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Die Frau des Zeitreisenden

Die Frau des Zeitreisenden

Titel: Die Frau des Zeitreisenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Audrey Niffenegger
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weg.
    »Sind Sie Ben Matteson?«
    »Ja. Wer ist da?«
    »Clare Abshire. Hören Sie, Ben, Henry liegt hier völlig steif am Boden und kann nicht sprechen. Was ist los ?«
    »Was? Mist? Rufen Sie einen Krankenwagen!«
    »Habichschon...«
    »Das Mittel simuliert Parkinson, er braucht Dopamin! Sagen Sie denen - Mist, rufen Sie mich aus dem Krankenhaus an.«
    »Sie sind da.«
    »Gut! Rufen Sie mich an.« Ich lege auf und wende mich zu den Sanitätern.
    Später, nach der Fahrt im Krankenwagen ins Merci Hospital, wo man Henry aufgenommen, eine Injektion verabreicht und intubiert hat, und er entspannt und schlafend in einem Krankenhausbett liegt, angeschlossen an einen Monitor, blicke ich auf und sehe einen hoch gewachsenen hageren Mann in der Tür zu Henrys Zimmer stehen, was mich daran erinnert, dass ich Ben nicht angerufen habe. Er kommt herein und stellt sich mir gegenüber auf die andere Bettseite. Im Licht aus dem Flur hebt Ben sich als Silhouette ab, er beugt den Kopf und sagt: »Tut mir ehrlich Leid. Wirklich.«
    Ich greife übers Bett, nehme seine Hand. »Schon gut. Er wird es überstehen. Bestimmt.«
    Ben schüttelt den Kopf. »Es ist allein meine Schuld. Ich hätte ihm das Zeug nie mixen sollen.«
    »Was ist geschehen?«
    Ben seufzt und lässt sich auf dem Stuhl nieder. Ich setze mich aufs Bett. »Es könnte mehrere Gründe geben«, sagt er. »Vielleicht war es nur eine Nebenwirkung, wie sie bei jedem auftreten kann. Aber vielleicht stimmte auch Henrys Formel nicht ganz. Sie war lang, und er musste sie auswendig behalten. Ich konnte sie nicht überprüfen.«
    Wir schweigen beide. Auf Henrys Monitor wird Flüssigkeit in seinen Arm geträufelt. Ein Krankenpfleger schiebt einen Wagen vorbei. Schließlich sage ich: »Ben?«
    »Ja, Clare?«
    »Würden Sie mir einen Gefallen tun?«
    »Jeden.«
    »Brechen Sie alles ab. Keine Medikamente mehr. Medikamente helfen ihm nicht.«
    Ben grinst mich erleichtert an. »Einfach Nein sagen.«
    »Genau.« Wir lachen. Ben bleibt noch eine Weile bei mir sitzen. Bevor er geht, nimmt er meine Hand und sagt: »Vielen Dank, dass Sie so nett reagiert haben. Er hätte leicht sterben können.«
    »Ist er aber nicht.«
    »Nein. Ist er nicht.«
    »Wir sehen uns bei der Hochzeit.«
    »Ja.« Wir stehen im Flur. Im grellen Neonlicht wirkt Ben müde und krank. Er zieht den Kopf ein, dreht sich um und geht den Flur entlang. Ich wende mich wieder dem halbdunklen Zimmer zu, in dem Henry schläft.

WENDEPUNKT
Freitag, 22. Oktober 1993 (Henry ist 30)
    Ich schlendere die Linden Street in South Haven entlang, habe mindestens eine Stunde frei, während Clare und ihre Mutter etwas beim Blumenhändler besprechen. Morgen ist die Hochzeit, doch als Bräutigam scheine ich nicht viel Verpflichtungen zu haben. Da sein - das ist der Hauptpunkt auf der Liste meiner zu erledigenden Dinge. Clare ist ständig auf dem Sprung zu Anproben, Beratungen, Geschenkpartys mit Freundinnen. Immer wenn ich sie sehe, wirft sie mir sehnsuchtsvolle Blicke zu.
    Es ist ein klarer kalter Tag, ich trödle ein wenig. Ich wünschte, in South Haven gäbe es einen vernünftigen Buchladen. Selbst in der Leihbücherei stehen vorwiegend nur Barbara Cartland und John Grisham. Ich habe die Penguin-Ausgabe von Kleist bei mir, bin aber dazu nicht in Stimmung. Ich komme an einem Antiquitätengeschäft vorbei, einer Bäckerei, einer Bank, noch einem Antiquitätengeschäft. Dann gelange ich an einen Friseursalon und spähe hinein: Ein alter Mann wird von einem gepflegten kleinen Friseur mit schütteren Haaren rasiert. Auf einmal weiß ich, was ich tun werde.
    Kleine Glocken bimmeln an der Tür, als ich den Laden betrete. Es riecht nach Seife, Dampf, Haarwasser und älteren Leuten. Alles ist hellgrün. Der alte Stuhl ist mit Chrom verziert, und auf den dunklen Holzregalen stehen kunstvolle Flaschen, Tabletts mit Scheren, Kämmen und Rasiermessern. Es wirkt fast klinisch: wie auf einem Foto von Norman Rockwell. Der Friseur blickt zu mir auf. »Haarschnitt?«, frage ich. Er nickt auf die Reihe der leeren geradlehnigen Stühle, an deren einem Ende ein Gestell mit ordentlich aufeinander gestapelten Zeitschriften steht. Im Radio läuft Sinatra. Ich setze mich hin, blättere ein Reader’s-Digest-Heit durch. Der Friseur wischt dem alten Mann Schaumspuren vom Kinn und trägt Rasierwasser auf. Dann steigt der alte Mann vorsichtig vom Stuhl und zahlt. Der Friseur hilft ihm in den Mantel und reicht ihm den Gehstock. »Bis bald, George«, sagt der alte Mann im

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