Die Flammende
nirgendwo vor ihm verstecken konnte.
»Knie dich hin«, sagte Archer neben ihr, aber es war unnötig, denn sie fiel auf beide Knie.
Und dann schlug das Tor zu. Das weiÃe Licht des Lagerfeuers wurde ausgesperrt und alles leuchtete gelb im Licht der Fackeln des Innenhofs. Und der Mann auf dem Pferd starrte sie immer noch hasserfüllt an, aber jetzt, wo die Schatten verschwunden waren, war es nicht länger Cansrels Hass. Seine Haare waren dunkel, seine Augen waren hell und Fire sah, dass er nichts weiter war als ein normaler Mann.
Sie zitterte vor Kälte. Und jetzt erkannte sie natürlich seine schwarze Stute und seinen gut aussehenden Bruder und den Rotschimmel seines gut aussehenden Bruders. Nicht Nax und Cansrel, sondern Nash und Brigan. Sie saÃen ab und standen streitend neben ihren Pferden. Fire zitterte so sehr, dass ihre Worte nur langsam zu ihr durchdrangen. Brigan sagte etwas darüber, dass er jemanden den Greifvögeln zum Fraà vorwerfen wollte. Nash erwiderte, dass er der König sei und die Entscheidungen treffe und dass er eine Frau, die so aussah, keinesfalls irgendwelchen Greifvögeln vorwerfen würde.
Archer hatte sich über Fire gebeugt, nahm ihr Gesicht in seine Hände und sagte immer wieder ihren Namen. Er wandte sich mit fester Stimme an die streitenden Brüder. Dann hob er Fire auf seine Arme und trug sie aus dem Hof.
Das war Fire nicht neu: Ihr Verstand beging manchmal Fehler, aber der eigentliche Verräter war ihr Körper.
Archer legte sie auf ihr Bett und setzte sich neben sie. Er nahm ihre kalten Hände und rieb sie zwischen seinen. Langsam lieà das Zittern nach.
Sie hörte das Echo seiner Stimme in ihrem Kopf. Stück für Stück setzte sie zusammen, was Archer dem König und dem Prinzen gesagt hatte, bevor er sie hochgehoben und weggetragen hatte: »Wenn Sie sie den Greifvögeln zum Fraà vorwerfen, müssen Sie dasselbe mit mir tun.«
Sie nahm seine Hände und hielt sie fest.
»Was ist da drauÃen mit dir geschehen?«, fragte er ruhig.
Was war mit ihr geschehen?
Sie begegnete seinem sorgenvollen Blick.
Sie würde es ihm später erklären. Jetzt gab es etwas anderes, das sie ihm vermitteln wollte, etwas, das sie unbedingt von ihrem lebendigen Freund musste. Sie zog an seinen Händen.
Archer verstand immer schnell. Er beugte sich über sie und küsste sie. Als Fire nach seinem Hemd griff, um es aufzuknöpfen, hielt er ihre Finger fest und sagte, sie solle ihren Arm ausruhen und ihn das machen lassen.
Sie nahm seine GroÃzügigkeit gerne an.
AnschlieÃend führten sie ein geflüstertes Gespräch.
»Als er in den Hof geritten kam«, erklärte sie, ihm zugewandt auf der Seite liegend, »dachte ich, er wäre mein wiederauferstandener Vater.«
Auf Archers Gesicht spiegelte sich Entsetzen und dann Verständnis. Er fuhr ihr mit den Fingern durchs Haar. »Oh, Fire. Kein Wunder. Aber Nash ist überhaupt nicht wie Cansrel.«
»Nicht Nash. Brigan.«
»Brigan erst recht nicht.«
»Es war das Licht«, sagte sie. »Und der Hass in seinen Augen.«
Er berührte sanft ihr Gesicht und ihre Schulter, wobei er sorgsam darauf achtete, nicht an ihren verbundenen Arm zu stoÃen. Er küsste sie. »Cansrel ist tot. Er kann dir nichts anhaben.«
Die Worte blieben ihr im Hals stecken; sie konnte sie nicht laut aussprechen. Sie sagte sie ihm in Gedanken. Er war mein Vater.
Sein Arm umfasste sie und hielt sie fest. Sie schloss die Augen und begrub ihre Gedanken, bis es nichts mehr gab als Archers Geruch und seine Berührung auf ihrem Gesicht und ihren Brüsten, ihrem Bauch, ihrem Körper. Archer schob ihre Erinnerungen weg.
»Bleib hier bei mir«, sagte er irgendwann später schläfrig, den Arm immer noch um sie geschlungen. »Allein bist du nicht sicher.«
Wie seltsam, dass sein Körper sie so gut verstand; dass sein Herz sie so gut verstand, wenn es um die Wahrheit über Cansrel ging; aber dass die einfachsten Dinge nie bis zu ihm durchdrangen. Er hätte nichts sagen können, was sie eher zum Gehen veranlasst hätte.
Um ehrlich zu sein, wäre sie allerdings ohnehin gegangen.
Aus Liebe zu ihrem Freund wartete sie, bis er eingeschlafen war.
Fire wollte keinen Streit; sie wollte nur die Sterne betrachten, damit sie müde würde und später traumlos schlafen konnte. Um sie sehen zu können, musste sie ein
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