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Die Flüchtlinge des roten Mondes

Die Flüchtlinge des roten Mondes

Titel: Die Flüchtlinge des roten Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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in seiner Weisheit bemerkt“, brummte Aratak in Kharam-Sprache, „daß in bestimmten Angelegenheiten das Ungeschlüpfte mit einer Klugheit reden kann, die die Älteren bereits vergessen haben. Speermeister, wir wollen Euch nichts zuleide tun und auch sonst niemandem von Eurer Welt. Ich bedaure mehr als ich sagen kann, daß Dane gezwungen war, Euch zu verletzen. Ich wollte, zwischen uns würde Freundschaft herrschen.“
    „Aber es gab immer Freundschaft zwischen uns“, entgegnete Rhomda überrascht, „daher fürchtete ich, meiner Pflicht nicht genügen zu können. Bis ich die Botschaft erhielt von denen, die zu ehren ich verschworen bin …“ – er machte eine merkwürdige rituelle Geste – „… habe ich euch alle gut leiden gemocht und habe in dem Schwertkämpfer einen meiner Art erkannt.“
    Dane hielt mit der gesunden Hand ein Stück Fleisch, versuchte mit den Zähnen ein Stück abzureißen und dachte dabei: Das war ja ein doppelter Punkt für mich, Kerlchen! Er wußte, daß er seit langer Zeit keine so sympathische Person wie Rhomda getroffen hatte. Die Worte des Speermeisters hatten ihn sehr erleichtert.
    „Hättet Ihr dann nicht lieber“, fragte Aratak Rhomda und kauerte sich neben ihn, „diese Jagd anderen überlassen und nach Feinden Ausschau halten sollen, gegen die Ihr auch persönlich Vorbehalte habt?“
    Rhomda zuckte die Achseln. „Warum sollten wir unsere Feinde hassen? Persönliche Vorlieben und Abneigungen sind keine zureichenden Gründe, wenn man bei wichtigen Angelegenheiten einen Standpunkt einnimmt. Häufig sind triviale Dinge ausschlaggebend für Vorlieben und Abneigungen: Kleidung oder Auftreten, Sprachverhalten oder eine vermeintliche Ähnlichkeit mit jemandem, den wir mit Grund lieben oder ablehnen. Oftmals müssen wir mit Personen zusammenarbeiten, die wir nicht mögen – und wie es mit unseren Verbündeten ist so ist es auch mit unseren Widersachern. Wir müssen die Ziele unserer Feinde bekämpfen, nicht die Personen. Denn wir können eine andere Person niemals so erkennen, wie sie wirklich ist, sondern nur, wie sie uns erscheint, und da wir sie nur durch den Dschungel unserer eigenen Gewohnheiten und Vorurteile wahrnehmen können, wie können wir uns ein moralisches Urteil über sie bilden?“
    „Aber wenn ein Wesen soviel mit Euch gemeinsam hat, daß Ihr es bewundert“, entgegnete Aratak, „wie können seine Ziele dann so unterschiedlich von den Euren sein, um sich in einen Kampf auf Leben oder Tod einlassen zu können? Sind nicht zwangsläufig die Ziele von ähnlichen Personen kongruent, wenn nicht identisch?“
    Dane starrte erstaunt und zu einem gewissen Grade belustigt auf dieses Spektakel, das der Anka’an-Speermeister und der große Protosaurier in ein philosophisches Argument vertieft zeigte.
    „Ich kann die Rasha bewundern, Ehrwürdiger, aber ich habe nicht den Wunsch, von ihr verspeist zu werden“, sagte Rhomda mit einer Miene, als wolle er den Disput beenden. „Nein, Sir, Ihr müßt den anderen ihr Anderssein belassen, wie es der Heilige A’assioo so klug bemerkt hat. Wie sonst könnten Menschen und Erste Wesen je über Kleinigkeiten Übereinstimmung erzielen? Wie könnten auch nur Männer und Frauen jemals in Harmonie miteinander leben? Man kann eine andere Person nicht mit den eigenen Maßstäben messen. Eine Person, die man mag, ja sogar eine, die man liebt, kann Ziele und Bedürfnisse haben, die sich stark von den eigenen unterscheiden, ebenso wie jemand, den man mit Grund ablehnt, auf seine Weise sich bemühen kann, die eigenen Ziele zu verfolgen. Wart Ihr nicht in der Tat gewillt, Euch mit diesen Kräften dort zu verbünden?“ Er wies auf die Leiche des Kirgon hin, von der alles Licht geschwunden war. „Zumindest für eine Weile, auf ein gemeinsames Ziel zu?“ Er begann, das Harlikfleisch mit dem Messer in kleinere Stücke zu zerteilen und streckte Dane eines entgegen. „Hier, mein Freund, mit Eurer verletzten Hand werdet Ihr sonst Schwierigkeiten haben. Zumindest meine Hände sind unverletzt.“
    Als Dane den Fleischstreifen entgegennahm, fragte Dravash ruhig: „Was werden. wir mit ihm anfangen? Wir können ihn nicht hier den Rashas überlassen, und in diesem Zustand kann er nicht einmal aus der Schlucht herausklettern.“
    „Wir werden ihn tragen müssen“, meinte Dane. „Irgendwo wird es ein Dorf geben, wo wir ihn zurücklassen können. Ich bin dafür verantwortlich, daß er nun verkrüppelt ist. Er ist ein mutiger, anständiger Mensch. Ich

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