Die Frau des Polizisten
lag auf der Armlehne eines Sessels und schlummerte in der Wärme.
Jan Olof servierte ihr Tee und frisch gebackene Scones mit Butter und Marmelade. Er sagte nicht viel, ein paar Worte über das Wetter, dass es bald heller werden würde. Sie nippte an dem heißen Getränk, nahm sich von den warmen Scones und strich Butter darauf.
»Jetzt ist es also vorbei?«, sagte Jan Olof plötzlich und sah Erika an. Er wirkte gefasst.
»Ja, wir haben nichts weiter gefunden.«
»Hat ihr Handy, das Sie in den USA geortet haben, den Ausschlag gegeben?«
»Ja. Und dass wir keine Spur von Ihrer Frau finden können. Wir nehmen also an, dass sie untergetaucht ist.«
Jan Olof nickte nachdenklich. Dann lächelte er, ein hintergründiges schmallippiges Lächeln.
»Aber Sie haben lange Zeit etwas anderes vermutet, oder?«
Erika richtete sich auf und warf ihm einen schnellen Blick zu, sagte aber nichts. Er hatte recht. Aber sie wusste trotzdem nicht, worauf er hinauswollte. Sie hatte ganz sicher keine Lust, ausgerechnet mit ihm den Verdacht gegen ihn zu erörtern. Dass sie von Anfang an der Ansicht gewesen war, dass am Verhalten des Paares irgendetwas seltsam war, und sie ein unbestimmtes Gefühl gehabt hatte. Auch nicht, dass Jan Olof nicht ganz so hilflos war, wie er zu sein vorgab. Und dass seine Eifersucht und seine unglaubliche Fixiertheit auf seine Frau nicht gesund waren. Zwei einsame Menschen, die kaum Kontakt zu anderen pflegten, die sich ganz dem anderen widmeten, sich aneinander klammernd und abhängig voneinander. Was würde geschehen, wenn einer von ihnen ausbrechen wollte? Wenn einer von ihnen jemand anderes war, als er oder sie den Anschein erweckte?
»Sie sind eine kluge Frau, Erika, sehr klug.«
Jan Olof lächelte und nippte an seiner Teetasse, den Blick in die Ferne gerichtet.
»Ich habe es schon früher gesagt und sage es nun noch einmal. Ich bin unglaublich dankbar für Ihre Unterstützung. Dass Sie sich so um mich und meine Ehefrau gekümmert haben. Das haben längst nicht alle getan, will ich Ihnen sagen. Sie sind wohl die Einzige, die mich verstanden hat, wirklich verstanden.«
Jan Olof lächelte ein schwaches und zugleich kaltes Lächeln, das Erika nach Luft schnappen ließ. Es war ein Lächeln, das sie noch nie zuvor an ihm gesehen hatte. Sieschluckte ihren Tee hinunter und hatte einen bitteren Geschmack im Mund. Sie spürte das Gewicht der Dienstwaffe an der Seite, bezwang jedoch den Impuls, sich zu vergewissern, ob sie noch da war. Plötzlich traf sie die Erkenntnis wie ein Hieb in die Magengrube. Sie schluckte angestrengt den Bissen Scones mit Orangenmarmelade hinunter und spürte, wie sich das Zimmer um sie drehte. Jan Olof fuhr mit monotoner Stimme fort und gönnte ihr kaum einen Blick.
»Ich habe Seiten aus einem Tagebuch erhalten. Die offensichtlich von Barbro stammten. In einem Umschlag an meine Büroadresse, direkt nach Weihnachten. Anonym. Ich wusste nicht, dass sie Tagebuch führte. Sie hat mir nur erzählt, dass sie als Kind Tagebuch geschrieben hat, als sie noch sehr klein war. Aber ich wusste nicht, dass sie es immer noch tat.«
Jan Olof räusperte sich, machte den Rücken gerade und suchte Erikas Blick. Das eiskalte Lächeln kehrte zurück.
»Zum ersten Mal in meinem Leben begriff ich, dass ich sie nie richtig gekannt hatte. Dass ich nicht wusste, wer diese Frau eigentlich war. Wie kalt und berechnend sie sein konnte, und wie sehr sie mich liebte und gleichzeitig verachtete … Dass sie mich seit vielen Jahren betrogen hatte und in andere Männer verliebt war. Sie mich aber zugleich, auf irgendeine komische Weise, nicht aufgeben wollte. Meine ganze Welt brach zusammen. Ich bin vollkommen durchgedreht.«
Jan Olof machte eine erläuternde Geste. »Da habe ich mich entschieden …«
Er sah geradewegs in Erikas Augen, mit einem Blick, der kälter als Eis war. Er sprach weiter.
»Sie sollte ihre Seite des Versprechens halten, dass sie eingegangen war, als wir geheiratet haben. In guten wie in schlechten Tagen, bis dass der Tod uns scheidet.« Er lehntesich vor und umfasste Erikas Arm; seine knochigen Finger gruben sich in ihr Fleisch.
»Ich war sogar bereit, ihr zu verzeihen, wissen Sie. Ein Auge gegenüber ihren Eskapaden zuzudrücken, wenn sie nur bei mir bleiben würde. Es war sogar so, dass mir klar wurde, dass ihre Abenteuer unserer Beziehung guttaten. Ihr mehr Leidenschaft, mehr Würze verliehen. Da beging sie einen kapitalen Fehler.«
Er nickte bekümmert, wie um seinen eigenen
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