte sich, wann sie endgültig den Verstand verlieren würde.
Sie schleppten ihre Last weiter, und sie wurde immer schwerer. Der Regen prasselte herab, und der Kies unter ihren Füßen war schlüpfrig und glatt. Der Rasen war aufgeweicht, und Schlamm klebte an ihren Schuhen, als sie auf die hintere Ecke des Gartens zutaumelten, wo sich der Schuppen düster zwischen den Bäumenerhob. Der Himmel wurde langsam heller, aber die Morgendämmerung vermochte wenig gegen die dicken schwarzen Wolken.
Catriona wühlte den Schlüssel unter dem Stein hervor und öffnete die Tür, und sie zerrten den Leichnam hinein. Catriona zündete eine Lampe an. »Ich muss in den Gärtnerschuppen gehen und einen Spaten holen.«
»Lass mich nicht allein«, rief Velda schrill vor Angst.
»Aber es muss sein, Mam.« Catriona war ruhig – zu ruhig. Sie sprach gleichmütig und emotionslos. »Schieb du den Tisch zur Seite und mach dort in der Ecke
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