Die Frau des Polizisten
sich hier draußen im Schärengarten gut machen und dem rauen Klima standhalten würden. Und hatte mit einem breiten Lächeln die Bemerkung in den Raum geworfen, dass man einen Schuppen ja immer ohne weiteres errichten und dann natürlich als Sauna nutzen könne. Etwas anderes war für ihn wohl unvorstellbar.
Jetzt gingen Per und Erika zusammen den tückischen Wegentlang, der sich zwischen den Sträuchern und Felsen dahinschlängelte. Der Spaziergang und die Erinnerung daran, wie sie hier in der Dunkelheit in blinder Furcht vorwärtsgestolpert und geschlittert war, flößte ihr Unbehagen ein. Sie konnte immer noch den heftigen Schmerz spüren, als sie gestürzt war und sich immer wieder aufgerappelt hatte, sie sich das Gesicht an Zweigen und Wurzeln verletzt und ihre bloßen Füße von den spitzen Steinen wund gelaufen hatte. Und sie so lange gerannt war, bis sie sich in Sicherheit wähnte.
Als sie sich Eskos Sommerhaus näherten, sah sie, dass in der Küche des Muminmannes Licht brannte. Die Trolle standen grüppchenweise zusammen und schienen wachsam jede Bewegung zu verfolgen. Erika fragte sich, ob ihr Nachbar sie gelegentlich verrückte. Wann immer sie vorbeigegangen war, hatte sie das starke Gefühl gehabt, dass sie nicht mehr an derselben Stelle standen wie zuvor. Oder aber die Plastikwesen hatten ein geheimes Eigenleben.
Erika steckte den Schlüssel in die neueingesetzte Tür. Reste des blau-weißen Absperrbandes hingen immer noch in den Büschen neben dem Haus. Rasch packte sie die wenigen Habseligkeiten zusammen, die sie im Haus hatte zurücklassen müssen. Ein wenig Geschirr und Hausrat, Bettwäsche und Handtücher, ein paar Anziehsachen, den Kerzenleuchter, den Anna ihr geschenkt hatte, sowie Decken und Kissen. Per hob den ersten Karton hoch und ging voraus zum Auto.
Erika fing an zu kichern, als sie sah, dass die Techniker oder ihre uniformierten Kollegen die beiden Mumintrolle auf das Schuhregal gestellt hatten. Sie nahm eine runde Plastikfigur hoch und schüttelte sie liebevoll, so dass die Schellen im Bauch des Trolls erklangen. Sie entschied sich dafür, sie ihrem Nachbarn zurückzugeben. Vielleicht könnte sie ja sogar noch weitere Mumins für ihn auftreiben.
Plötzlich ließ ein Luftzug die Tür zufallen. Erika schoss in die Höhe und blickte zum Fenster in der anderen Zimmerecke, sah aber nur ihr eigenes Spiegelbild in der blanken Fensterscheibe. Draußen herrschte inzwischen diffuse Dunkelheit. Sie schluckte hart, lauschte. Mit einem Mal war es unangenehm still. Plötzlich huschte ein Schatten am Fenster vorbei. Erika zuckte heftig zurück, verlor das Gleichgewicht, suchte Halt, fiel aber rückwärts zu Boden. Ohne die Tür aus den Augen zu lassen, blieb sie sitzen. Draußen rührte sich nichts. Keuchend, während ihr das Herz bis zum Hals schlug, zog sie sich in die Hocke hoch. Vorsichtig lehnte sie sich zu dem schmalen breiten Fenster vor und lugte über den Rand der Fensterbank. Der Wind war stärker geworden, und die Äste der Bäume schwankten. Wolken jagten über den Himmel. Da fiel ihr Blick auf den Umzugskarton, der verlassen auf dem Weg stand.
»Nein, um Himmels willen, nein!«, schrie sie, riss die Tür auf und wurde von einer Windbö erfasst, die ihr für einen Moment den Atem raubte. Sie starrte auf den Weg, zur Klippe und dem Zaun des Muminsammlers. Doch alles, was sie im flackernden Licht ausmachen konnte, war der einsame Pappkarton, der mitten auf dem Weg stand. Mit einer schnellen Bewegung drehte sie sich um und erklomm hastig die Steinstufen hinter dem Haus. Sie kniff die Augen zusammen, um im Dunkeln besser sehen zu können, und ihr Blick fiel auf den Spaten, der an der Hauswand lehnte. Ihn fest umklammernd, ging sie wieder hinunter zum Weg.
Ein Schrei drang durch den Wind, Erika starrte in die Richtung, aus der er gekommen war. Dort, wo der Weg in die Klippe überging, neben dem Zaun des Trollsammlers, stand eine kräftige massige Gestalt und schlug besinnungslos auf etwas ein, das sie nicht erkennen konnte. Erika schrie auf undstürzte hin. Sie warf sich gegen den breiten Rücken und zielte mit dem Spaten auf Görans Nacken, glitt jedoch aus und traf ihn nur mit einem flüchtigen Schlag am Rücken. Der Spaten wurde ihr aus der Hand gerissen und flog in hohem Bogen beiseite. Göran richtete sich mit einem Brüllen auf und schüttelte Erika mit einer brutalen Bewegung ab, als ob er ein störendes Insekt fortscheuchte. Erika ging zu Boden. Hinter ihr fiel steil die Klippe
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