Die Frau des Polizisten
mürrisch klang. Sie spürte Annas Anspannung, hörte sie im Hintergrund rumoren, wie sie beim Reden mit dem Telefon umherlief.
»Wir haben doch über eine Unterkunft für dich gesprochen«, fuhr Anna atemlos fort.
»Hmm.«
»Krister hat da eventuell etwas an der Hand.«
Anna berichtete umständlich mit munterer, eifriger Stimme, dass Krister eine vorübergehende Unterkunft oder vielmehr einen Unterschlupf organisiert hätte. Das Wort vorübergehend betonte sie immer wieder.
Ein enger Freund Kristers arbeitete als Fotograf und hatte ein Atelier in der Andra Långgatan. Dieser Freund wusste, dass eine Malerin in der Nachbarschaft noch ein zweites Atelier gemietet hatte, das sie momentan nur als Lagerraum nutzte.
»Es liegt im Zentrum. Ist ein bisschen ungewöhnlich, aber völlig in Ordnung, glaube ich jedenfalls«, sagte Anna mit hoher Stimme.
»Das ist bestimmt prima«, sagte Erika, spürte aber, wie sich ihr Magen zusammenzog.
»Du weißt, dass du bei uns wohnen bleiben kannst, wenn du möchtest«, sagte Anna hastig. Erika schloss die Augen und schüttelte den Kopf. Nein, sie konnte dort nicht bleiben – das wussten die beiden, und das wusste sie auch.
»Das ist sicherlich die beste Lösung, Anna. Grüß Krister von mir und DANKE.«
Erika beendete das Gespräch und starrte auf das schwarzglänzende Display in ihrer Hand. Ihr Kalender erinnerte sie an einen Termin. Ein Weckersymbol, das vor einer Eintragung aufblinkte, signalisierte ihr, dass sie sich zum internen Verhör einfinden sollte. Sie warf einen raschen Blick auf die Uhr und stellte fest, dass sie noch nicht in Erfahrung gebracht hatte, wo sie sich überhaupt einfinden sollte – und dass sie auf dem besten Wege war, sich zu verspäten.
Kapitel 28
Erika verließ den Fahrstuhl und sah sich um. Sie befand sich in einem Teil des Polizeigebäudes, in den sie noch nie einen Fuß gesetzt hatte.
Sie fand die richtige Tür, klopfte an und trat ein. In dem kleinen Büroraum saß ein Mann mit graumelierten Haaren und wartete auf sie. Seine Augen in dem strengen und wettergegerbten Gesicht blickten freundlich. Erika nahm an, dass er schon über sechzig war. Er trug Jeans und ein Hemd mit einem T-Shirt darunter, an seinem Handgelenk glitzerte eine geschmackvolle Armbanduhr, und an der linken Hand trug er einen flachen Ehering.
»Hallo, Erika, bitte nehmen Sie Platz. Mein Name ist Anders Quist.«
Erika murmelte ein Dankeschön und ließ hastig den Blick durch das anonym wirkende Zimmer schweifen.
»Sie sind neu bei uns und haben eine Vertretungsstelle übernommen, sehe ich das richtig?«
Erika nickte und spürte, wie sie auf ihrem Stuhl immer kleiner wurde, als Anders sie bat zu erzählen, wie lange sie schon in Göteborg sei, wo sie früher gearbeitet habe, wer damals ihr Gruppenleiter gewesen sei, welche Position sie dort gehabt hätte und welche sie nun besetzte. Erika erzählte, während Anders mitschrieb.
»Möchten Sie keinen Verteidiger?«
Erika schüttelte entschieden den Kopf.
»Nein. Die Sache hat nichts mit mir zu tun, das ist nur ein unglücklicher Zufall.«
Anders schien das, was sie gesagt hatte, zu überdenken.
»Am zweiten Februar wurde eine im Voraus geplante Razzia gegen Teile des organisierten Verbrechens in den östlichen Stadtteilen durchgeführt, es ging unter anderem um Drogen und Waffen. Wussten Sie über diesen Einsatz Bescheid, bevor er durchgeführt wurde?«
»Ja, ich war darüber informiert«, erwiderte Erika leise.
»Sie wissen sicher auch, dass die Razzia fehlschlug. Die Zielpersonen waren geflohen, und die Presse empfing uns bereits. Alle Anzeichen deuten darauf hin, dass jemand, der über unsere Absichten informiert war, die Verdächtigen so rechtzeitig gewarnt hat, dass es ihnen gelungen ist, alles beiseite zu schaffen, und dann auch den Medien einen Tipp gegeben hat.«
Erika schluckte hart. Sie heftete den Blick auf ihre zitternden Hände, die sie auf dem Schoß gefaltet hatte. Sie hatte gedacht, das Gespräch ohne größere Probleme überstehen zu können, nun war sie sich da überhaupt nicht mehr so sicher. Vielleicht hätte sie doch um einen Verteidiger bitten sollen?
»Einer Ihrer Verwandten, Erika, hat Verbindungen zu dieser Bande, er ist ein sogenannter Hangaround. Er hat vor der Razzia mehrmals telefonisch oder per SMS Kontakt zu Ihnen aufgenommen, Ihre private Handynummer taucht auf unseren Einzelverbindungsnachweisen auf.«
Anders betrachtete Erika. Ein ernster Ausdruck lag auf seinem
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