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Die Frau im Rueckspiegel

Die Frau im Rueckspiegel

Titel: Die Frau im Rueckspiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Arden
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fragte, und deren Sekretärin. Es waren nur zwei Beispiele. Aber zwei von zwei!
    »Morgen läuft es so ab«, unterbrach Rebeccas Stimme Christianes Gedanken. »Sie fahren mich um sieben Uhr dreißig in die Firma. Anschließend holen Sie die Norweger aus dem Hotel ab. Die warten auf Sie um neun Uhr. Danach gehen Sie zur Personalabteilung, geben Ihre Papiere ab und bekommen einen Schlüssel zum Fuhrpark. Dorthin gehen Sie und lassen sich vom Wartungsmechaniker alles Weitere erklären. Um sechzehn Uhr bringen Sie die Norweger zum Flugplatz, um achtzehn Uhr fahren Sie mich nach Hause. Ab übermorgen gilt: Jeden Tag, mit Ausnahme von Samstag und Sonntag, holen Sie mich morgens um sieben Uhr dreißig ab, fahren mich in die Firma, wo meine Sekretärin Anita Ihnen meinen Terminplan für den Tag ausdruckt, auf dem Ihre Einsätze vermerkt sind. Noch Fragen?«
    »Heißt das, ich kann mit dem Mercedes nach Hause fahren?«
    »Natürlich nicht«, lautete die trockene Antwort. »Alle Dienstwagen werden abends in der Garage abgestellt und morgens von dort geholt. Heute stellen Sie den Mercedes im Hof ab. Herr Klein, so heißt unser Fuhrparkmechaniker, weiß Bescheid, daß Sie den Schlüssel mitnehmen. Morgen erklärt er Ihnen die normale Vorgehensweise.«
    »Schön und gut. Aber wie komme ich durch das Stahltor, wenn ich den Wagen abgestellt habe? Ich kann mich schlecht durch die Gitterstäbe quetschen.«
    »Ich gebe Ihnen bis morgen meine Chipkarte.«
    Damit schien für Rebecca Reklin alles gesagt. Jedenfalls gab sie keine weiteren Erklärungen ab, und Christianes Gefühl sagte, daß ihre neue Chefin nicht zu den Menschen gehörte, die Smalltalk mit ihren Angestellten pflegten. Also schwieg auch Christiane.
    Der Akazienweg eins erwies sich als ein Grundstück mit bogenförmiger Auffahrt, an deren obersten Punkt eine zweistöckige Villa aus der Gründerzeit dominierte. Christiane überraschte es nicht, daß sich das Tor zum Grundstück auch hier automatisch vor dem Wagen öffnete und nach ihm schloß.
    Sie brachte den Wagen vor der Treppe des Haupteingangs zum Stehen. Ihr »So, da wären wir« blieb unbeantwortet.
    Alles, was Christiane erntete, als sie sich zu Rebecca Reklin umschaute, war ein Stirnrunzeln und die eindringlichen Worte: »Morgen früh, sieben Uhr dreißig. Seien Sie bitte pünktlich.« Damit stieg Rebecca aus.
    Christiane sah ihr hinterher, wie sie die wenigen Schritte zum Haus und die Treppe hoch ging. Aufrecht, selbstbewußt. Nicht das kleinste Anzeichen von Zögern oder Unsicherheit. Kein Umsehen. Obwohl sie sich des prüfenden Blickes, der ihr folgte, bewußt sein mußte.
    Rebecca schloß die Tür auf, betrat die weiträumige Diele, hing ihren Mantel an die Garderobe. Ihr erster Weg führte sie in die Küche, wo sie sich ein Glas Wasser eingoß. Mit dem Glas ging sie ins Wohnzimmer, schaltete eine der Wandlampen ein, ließ sich in ihren Sessel sinken und sann nach.
    Was für ein Tag! Alles ging durcheinander. Am Morgen tauchte dieser verdammte Chauffeur nicht auf, so daß sie sich ein Taxi rufen mußte. Als sie endlich, mit fast einer Stunde Verspätung, ins Büro kam, warteten dort gleich mehrere Hiobsbotschaften auf sie. In Marseille streikten die Hafenarbeiter, was bedeutete, daß drei ihrer Schiffe die Fracht nicht löschen konnten. In zwei Fällen handelte es sich um Termingut. Vor Vancouver war kein Lotse aufzutreiben. Also auch dort Verzögerungen. Und einer der Kapitäne meldete gravierende Mängel des Schiffantriebes. Er riet dringend zu einer Reparatur, nur war gerade kein Dock frei. Das sah nach einer längeren Liegezeit aus.
    Die Probleme überrollten Rebecca derart, daß sie völlig vergaß, ihre Sekretärin zu beauftragen, dem Verbleib des Chauffeurs nachzugehen. Erst als die Uniform geliefert wurde, erinnerte Rebecca sich, daß da noch was war. Was blieb ihr übrig, als den nächstbesten, in diesem Fall die nächstbeste, anzuheuern? Sie mußte ja noch froh sein, daß diese Christiane Seidel vor lauter Überraschung ihrem Angebot zugestimmt hatte. Sonst hätte sie sich mit den drei Norwegern in ein Taxi quetschen müssen. Das wäre für das geplante Geschäft ein denkbar schlechter Start gewesen. Sie wollte immerhin Eindruck bei den Männern machen. Rebecca wußte, für so manch einen wirkte ihr Stil angeberisch. Das störte sie aber nicht. Sie wußte, Angeben gehörte zum Geschäft. Mit gut zurechtgelegten Argumenten und hoffnungserweckenden Zahlen in eine Verhandlung zu gehen, das war nicht

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