Die Formel der Macht
hätte.
Summer blieb mitten auf dem Bürgersteig stehen. “Joe hat mich nie gefragt, ob ich ihn heiraten will”, sagte sie. “Er hat mir von seiner Beziehung mit Tony erzählt, um mir zu erklären, warum er … warum es mit uns im …” Sie verhaspelte sich, atmete tief durch und versuchte sich erneut an einer Erklärung.
“Duncan, ich bin nicht bereit, darüber zu reden. Es gibt keinen ersichtlichen Grund, warum ich mit dir über Joes Sexualleben sprechen sollte oder meine Beziehung zu ihm.”
“Doch, es gibt einen. Ich liebe dich, Summer. Ich liebe dich seit Jahren. Aber ich will nicht der Kerl sein, mit dem du ins Bett gehst, nur weil du Sex brauchst und dir der Mann, den du liebst, nicht geben kann, was du brauchst.”
Sie starrte ihn entsetzt an. “Das, denkst du also, ist passiert? Dass ich emotional auf Joe festgelegt bin, aber dass ich von meinem Sexualtrieb überwältigt wurde und deshalb mit dir ins Bett gehüpft bin?”
Er knirschte mit den Zähnen. “Es klingt plausibel. Unter diesen Umständen.”
“Nicht, wenn du mich auch nur ein kleines bisschen kennen würdest!”, rief sie empört aus.
“Wenn ich dich nicht kenne, dann nur deswegen, weil du dir ziemlich viel Mühe gibst, dass es nicht dazu kommt. Es ist leichter, einen Einblick in Donald Ducks Liebesleben zu bekommen, als etwas über deine Gefühle zu erfahren.”
“Das ist lächerlich! Ich habe aus meinen Gefühlen nie einen Hehl …” Summer unterbrach sich wieder, und als sie erneut das Wort ergriff, klang sie schon viel ruhiger. “Du hast recht. Es fällt mir nicht leicht, über meine Gefühle zu sprechen.” Sie verschränkte die Arme vor der Brust und marschierte weiter.
“Das ist alles?” Er holte sie ein und drehte sie zu sich herum. “Mehr willst du mir nicht über deine Gefühle sagen?”
“Ich habe nicht mit dir geschlafen, weil Joe nicht mit mir schlafen konnte”, sagte sie durch zusammengebissene Zähne. “So, bist du jetzt zufrieden?”
“Nicht im Geringsten. Warum hast du dann mit mir geschlafen, Summer?”
“Weil ich … weil ich dich wollte.” Sie holte zitternd Atem. “Weil ich gemerkt habe, dass ich … dass ich gern mit dir zusammen bin.”
Es war mehr, als er zu hören erwartet hatte, aber weniger, als er hören wollte. Zwei der Knoten in seinem Magen lösten sich. Er umrahmte ihr Gesicht mit den Händen und küsste sie leicht auf den Mund. “Ich bin auch gern mit dir zusammen.”
Ihr Lächeln war ein bisschen unsicher. “Auch wenn ich nerve?”
“Vor allem dann.” Er grinste. “Es ist eine so vertraute Rolle bei dir, dass ich sie fast lieb gewonnen habe.”
Sie schaute ihn finster an, dann lachte sie. “Wenn das eine Kostprobe deines diplomatischen Geschicks sein soll, dann verstehe ich nicht, warum sie dich nicht schon vor Jahren beim Außenministerium gefeuert haben.”
“Diplomaten sind nicht dazu da, Süßholz zu raspeln”, sagte er. “Das ist eine Fehlinterpretation.”
“Aber zumindest sollten sie taktvoll sein.”
Er überlegte einen Moment, dann schüttelte er den Kopf. “Nicht einmal das. Unser Job ist es, fremde Kulturen zu verstehen, damit wir herausfinden, was die andere Seite wirklich will. Egal, ob es um Geschäftsbeziehungen oder Friedensverhandlungen geht, das Wichtigste ist immer, zu wissen, was auf dem Spiel steht. Für die andere Seite ebenso wie für uns.”
Er sprach leicht dahin, aber Summer war sensibel genug, um die unterschwellige Frustration aus seinen Worten herauszuhören. “Dir muss es wirklich zum Hals raushängen, dass so viele Leute glauben, ein Diplomat wäre einfach nur ein aalglatter Bursche, der weiß, wie man sich auf Cocktailpartys benimmt”, sagte sie.
Er schaute sie an. “Ja, das kann frustrierend sein. Es kommt darauf an, wie viel dir an der Person liegt, die dich falsch einschätzt.”
Sie drückte seine Hand, bevor sie in ihre Hosentasche fasste und Joes Brief herauszog. “Okay, dann lass uns dein diplomatisches Geschick jetzt mal nutzen, um diese jüngste Botschaft von Joe zu interpretieren. Was steht hier wirklich auf dem Spiel und was will er von uns?” Sie riss den Umschlag auf und zog ein einzelnes Blatt Millimeterpapier heraus, das mit Symbolen und Gleichungen bedeckt war. Sie starrte es mit vor Konzentration gerunzelter Stirn an.
Duncan schaute mit neu erwachtem Interesse auf die Zahlen und Symbole, aber immer noch, ohne irgendetwas zu begreifen. “Ich würde sagen, es ist alles Griechisch für mich, außer dass
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