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Die Frau des Apothekers - Sandmann, C: Frau des Apothekers

Die Frau des Apothekers - Sandmann, C: Frau des Apothekers

Titel: Die Frau des Apothekers - Sandmann, C: Frau des Apothekers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Sandmann
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Unterkiefer herabhing, sodass die untere Gesichtshälfte aus einem einzigen klaffenden Loch zu bestehen schien.
     Die Augen, schwarz umschattet, waren bereits tief in die Höhlen gesunken. In der Schläfe hatte eine Revolverkugel ein zackiges,
     von Ruß gesäumtes Loch hinterlassen.
    Zweifellos befand sich in diesem Raum die verderbliche Quelle, aus der Raoul Paquin getrunken hatte. Die Regale waren gefüllt
     mit Schatullen von derselben Machart wie die aus Raouls Thesaurus und mit bemalten Blechdosen. Amy öffnete neugierig die Büchsen
     eine nach der anderen. Sie enthielten große Mengen von Gewürzen, die einen scharfen exotischen Geruch ausströmten, aber auch
     verschiedene Pulver, die Amy lieber nicht anrührte. Auf einem Tisch mit einer hochempfindlichen Waage standen in säuberlichen
     Reihen Gestelle mit leeren Phiolen, in einer Schale daneben lagen zu Dutzenden die winzigen Stöpsel, in einer anderen die
     roten Bänder, die die Phiolen versiegelt hatten. Im Winkel standen in langer Reihe Flaschen mit stark aromatisiertem Branntwein.
     Ein Stapel von Papierscheiben lag zwischen diesen verräterischen Paraphernalia.
    Frederick wischte mit dem Finger über die Tischplatte. »Staub, jede Menge Staub. Hier war schon lange niemand mehr.«
    »Die Leute wissen, was hier passiert ist, und hüten sich davor, da in etwas mit reingezogen zu werden«, sagte der Wachmann.
     »Und wir verschwinden auch besser wieder. Ich werde Meldung machen, aber rauskommen wird nichts dabei.« Er habe, sagte er,
     schon mehrmals mit solchen Fällen zu tun gehabt und immer wieder die Erfahrung gemacht, dass Nachforschungen unter den Bewohnern
     des Gängeviertels, schon gar unter den Ausländern, an einer Mauer des Schweigens endeten. Leute, die plötzlich kein Wort Deutsch
     mehr verstanden, lächelten höflich zu allem, was man ihnen sagte, und schüttelten dann bedauernd den Kopf. Genauso würde es
     auch diesmal sein. Vor allem, weil die Triaden die Hand im Spiel hatten, jener chinesische Geheimbund, der alle Drogengeschäftekontrollierte. Sie agierten lautlos und brutal und wurden mehr gefürchtet als die italienische Mafia. Wer sich ihnen widersetzte,
     wurde gefesselt und erschossen. Niemand wagte es, gegen sie auszusagen.
    In aller Eile verließen sie das Gewölbe und kehrten unter dem Schutz des Wachmanns zurück in die Welt der sauberen Straßen
     und harmlosen Passanten. Sie machten sich auf den Weg zur Polizeidirektion im Stadthaus auf dem Neuen Wall.

5
    Als Polizeirat Wilhelm Heidegast in sein Amtszimmer im Polizeihauptquartier trat, wartete Louise Paquin bereits auf ihn. Wie
     auf heißen Kohlen saß sie auf der Bank im Vorzimmer, in Begleitung von Amy Harrington, Dr.   Thurner, Dr.   Taffert und Frederick Hansen, der eine mit Wachstuch bedeckte Kassette in Händen hielt.
    Heidegast seufzte. Er hätte gerne in Ruhe seinen Kaffee getrunken und ein Brötchen gegessen, aber die Witwe mit ihrem Anhang
     drängte sich auf seinen Fersen in das Amtszimmer. Es war offenkundig, dass ihm außer roher Gewalt kein Weg bleiben würde,
     sie wieder hinauszubefördern.
    Louise hielt sich nicht mit Höflichkeiten auf, sondern stützte sich mit beiden Händen auf den Schreibtisch und verkündete,
     wobei sie dem Polizeirat ins Gesicht blickte: »Ich habe die Beweise dabei! Sie werden nicht mehr an meiner Unschuld zweifeln.«
    Heidegast lehnte sich unbeeindruckt auf seinem ledergepolstertenStuhl zurück und seufzte. Er hasste es, wenn er herumkommandiert wurde, schon gar von einer Frau, die keine Ahnung von Polizeiarbeit
     hatte.
    Louise blickte ihn aus ernsthaften Augen an. Heidegast, der nicht wusste, ob ihn ihr Benehmen amüsierte oder ärgerte, betrachtete
     sie aufmerksam. Hübsche junge Person, dachte er. Ihr Haar flammte im Lampenlicht wie flüssiges rotes Gold. Ein schwarzes Spitzenhäubchen
     saß darauf, passend zur Trauerkleidung aus schwarzem Satin und dem Trauerschmuck aus Jett und Elfenbein. Sie war elegant gekleidet,
     allerdings nach der neuen Mode, die er nicht goutierte. Frauenkörper ohne Korsett, auch wenn sie so kindlich zart wie dieser
     hier waren, erschienen ihm in solchen Kleidern ungeschlacht.
    Die Hände über dem Bauch gefaltet, redete Heidegast die junge Frau vor sich an: »Tatsächlich?«, spottete er. »Wir freuen uns
     immer, wenn andere Leute unsere Arbeit machen. Aber wenn Sie Beweise haben, nun gut – her damit!«
    Louise war sichtlich verärgert über diese Anrede des Polizeirats. Hatte denn

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