Die Frau des Praesidenten - Roman
zuvor ihren College-Abschluss gemacht hatte. »Wann sie sich wohl
diesen
Namen zugelegt hat?«, flüsterte mir eine der Frauen von der Babyparty zu – ihr Name war Anne – und verdrehte die Augen. »Wir haben keine Ahnung, wo Howard sie immer auftreibt.« Das war Annes Art, mir ihre Freundschaft anzubieten, und ich nahm dankbar an, doch als ich später mit Petal sprach (es war nicht ihre Schuld, dass sie zehn Jahre jünger war als wir), stellte ich fest, dass sie ausgesprochen intelligent war; sie hatte Kunstgeschichte und Italienisch im Hauptfach studiert. Gegen Ende des Abends nahm mich Anne beiseite und sagte: »Charlie ist geradezu
vernarrt
in dich.« Ich lachte, da mir das einfacher erschien, als etwas zu sagen. Sogar Will Werden stupste mich einmal an und raunte: »Ich wusste gar nicht, dass zwischen dir und Blackwell was läuft.« Und ich lachte wieder nur.
Es herrschte ein Kommen und Gehen, Leute standen auf, um zur Toilette zu gehen, Eltern suchten das Münztelefon auf, um ihre Babysitter anzurufen. Doch Charlie und ich saßen die meiste Zeit nebeneinander, und selbst wenn wir uns mit den anderen unterhielten, konnte ich seine Aufmerksamkeit spüren: Er legte mir seine Hand aufs Knie oder auf den Rücken und reagierte stets sofort, wenn ich ihn antippte oder seinen Namen sagte. Von Zeit zu Zeit beugte er sich zu mir und fragte: »Alles okay?«, oder: »Geht’s dir gut?« Es waren etwa einundzwanzig Grad, vor uns lag dunkel der Lake Mendota, ein perfekter Sommerabend.
Und dann verabschiedeten wir uns, und als wir um den Memorial Union in Richtung Gilman Street liefen, wo Charliegeparkt hatte, nahm er meine Hand. Weitab des Gesprächs schienen unsere Finger selbständig ihren Weg zu suchen, bis sie ineinander verhakt waren. »Deine Freunde sind nett«, sagte ich.
Wir erreichten Charlies Wagen, einen grauen Chevy Nova, und ich fragte: »Wie wär’s, wenn ich fahre?« Ich hatte nur ein Glas Bier über den ganzen Abend verteilt getrunken.
Charlie reichte mir die Schlüssel, und als ich den Motor anließ, sagte er: »Schau mal da.« Ich schaute zu ihm rüber, und er beugte sich zu mir und küsste mich. Dann sagte er: »Das wollte ich schon den ganzen Abend tun.« Ich machte den Motor wieder aus, wandte mich ihm zu, und wir küssten uns wieder, schlangen die Arme umeinander, und ich war glücklich, dass wir endlich allein waren, nur wir beide, und uns festhielten. Es war nicht so, dass es mir auf der Mendota Terrace nicht gefallen hatte – es hatte mir gefallen –, doch plötzlich schien es, als hätten wir all die Gespräche hinter uns bringen müssen, um am Ende hiermit belohnt zu werden.
Charlie wich ein Stück zurück. »Also, ich habe nicht vergessen, dass ich dir was schuldig bin. Lass uns in meine Wohnung fahren.«
Verwirrt sagte ich: »Du schuldest mir gar nichts.« Aber dann verstand ich – er grinste mich an –, und ich sagte: »Oh, das.«
»Untersteh dich, nein zu sagen. Du hast einen Anspruch darauf.«
Während ich fuhr, regte sich nervöse Vorfreude in mir, und trotzdem hätte ich diesen Schwebezustand gern bis in alle Ewigkeit hinausgezögert; ich wäre bereitwillig bis nach Kanada gefahren, denn ich hätte gewusst, dass am Ende des Weges etwas Wundervolles passieren würde.
Ich war zum ersten Mal in Charlies Wohnung, und was mir sofort auffiel, war, dass er fast alle Lichter hatte brennen lassen. Die Wohnung war kleiner und leerer als meine, sein Wohnzimmer glich einem Lager für Sportausrüstungen. An einer Wand lehnte eine braune Ledertasche mit Golfschlägern, daneben lagen durcheinander ein Baseballschläger, Handschuhe, Tennisschläger, ein Fußball und der erste Lacrosseschläger, den ich je gesehen hatte. Neben einem riesigen Fernseher standeine große Stereoanlage. Als Sitzgelegenheit dienten ein schwarzer Sitzsack sowie ein mit burgunderrotem Mohair bezogenes französisches Barocksofa samt geschwungenen Beinen (Später erfuhr ich, dass er das Sofa beim Entrümpeln des Kellers seiner Eltern in Milwaukee gefunden hatte. Dort waren die Habseligkeiten seiner Großmutter väterlicherseits nach ihrem Tod vor siebzehn Jahren aufbewahrt und nicht wieder angerührt worden.) Die Wände waren kahl, und von den fünf Brettern eines Bücherregals war lediglich eins mit Büchern gefüllt: ein Lexikon, eine Biographie von Willie Mays, einige Bestseller, wie
Das Riff
von Peter Benchley, und auch
Angst vorm Fliegen
sowie einige Titel, die man typischerweise in Literaturseminaren an der Uni
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