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Die Frau am Tor (German Edition)

Die Frau am Tor (German Edition)

Titel: Die Frau am Tor (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Worthmann
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größtmöglicher Kaltblütigkeit setzte er hinzu:
    „ Hau ab, hau einfach ab!“
    “ Nein, nein, nein”, kam es von ihr zurück, immer noch fast tonlos, “so einfach geht das nicht. Du kannst nicht so tun, als ginge dich das alles nichts mehr an. Das hättest du wohl gern. Aber wenn du meinst, du könntest mich einfach abservieren, dann hast du dich geirrt. Du steckst da genau so mit drin.”
    “ Hör auf, ja?”, sagte er barsch. “Ich habe dir ein Mal geholfen, und das war schon ein Mal zuviel. Und jetzt lass mich, verdammt noch mal, endlich in Frieden! Ich weiß wirklich nicht, was du immer noch von mir willst.”
    “ Was ich von dir will? Das fragst du? Ich will, dass du nicht länger so tust, als gäbe es mich gar nicht. Du lässt mich einfach allein mit meinen Problemen und kümmerst dich nicht mehr um mich. Eine zeitlang habe ich tatsächlich geglaubt, ich könnte mich auf dich verlassen, könnte dir vertrauen, aber genau in dem Moment, wo ich dich am meisten brauche, lässt du mich einfach hängen, gehst einfach weg, schaltest das Telefon ab – und ich, ich sitze da und habe niemanden, der sich um mich und meine Sorgen kümmert.”
    Sie kam ihm noch näher, fasste ihn bei den Jackenaufschlägen und versuchte ihn an sich zu ziehen. Er wollte sie abwehren und konnte doch nicht verhindern, dass seine Bewegung mittendrin erlahmte.
    “ Was willst du von mir?”, fragte er erneut. “Weshalb wartest du hier mitten in der Nacht auf mich?”
    “ Du musst mir noch einmal helfen”, antwortete sie, jetzt beschwörend, mit veränderter, schwankender Stimme. “Bitte! Ich bitte dich darum, hilf mir. Mein Gott, du bist der einzige Mensch auf der ganzen Welt, den ich um Hilfe bitten kann. Ich habe doch sonst niemanden.”
    Sie barg ihr Gesicht an seiner Schulter und legte die Hände um ihn, und er tat nichts dagegen, obschon sein Verstand ihm sagte, dass er alles dagegen hätte tun müssen.
    “ Komm”, drängte sie, “komm mit. Steig zu mir ein und komm mit zu mir. Es ist wichtig, ich weiß einfach nicht mehr aus noch ein. Du musst mir helfen, nur dieses eine Mal noch, bitte!”
    “ Und wenn ich es nicht tue?”
    “ Du wirst es tun, glaube mir, schon deswegen, weil es auch in deinem eigenen Interesse ist.”
    Die Drohung, die darin lag, war unüberhörbar, was ihm allerdings in diesen Sekunden nicht voll bewusst wurde. Er dachte nur daran, wie er vermeiden könnte, dass sie ihm wieder eine ihrer Szenen machte und womöglich das ganze Haus wach klingelte mit dem Ergebnis, dass es ein großes Spektakel gab und am Ende irgendjemand noch die Polizei rief.

20.
    Sie ließ ihn zuerst aussteigen. Dann setzte sie ihren Wagen rückwärts in die Einfahrt, öffnete die Garage, rangierte ihn hinein und drückte das Tor hinunter.
    “ Komm”, sagte sie wieder und zog ihn am Arm mit. Nachdem er zu ihr ins Auto gestiegen war, hatten sie auf der Fahrt kein Wort mehr gewechselt.
    Sie ging ihm voraus, die Terrasse hinauf zur Haustür. Er musste wider seinen Willen daran denken, wie sie schon einmal - vor ewiger Zeit, wie ihm schien - nachts hier vor ihm hinaufgegangen war, nachdem sie ihn um Hilfe gebeten hatte, und er kam kurz ins Stolpern. Sie schloss die Haustür auf und machte Licht in der Diele und er folgte ihr langsam, während in seinem Kopf abwechselnd verschiedene Gedanken durcheinander stürzten, um dann wieder einer dumpf dröhnenden Leere Platz zu machen.
    Sie führte ihn in das gemütlichere der beiden Wohnzimmer, das mit dem Esstisch und den bequemen Sesseln, und schaltete auch dort das Licht an.
    “ Komm”, sagte sie noch einmal.
    Und dann sah er ihn dort sitzen.
    Er saß auf einem der Stühle am Tisch. Auf dem Tisch standen zwei Gläser und eine angebrochene Flasche Wein sowie ein Teller mit Canapees. Aber der Mann zeigte keinerlei Interesse an Essen oder Trinken und auch nicht daran, dass sich ihm zwei Menschen hinzugesellten. Er schien an überhaupt nichts interessiert zu sein, jedenfalls an nichts, was mit diesem Raum zu tun hatte, allenfalls an etwas, das sich in einem anderen unsichtbaren Raum abspielte. Doch das ließ sich höchstens vermuten. Sein Blick verriet nichts davon. Er war so starr wie der ganze Rest des Mannes, dessen schmaler, irgendwie kümmerlich wirkender Körper in einem beigefarbenen leichten Anzug steckte sowie in einem weißen Hemd, dessen obere beiden Knöpfe offen standen, sodass ein paar einzelne Brusthaare sichtbar waren, genau so dunkel wie die nach hinten gestriegelten Haare

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