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Die Frau des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Die Frau des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Frau des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joël Tan
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Conrads Gesicht. Herablassend fragte dieser: »Was, zur Hölle, wollt Ihr zu so früher Stunde von mir, von Alevelde?«
    »Ich möchte mein Recht einfordern. Meine Braut. Wir hatten eine Vereinbarung, und auf der bestehe ich.« Ganz offensichtlich hatte der Störenfried heute Morgen bereits eine erhebliche Menge an Wein die Kehle herunterrinnen lassen. Seine Nase war knallrot und sein Blick unbeherrscht.
    Conrad, der gar nicht versuchte sein Missbehagen über diesen Besuch zu verbergen, wollte üblen Klatsch der Nachbarn vermeiden und bat den Besuch widerwillig in die Wohnstube. Auf Margas Nachfrage, ob sie etwas zu trinken servieren solle, bekam sie bloß eine barsche Abfuhr.
    Alle Bewohner des Hauses waren nun wach und lauschten von dort, wo sie gerade standen. Auch Ragnhild hatte die Szenerie bemerkt. Dieser schmierige Kerl war doch tatsächlich ihretwegen gekommen. Allein der Gedanke, sich von ihm berühren lassen zu müssen, ließ sie erzittern. Diese Hochzeit durfte einfach nicht stattfinden. Eher würde sie, trotz ihrer Skepsis, zu den Zisterzienserschwestern nach Harvestehude gehen. Bis zur Rückkehr der Boten war sie noch vor Symon sicher; aber dann? Was hätte sie dafür gegeben, das Gespräch der Männer belauschen zu können. Doch nachdem Conrad die dicke Holztür der Wohnstube mit einem lauten Krachen hinter sich hatte zufallen lassen, war kein Wort mehr zu verstehen. Wäre Luburgis nicht da gewesen, hätte Ragnhild ihr Ohr wohl ungeniert an die Tür gepresst, doch der Blick ihrer entstellten Schwägerin, die genau wie Ragnhild noch in der Tür ihrer Schlafkammer stand, ließ sie wieder zurück in ihr Bett gehen, in dem Runa neugierig wartete.
    »Mama, wer war da an der Tür?«, fragte sie keck.
    Mit einem kleinen Stupser auf ihre Kindernase antwortete die Mutter: »Das hat kleine Mädchen wie dich überhaupt nicht zu interessieren. Am besten schläfst du noch ein wenig.«
    Ragnhild selbst bekam kein Auge mehr zu.

17
    Bereits seit der Mittagsstunde trug Johann Schinkel, die rechte Hand des Stadtnotars Jordan von Boizenburg, die jüngst verfassten Handschriften seines Mentors vor.
    Das Ordeelbook war so gut wie fertig, und das Vortragen des Registers und der Artikel diente eigentlich nur noch der finalen Kenntnisname aller Formulierungen. Zu diesem Anlass waren der alte Rat und der sitzende Rat vollständig zusammengekommen. Doch nur selten erhob einer der Männer die Stimme, um etwas zu hinterfragen oder um doch noch einen Einspruch zu erheben. Das Werk war nahezu perfekt.
    Auch wenn zu dieser Stunde gerade Hamburgs hellste Köpfe im Rathaus beisammensaßen, war es dennoch unbestritten, dass sich niemand von ihnen mit dem Wissen und der Redegewandtheit eines Jordan von Boizenburg messen konnte. So zittrig seine Hände auch mittlerweile waren, sein Geist war klar. Alle Anwesenden wussten, dass jeder unangebrachte Disput über einen seiner Texte unweigerlich in der Niederlage seines Gegenübers gemündet hätte.
    Er allein hatte dieses Meisterwerk vollbracht; seinem Kopf war es entsprungen und durch die Feder Johann Schinkels zu Papier gebracht, dessen Stimme gerade von den Wänden des großen Saals widerhallte.
    »Wenn ein Mann sein Weib ohne ihre Schuld übel behandelt, und das ist Nachbarn bekannt und guten Leuten und dem Rate, dem soll man die Verfügungsgewalt über sein Gut entziehen. Und wenn die Frau Schuld hat, so soll der Mann sie in ihre Kammer schließen und ihr alles Notwendige geben, bis sie ihre Angelegenheiten wieder ordentlich tut.«
    Ein Blick in die Runde bestätigte, dass es auch dieses Mal keinen Widerspruch gab und mit dem nächsten Absatz weitergemacht werden konnte.
    Conrad hatte sich erfolgreich bemüht, bei dem gerade vorgetragenen Artikel nicht in die Augen seines Schwagers zu schauen. Es war ihm sehr wohl bewusst, dass er mit der Züchtigung seines Weibes wider diesen Absatz gehandelt hatte.
    Doch Johannes vom Berge wollte die einmalige Gelegenheit, Conrad daran zu erinnern, dass er sich noch immer in seiner Gewalt befand, nicht ungenutzt verstreichen lassen. »Verzeiht, Johann Schinkel. Ich bitte Euch, den letzten Absatz noch einmal vorzulesen. Meine Aufmerksamkeit schwindet wohl angesichts der vielen Worte, die es hier aufzunehmen gilt.«
    Schinkel, dem bereits die nächsten Worte auf der Zungenspitze gelegen hatten, räusperte sich kurz und fing an, das Gewünschte erneut zu lesen.
    Während dieser Worte schaute Conrads Schwager ihm direkt ins Gesicht. Es war klar, was

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