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Die Flucht

Titel: Die Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Ness
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Sie sucht meinen Blick, etwas in ihrem Gesicht verändert sich, aber wer weiß schon, was das heißt, aber als das Pferd auf sie zurast, wirbelt sie herum und verschwindet im Unterholz,und Manchee rennt zu mir zurück und bellt: »Todd! Todd!«, aber ich bin gefangen, gefangen, gefangen.
    Denn Prentiss junior ist über mir, keuchend, hoch auf seinem weißen Pferd sitzend, die Waffe entsichert und auf mich gerichtet. Ich weiß, was los ist. Er hat ein Seil nach mir geworfen, ein Seil mit Gewichten an jedem Ende, hat genau auf meine Beine gezielt. Die Gewichte haben sich um meine Beine gewickelt und mich gefesselt; das war gekonnt, so wie es die Jäger mit dem Sumpfwild machen. Jetzt liege ich bäuchlings im Schlamm, gefangen wie ein Stück Vieh.
    »Mein Vater wird sich bestimmt freuen, dich wiederzusehen«, sagt er, während sein Pferd nervös auf der Stelle tänzelt. Ich höre, wie es Regen denkt und Ist das eine Schlange?
    »Eigentlich wollte ich mich nur mal umhören, ob irgendwelche Gerüchte über dich kursieren«, sagt Prentiss junior hämisch. »Und dann erwische ich dich leibhaftig.«
    »Du bist ein Haufen ...«, sage ich, und du kannst Gift drauf nehmen, dass ich auch noch gesagt habe, was für ein Haufen er ist.
    Ich halte das Messer noch immer in der Hand.
    »Aus lauter Angst vor deinem Messer zittere ich wie Espenlaub«, sagt er und hält mir sein Gewehr vors Gesicht, dass ich in den Lauf blicken kann. »Wirf das Ding weg!«
    Ich strecke den Arm aus und lasse das Messer los. Es fällt in den Schlamm, ich liege noch immer auf dem Bauch.
    »Deine kleine Freundin hat dir ja nicht gerade die Treue gehalten, was?« Prentiss junior springt vom Pferd und beruhigt es mit der freien Hand. Manchee knurrt, aber Prentiss junior lacht einfach darüber. »Was ist denn mit seinem Schwanz passiert?«
    Manchee fletscht die Zähne und springt ihn an, aber Prentiss junior ist schneller, er tritt ihm mit dem Stiefel in die Schnauze. Manchee jault auf vor Schmerzen und verkriecht sich im Gebüsch.
    »Wo du auch hinschaust, überall lassen dich deine Freunde im Stich, Todd.« Er kommt auf mich zu. »Aber du hast hoffentlich eines daraus gelernt: Hunde sind Hunde und Frauen sind auch nicht besser.«
    »Halt die Fresse!«, stoße ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
    Sein Lärm ist voll geheuchelter Anteilnahme und Schadenfreude. »Armer, armer, kleiner Todd. Ist die ganze Zeit mit einer Frau unterwegs, und ich schätze, du hast noch nicht rausgekriegt, was man mit so einer anfängt.«
    »Hör auf, dir das Maul zu zerreißen.« Ich liege noch immer auf dem Bauch, meine Beine sind noch immer gefesselt.
    Aber ich merke, dass ich meine Knie anwinkeln kann.
    Sein Lärm wird widerlicher, lauter, aber sein Gesicht bleibt so ausdruckslos wie die Fratze in einem Albtraum. »Ich gebe dir einen guten Rat, Todd«, sagt er und kauert sich neben mich. »Halte dich an die Weiber, die Huren sind, und knall die anderen ab, die keine sind.«
    Er beugt sich näher zu mir. Ich sehe den kläglichen Flaum auf seiner Oberlippe, den nicht einmal das Regenwasser so dunkel machen kann, dass man ihn für einen Bart hält. Nur zwei Jahre ist Junior älter als ich. Nur zwei Jahre größer.
    Schlange? , denkt das Pferd.
    Ich lege die Hände langsam auf den Boden, drücke sie in den schlammigen Untergrund.
    »Wenn ich dich gefesselt habe«, raunt er höhnisch, »werdeich deine kleine Freundin suchen, und dann finde ich für dich heraus, zu welcher Sorte Weib sie gehört.«
    Genau in diesem Moment springe ich auf.
    Ich stoße mich mit den Händen ab, schnelle nach vorn, ziele direkt auf sein Gesicht. Mein Schädel kracht gegen seine Nase, er stürzt nach hinten, ich komme auf ihm zu liegen. Mit beiden Fäusten schlage ich ihm ins Gesicht, so fest ich kann, während er noch viel zu verdutzt ist, um zu reagieren, und dann ramme ich ihm mein Knie zwischen die Beine, dorthin, wo es einem Mann am meisten wehtut.
    Er krümmt sich wie ein Wurm, stößt einen dumpfen Zornesschrei aus, aber ich rolle mich von ihm weg, dorthin, wo mein Messer liegt, ich hebe es auf, komme auf die Beine, versetze seinem Gewehr einen Fußtritt und springe vor das Pferd, das »Schlange! Schlange!« wiehert, und fuchtle mit den Armen. Das zeigt sofort Wirkung: Das Pferd macht kehrt und jagt den Weg zurück, entsetzlich wiehernd, reiterlos, im strömenden Regen.
    Ich schaue mich um, und – wumm! – schlägt mir Prentiss Junior mit der Faust auf den Nasenrücken. Aber ich stürze

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