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Die Feuer von Troia

Die Feuer von Troia

Titel: Die Feuer von Troia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Verstohlen hatte ich allerdings auch ein Schwert und ein Schild dazugelegt. Während die anderen Mädchen sich über all die hübschen Dinge freuten, griff Achilleus sofort nach dem Schwert, und daraufhin nahm ich ihn natürlich mit. «
    Kassandra lachte. »Gut gemacht, Odysseus«, sagte sie, »aber mit dieser Prüfung konntest du nicht ganz sicher sein. Auch ich habe Waffen getragen. Ich war bei den Amazonen, und wenn ich unter den Töchtern des Königs gewesen wäre, hätte ich dasselbe getan wie Achilleus. Man muß nicht unbedingt ein Held sein, um das Geschwätz der Frauen unerträglich zu finden.«
    Achilleus lachte bitter.
    »Penthesilea hat einmal gesagt«, fuhr Kassandra fort, »daß nur jemand, der den Krieg haßt und fürchtet, klug genug ist, ihn zu führen. «
    »Eine Frau«, schnaubte Achilleus verächtlich. »Was weiß eine Frau schon vom Krieg!«
    »Soviel wie du«, erwiderte Kassandra. 
    Aber Odysseus sah sie verdrießlich an und fragte: »Wirst du uns helfen, Kassandra?«
    »Mit Freuden«, versicherte sie. »Ich werde meinem Vater euren Besuch ankündigen, damit er euch heute abend empfängt.«
    »Du bist ein gutes Mädchen«, sagte Odysseus, umarmte Kassandra, und sie drückte dem alten Mann einen Kuß auf die ledrige Wange. Von ihrer Kühnheit leicht überrascht, murmelte sie: »Nun ja, du hast gesagt, du seist mein Onkel - also erwartet man das von mir. « 
    Patroklos lachte leise: »Wenn du mich so küßt, Kassandra, bin ich auch dein Onkel.«
    Achilleus sah sie finster an, und Kassandra errötete. Sie sagte: »Odysseus ist ein alter Freund. Ich kannte ihn schon als kleines Mädchen. Ich küsse keinen Mann, der jünger ist als mein Vater.« 
    Odysseus wies ihn zurecht: »Vergiß es, Patroklos. Sie ist eine Jungfrau des Apollon. Ich kenne dich, wenn du ihren Bruder Paris siehst, wirst du sie vergessen. Sie sehen sich so ähnlich wie zwei Vögel auf einem Ast.«
    »Ein Mann von ihrer Schönheit? Das möchte ich sehen«, sagte Patroklos.
    Achilleus sagte zornig: »Ach, ist das  dieser  Paris? Der schöne Feigling?«
    »Paris - ein Feigling?« fragte Kassandra.
    »Ich habe ihn gestern auf der Mauer gesehen, als Odysseus mich mit meinen Soldaten an Land setzte«, erwiderte Achilleus, »ehe ich mich nachts zu Odysseus in seinem Versteck schlich. Und ich habe sofort gesagt: >Die Troianer sind Feiglinge. Sie stehen wie Frauen auf der Mauer und schießen mit Pfeilen, damit sie nicht in Reichweite unserer Schwerter kommen müssen. <«
    Kassandra fiel keine andere Antwort ein als: »Der Bogen ist die Waffe Apollons.«
    »Trotzdem ist es die Waffe eines Feiglings«, sagte Achilleus, und Kassandra dachte:  So sieht er die Welt. Er sieht sie nur in Hinblick auf Kampf und Ehre. Wenn er lange genug lebt, wird er vielleicht darüber hinauswachsen. Aber Männer, für die die Welt nichts anderes ist, leben nicht lange genug, um etwas zu lernen. Im Grunde ist es ein Jammer. Vielleicht geht es der Welt ohne solche Männer besser.
    Die Besucher warteten darauf, daß Kassandra etwas sagte. Sie riet ihnen, sich in der Hitze des Tages verborgen zu halten; dann werde sie die drei im Schutz der Dunkelheit in den Palast des Priamos führen.
    »Das geht mir gegen den Strich«, rief Achilleus. »Ich soll mich verkleidet durch die Stadt schleichen? Ich fürchte mich weder vor den Troianern noch vor all den Söhnen und Soldaten des Priamos. Ich werde mir den Weg zum Palast und zurück erkämpfen.«
    »Kleiner Dummkopf«, sagte Patroklos liebevoll und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Niemand zweifelt an deinem Mut. Aber warum willst du dich damit aufhalten, wenn die große Schlacht vor dir liegt, wo du jeden oder alle Führer aus dem Heer des Priamos herausfordern kannst? Du kannst noch genug kämpfen, Achilleus. Sei nicht so ungeduldig.« Er lächelte und drückte seinen Freund begütigend an sich.
    Kann das der größte aller Krieger sein? dachte Kassandra. Ein Kind, das auf sein neues Spielzeug - ein Schwert und eine glänzende Rüstung - stolz ist?
    Und hängt das Überleben Troias und unserer Welt von diesem verzogenen Kind ab?
    Kassandra ermahnte die Männer, das Zimmer nicht zu verlassen, und eilte davon. Inzwischen stand die Sonne hoch am Himmel. Sie zog das Schultertuch über den Kopf und ging hinunter zum Palast. Sie hatte ihren Vater nur sehr selten freiwillig aufgesucht, und sie konnte die Gelegenheiten, an denen sie mit ihm allein zusammengewesen war, an den Fingern einer Hand abzahlen.
    Odysseus würde

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