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Die Frau des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Die Frau des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Frau des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joël Tan
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Bis spät in die Nacht sprachen sie über das Erlebte, und erst viele Stunden später schliefen sie auf dem harten, aber trockenen Boden der Hütte ein.
    Fast ebenso schnell, wie die Welle des Erstaunens wegen Alberts Rückkehr über die Stadt hereingebrochen war, gewöhnten sich die Hamburger auch wieder an seinen Anblick. Nur wenige Wochen lang war Alberts Schicksal das Futter der Weibertratschereien und Grund für Diskussionen im Rat. Dann aber stand der Entschluss fest.
    Albert sollte das Grundstück im Kirchspiel St. Katharinen auf der Grimm-Insel zurückerhalten, auf dem er vor seiner Abreise angefangen hatte, ein Haus für sich und seine Familie zu bauen. Außerdem wurde beschlossen, dass er ebenso einen gewissen Betrag des familiären Vermögens zugesprochen bekommen sollte. Doch die Verhandlungen, die zu diesem Ergebnis führten, erwiesen sich als überaus prekär.
    Kurz nach Alberts Abreise war sein fünfundzwanzigster Geburtstag verstrichen. An diesem Tage hätte er, laut des väterlichen Testaments, die Hälfte des damaligen Wertes des familiären Tuchhandelsgeschäfts entgegennehmen sollen. Da Albert zu dieser Zeit aber in Flandern weilte, war dieses Vermögen auf ihn übergegangen, ohne dass er es jemals in Händen gehalten hatte. Nachdem man ihn wegen der Aussage der Boten Nicolaus und Bodo für tot erklärt hatte, waren all seine Ansprüche verfallen und das gesamte Erbe durch ratsherrlichen Beschluss zurück auf Conrad übertragen worden. Weil Albert vor seiner Reise kein Testament verfasst hatte, das nach seinem Ableben regelte, wer genau die Begünstigten seines Vermögens waren, hatte Conrad, als nächster männlicher Verwandter, die alleinige Verfügungsgewalt über das verbliebene Erbe sowie die Muntwaltschaft über seine verwitwete Schwägerin erhalten. Als Ragnhild nach dem Vorfall am Hafen dann vom Rat zum Eintritt in das Kloster gezwungen wurde, zahlte Conrad ihr das Erbe ihres Gemahls aus, indem er ihr die Eintrittssumme zu den Beginen finanzierte. Auch wenn dieser Betrag weit kleiner gewesen war als das, was Albert eigentlich zu dieser Zeit besessen hätte, waren damit all ihre Ansprüche auf Alberts Erbe unwiederbringlich erloschen.
    Conrad wähnte sich damals in dem Glauben, nie wieder etwas von seinem Vermögen herausgeben zu müssen, doch nun, da Albert lebte, galt es für den Rat, eine neue Lösung zu finden. Diese Lösung konnte nur ein Mittelweg sein, der zwangsweise zur Folge hatte, dass wahrscheinlich beide Parteien unbefriedigt bleiben würden. Albert beharrte darauf, durch die fälschliche Annahme seines Todes übervorteilt worden zu sein, und Conrad weigerte sich nach Kräften, noch mehr von seinem Vermögen herauszugeben, als er es bereits getan hatte – und zweifellos war das geltende Recht durch den damaligen Beschluss des Rates auf seiner Seite.
    Es war verzwickt. Auch wenn viele der Ratsherren fühlbar auf Alberts Seite waren, konnten sie ihren eigenen Beschluss von damals nicht für nichtig erklären, ohne dabei ihre Glaubwürdigkeit zu verlieren. Schlussendlich stellte der Betrag, den Conrad bei Ragnhilds Eintritt ins Kloster der Beginen dorthin eingezahlt hatte, den gesuchten Mittelweg dar. Jene Summe galt aus der Not heraus nun offiziell als Alberts Erbe und wurde als maßgeblich angesetzt. Wie erwartet, ging dieser Entschluss zu beider Lasten.
    Albert sollte wohl oder übel auf einen großen Anteil seines Vermögens verzichten, und Conrad sollte den gleichen Betrag, den er schon einmal an das Kloster gezahlt hatte, ein weiteres Mal an Albert zahlen. Einzig und allein Conrads Habgier war es zu verdanken, dass er seiner verhassten Schwägerin das Grundstück im Kirchspiel St. Katharinen nicht übertragen hatte, es so auch nicht in den Besitz der Beginen gekommen war und Albert es deshalb nun zurückerhalten konnte.
    Eigentlich hätte Albert mit der Verteilung des Holdenstede-Erbes zufrieden sein können. Wenigstens besaß er nun ein ähnlich bescheidenes Vermögen wie jenes, welches er vor der Reise nach Flandern besessen hatte. Doch Albert war nicht zufrieden. Er wollte mehr – mehr Vermögen, mehr Gerechtigkeit und mehr Rache!
    Nachdem er auf so schmerzhafte Weise seine Frau und seine Kinder verloren hatte, umgab ihn stets das Gefühl, rein gar nichts mehr verlieren zu können. Seine Kampfeslust war geweckt und sein Hass auf Conrad unbändig; schließlich war dieser es auch gewesen, der den alles vernichtenden Vorschlag, Ragnhild und Symon miteinander zu

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