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Die Frau ohne Gesicht

Die Frau ohne Gesicht

Titel: Die Frau ohne Gesicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pekka Hiltunen
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an solche Situationen gewöhnt, aber für sie war alles neu und erschreckend.
    Wenn jemand die Tür öffnete, hatten sie eine Erklärung parat. Berg in seinem Overall war ein Mitarbeiter vom Immobilien-Service, der die Gasherde überprüfte. Jemand hatte einen leichten Gasgeruch gemeldet, deshalb mussten alle Wohnungen kontrolliert werden. Rico war Bergs Gehilfe.
    »Und ich?«, hatte Lia gefragt.
    »Du bist eine Hausbewohnerin auf dem Weg in die nächste Etage. Du gehst einfach die Treppe hinauf. Wenn es zu einem Gespräch kommt, fragst du, was los ist. Berg und Rico übernehmen den Rest«, hatte Mari geantwortet.
    Niemand kam an die Tür, obwohl Berg mehrmals klingelte.
    Sie warteten noch einen Moment und lauschten. Kein Laut. Aus irgendeiner anderen Etage kam leise Musik, aber in Nunns Wohnung blieb alles still.
    Berg öffnete seinen Werkzeugkasten, nahm ein Bündel schlüsselähnlicher Metallinstrumente heraus und bearbeitete das Schloss. In weniger als einer Minute sprang die Tür auf. Lia starrte in die Wohnung, immer noch darauf gefasst, dass ihnen etwas entgegenflog. Doch Berg und Rico traten ohne zu zögern ein, und so eilte sie ihnen nach.
    Sie waren in der Wohnung. Seit Maggies Anruf waren fünf Minuten vergangen.
    Im Flur holte Berg einen kleinen Beutel aus dem Werkzeugkasten und entnahm ihm dünne, durchsichtige Latexhandschuhe und weiße Überzieher aus Plastik, die sie über die Schuhe streiften.
    Wie im Krankenhaus. Klinisch saubere Arbeit.
    Die kurze Erleichterung, die Lia bei diesem Gedanken spürte, zeigte ihr, wie aufgeregt sie war.
    Sie warfen einen Blick in die beiden Zimmer und die Küche. Nunn war kein Ordnungsfanatiker. Die Spüle und der Esstisch in der Küche waren von schmutzigem Geschirr bedeckt. Die ganze Wohnung roch nach vergammeltem Essen.
    Das Schlafzimmer war klein und dunkel, doch dort suchten sie ja nichts. Im Wohnzimmer standen ein Bücherregal, ein großes Sofa, zwei Sessel und ein Schreibtisch mit einem Laptop.
    Rico lächelte, als er sich an den Schreibtisch setzte und das Gerät in Augenschein nahm. »Nicht zu fassen«, sagte er. »Ich wusste nicht, dass immer noch jemand dieses alte Modell benutzt.«
    Er schaltete den Computer ein, der leise ratternd seine Programme zum Leben erweckte, legte seinen Arbeitskoffer auf den Tisch und klappte ihn auf. Darin lagen Kabel, kleine Instrumente und elektronische Geräte, die Lia fremd waren.
    »Neun Minuten seit Maggies Anruf«, meldete Berg.
    »Ich glaube nicht, dass es lange dauert«, antwortete Rico.
    In den nächsten zwanzig Minuten lernte Lia, dass scheinbar komplizierte Dinge verblüffend leicht erledigt werden konnten.
    Nunns Computer forderte natürlich den Benutzernamen und das Passwort. Damit wurde Rico in zwei Minuten fertig. Er versuchte gar nicht erst, verschiedene Kombinationen auszuprobieren, sondern steckte einen seiner USB -Sticks in den Laptop. Bald erschienen Reihen von Buchstaben und Ziffern auf dem Bildschirm, die Rico zufrieden betrachtete.
    »Das ist ein Hacker-Kit«, sagte er leise und tippte Befehle ein.
    Lia starrte auf die Worte auf dem Monitor. Acunetix Vulnerability Scanner. Md5 Cracker. Msn Freezer. MySqli Dumper. Passstealer – Istealer. Zero server attacker. Offenbar Programme, dachte sie.
    Das sei Hacker-Werkzeug: Programme, die Passworte knackten, den Datenverkehr verfolgten, Datenbanken und Server durchsuchten, erklärte Rico. Alle Hacker benutzten sie, und aktualisierte Versionen wurden emsig verbreitet.
    »Das Wichtigste ist der Zugang zum Computer«, fügte er hinzu. »Am Passwort kommt man in Minuten vorbei.«
    Tatsächlich ertönte gleich darauf ein heller Signalton, und das Betriebssystem lief an.
    »Drin«, sagte Rico zufrieden.
    Er überflog die Folder und Symbole, die auf dem Monitor erschienen.
    Lia wagte nicht zu sprechen. Sie fürchtete, dass trotz aller Vorsichtsmaßnahmen überraschend jemand in die Wohnung kommen, der Computer Alarm schlagen oder sonst etwas Unerwartetes passieren würde.
    Rico nahm einen zweiten USB -Stick, verband ihn mit dem Laptop und wartete, bis er betriebsbereit war. Dann ließ er ein Programm laufen, das den Inhalt der Festplatte auf den Stick kopierte.
    Drei Stunden, achtundzwanzig Minuten, sechzehn Sekunden, meldete das Programm.
    »So lange dauert es nicht«, sagte Rico. »Sagen wir, eine Viertelstunde.«
    Das Speicherprogramm hatte als Erstes alle Programme und Dateien abgemessen, aber der eigentliche Kopierbefehl betraf nur E-Mails, Bilder und Informationen

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