Die Frau ohne Gesicht
war.
»Oh, wie schön«, sagte Dorrie beim Anblick der Dekoration.
Fröhlich versammelte sich die ganze Schar im Hinterzimmer.
»Na, nun sag schon, was wir feiern«, drängte Stephen.
»Mein Freund hat mir einen Heiratsantrag gemacht. Ich habe Ja gesagt«, verkündete Lia und zeigte den funkelnagelneuen Ring an ihrem Finger.
Alle riefen Hurra und gratulierten Lia.
Sie bedankte sich und erzählte, sie sei noch ganz durcheinander, aber glücklich. Stephen und die anderen fragten sie über ihren Freund aus, und Lia servierte ihnen die Geschichte, die sie sich zurechtgelegt hatte. Michael sei Techniker und arbeite wahnsinnig viel, deshalb habe Lia gezögert, seinen Antrag anzunehmen. Den Hochzeitstermin wollten sie später festlegen.
Fröhliches Stimmengewirr erfüllte den Raum. Als Lia die Torte probierte, erkannte sie plötzlich, dass sie nicht über die Konsequenzen ihres Schwindels nachgedacht hatte.
Als alle an ihre Arbeit zurückgekehrt waren, kam Dorrie noch einmal zu Lia und umarmte sie.
»Ihr werdet glücklich miteinander, das weiß ich.«
Lia schwieg. Sie kam sich schäbig vor.
Als Mari die Geschichte hörte, war sie nicht erfreut.
»Du hättest das vorher mit mir besprechen sollen. An sich eine gute Idee, aber sie hat ihre Probleme.«
»Was für Probleme?«, fragte Lia.
Die Mitarbeiter der Fair Rule verbänden Lia von nun an gedanklich mit dem Zimmer des Parteisekretärs. Die Geschichte von der Verlobung lenke ihre Aufmerksamkeit zudem auf Lias Privatleben. Dadurch würde Lia ihnen in Erinnerung bleiben.
»Es wäre besser gewesen, keine emotionale Beziehung aufkommen zu lassen.«
Sie hat recht, wieder einmal. Aber egal, es hat schließlich geklappt.
»Wenn ich mitmache, erledige ich die Dinge auf meine Art«, beharrte Lia.
»Das ist völlig in Ordnung«, sagte Mari. »Aber das schließt doch nicht aus, dass wir gemeinsam überlegen, wie es am besten läuft, oder?«
»Nein«, räumte Lia ein. »Und du hast schon recht. Ich habe irgendwie das Gefühl, die Leute im Büro zu betrügen.«
»Wir haben denselben Fehler gemacht«, sagte Mari und deutete auf die Akten im Regal.
»Was waren das für Einsätze? Wann erzählst du mir davon?«
Mari wurde ernst.
»Vielleicht später. Du weißt schon ziemlich viel.«
In den nächsten Tagen ging Lia oft, aber immer nur für kurze Zeit ins Büro der Fair Rule. Bevor die Tastatur mit dem Dakta-Sensor wieder abmontiert wurde, sollte Gallagher ausreichend Gelegenheit haben, sie zu benutzen.
Gallagher war jeden Tag im Büro. An der Tastatur schien ihm nichts aufzufallen.
Lia erinnerte sich oft erst in letzter Minute daran, dass sie den Ring anstecken musste, und es fiel ihr schwer, fröhlich auf die Fragen nach ihrer Verlobung zu antworten. Die Nachricht hatte sich herumgesprochen. Immer wieder gratulierte ihr jemand, der die improvisierte Feier verpasst hatte. Sogar Tom Gallagher wünschte ihr Glück, und Lia konnte ihre Verlegenheit kaum verbergen.
Nach fünf Tagen entschied Mari, dass es an der Zeit sei, die Tastatur zurückzuholen.
»Keine Sorge, diesmal merkt niemand etwas«, versprach Lia.
Sie hatte beschlossen, das Büro ganz einfach als Letzte zu verlassen. Mit Stephen hatte sie im Voraus vereinbart, das Material für die Kampagne fertigzustellen.
»Ich kann aber erst ziemlich spät anfangen«, sagte sie.
Als sie um neun Uhr abends das Büro betrat, waren Gallagher, Stephen und einige andere immer noch dort. Die Mitarbeiter gingen nach und nach, bis gegen halb elf nur noch Stephen und Lia übrig blieben.
»Ich muss gehen«, erklärte Stephen schließlich. »Willst du nicht auch für heute Schluss machen?«
»Ich möchte das hier zuerst fertigkriegen. In den nächsten paar Tagen kann ich wahrscheinlich nicht kommen«, antwortete Lia.
Stephen zeigte ihr, wie die Alarmanlage eingeschaltet wurde, wünschte ihr eine gute Nacht und verschwand.
Lia stellte das Layout fertig. Nachdem sie sich vergewissert hatte, dass wirklich niemand mehr da war, ging sie in Tom Gallaghers Zimmer und tauschte die Tastaturen aus.
Sie verstaute die Sensorentastatur in ihrer Tasche, knipste das Licht aus und die Alarmanlage ein und ging.
Wenn es klappt, komme ich nicht mehr zurück. Schluss mit den Anti-Abtreibungsparolen für die Mauern von Glasgow.
Als Lia Rico mitteilte, sie habe die Tastatur, simste er zurück, er werde das gute Stück sofort bei ihr zu Hause abholen.
Lia packte die Tastatur in eine Plastiktüte und übergab sie Rico vor der Tür des
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