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Die Frau in Rot: Roman (German Edition)

Die Frau in Rot: Roman (German Edition)

Titel: Die Frau in Rot: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margot S. Baumann
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Zähnen, als hätte er Kiesel im Mund. Plötzlich drehten sich seine Augäpfel so weit nach oben, dass nur noch das Weiße zu sehen war.
    »De profundis ad te clamavi. Sic volo, sic ferro ignique, ad honorem diaboli iubeo!« Aus der Tiefe habe ich zu dir gerufen. So will ich, so befehle ich, mit Feuer und Eisen, zu Ehren des Teufels!
    Schaum stand vor Gerolds Mund. Sein Körper zuckte, als hätte er den Veitstanz. Er stöhnte und schwankte wie eine junge Birke im Wind.
    Bernhardine rutschte entsetzt an die äußerste Ecke des Sofas. Was sollte sie tun? Sie streckte vorsichtig ihre Hand aus und berührte Gerolds Arm. Blitzschnell umschlossen seine Finger ihr Handgelenk. Sie schrie auf. Mit aller Kraft versuchte sie, sich zu befreien, doch seine Klauen hielten sie eisern fest. Er beugte sich zu ihr hinab. Sein Schweißgeruch und sein fauliger Atem malträtierten ihre Nase. Sie wandte den Kopf ab und wimmerte.
    »Sei auf der Hut, Metze, er wird auch dich richten! So wie er alle richtet, die ihm nicht folgen. Selbst die kleinen Engelchen …«, flüsterte er und bleckte die Zähne. »Oder zwei lächerliche Gehilfen. Dein Glück, dass du nicht allein gekommen bist.«
    Bernhardine keuchte. Sie riss sich los und hetzte davon. Hinter den Säulen traten Cornelis und Marie hervor. Beide bleich wie der Tod. Der Maler ergriff Bernhardines Hand, und zu dritt liefen sie auf den Ausgang des Palas zu, verfolgt von Gerolds höhnischem Gelächter. Der Holländer stemmte die Tür zur Ahnengalerie auf und schlug sie mit aller Wucht wieder zu, nachdem sie durch sie hindurchgeschlüpft waren. Das Lachen erstarb augenblicklich, als hätte es jemand mit einer Schere abgeschnitten. Marie bekreuzigte sich ununterbrochen. Ihre Augen waren dunkel vor Angst. Bernhardine rutschte am kalten Mauerwerk entlang zu Boden und vergrub ihr Gesicht in den Händen.

    Im Kinderzimmer roch es nach saurer Milch und Kampfer. Bernhardine verscheuchte die junge Amme, die vor der Wiege kniete, mit einem groben Stoß in die Seite, worauf das Mädchen mit schreckgeweiteten Augen davonstob. Die Zwillinge schliefen, hatten jedoch eine ungesunde Röte im Gesicht. Bernhardine strich Burkhardt über das Köpfchen. Seine Stirn war heiß, und er verzog bei der Berührung den Mund, ohne aufzuwachen.
    »Jetzt seid ihr meine Einzigen«, murmelte sie mit tonloser Stimme. Sie hätte gerne geweint, doch ihre Augen waren so trocken wie Staub.
    Was hatte sie sich nur gedacht? Gerold würde sich nie zu einer unbedachten Äußerung hinreißen lassen. Wenn er, wie sie vermutete, tatsächlich etwas mit Désirées Verschwinden zu tun hatte, würde er sein Wissen darüber mit ins Grab nehmen. Sie war machtlos. Johannes hätte kein Ohr für ihre Anschuldigungen. Und was sollte sie ihrem Gatten auch erzählen? Wo waren ihre Beweise? Es gab keine; bis auf die wenigen geflüsterten Worte eines Irren und ihre eigenen Mutmaßungen. Johannes! Ihr Kopf schnellte in die Höhe. Er sei krank, hatte Marie gesagt. Bernhardine blickte zur Tür, wo Marie am Türpfosten lehnte. Ihre alte Kinderfrau hatte den Kopf gesenkt, schüttelte ihn immer wieder, als müsse sie sich über etwas klar werden. Cornelis stand neben ihr. Seine Augen lagen tief in den Höhlen. Er starrte Bernhardine an, ohne sie jedoch bewusst wahrzunehmen. Die beiden taten ihr plötzlich unendlich leid. Noch weitere Unschuldige, denen sie Gram verursacht hatte.
    »Es ist gut, Marie. Geh jetzt in deine Kammer! Ich werde mich um die Zwillinge kümmern und später bei meinem Gatten vorbeischauen.«
    Marie öffnete den Mund. Doch ein Blick in Bernhardines Gesicht ließ sie verstummen. Sie nickte und strich sich mit ihrer runzeligen Hand über die Augen. In Bernhardine wallte plötzlich ein Gefühl tiefer Zuneigung auf. Sie lief zu ihrer alten Amme und umarmte sie stürmisch. Presste den mageren Körper an sich und vergrub ihr Gesicht an Maries Schulter.
    Die schluchzte. »Ich …«
    »Ich weiß«, sagte Bernhardine, »ich weiß. Wir müssen jetzt stark sein!«
    Marie nickte abermals und verließ dann gesenkten Hauptes den Raum. Bernhardine schaute ihr bekümmert hinterher. Ein Räuspern drang in ihr Bewusstsein, und sie wandte den Kopf. Cornelis. Eine tiefe Falte hatte sich auf seiner Stirn eingegraben. Bernhardine hob die Hand und strich behutsam darüber. War es wirklich erst wenige Stunden her, dass sie sich geliebt hatten? Der Holländer griff nach ihren Fingern und presste seine Lippen darauf.
    »Was kann ich tun?«, fragte er mit

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