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Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)

Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition)

Titel: Die Frau von Tsiolkovsky (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Muellner
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blitzen.
    »Was mich aber am meisten beeindruckt hat«, setzte er
unbeirrbar fort, »war, dass sie die ›Shannon-Parker-Stiftung‹ für begabte, aber
mittellose Kinder und Jugendliche ins Leben gerufen haben. Das hat mich
wirklich tief beeindruckt. – Und dass sie das aus ihrem Privatvermögen
finanzieren.«
    Sie sah ihn lange an, als müsse sie sich erst eine passende
Antwort überlegen. »Ja, mich auch«, gab sie schließlich schnippisch zurück und
fragte sich in diesem Augenblick, wer sie überhaupt auf diese absurde Idee mit
der Stiftung gebracht hatte.
    Der Ober stutzte, bevor er ihren Kommentar mit einem
übertriebenen Lachen quittierte. »Wären Sie bitte so freundlich und würden sich
in unserer Gästedatei verewigen?«, sagte er und hielt ihr, ihr Einverständnis vorwegnehmend,
bereits den PDA vor die Nase, der ihre Signatur automatisch an die bisherigen
Aufzeichnungen anfügte.
    »Bitte sehr!«, sagte sie, nachdem sie neben ihrem Namenszug
noch ein Herz und den Namen des Restaurants eingetragen hatte. Ob er wohl
wusste, dass er soeben mit der Frau gesprochen hatte, die als erste ihren
Fußabdruck im Marsstaub hinterlassen würde? Eine Zufriedenheit und Ruhe legte
sich über ihre Gedanken, und der Champagner verbreitete eine wohlige Wärme in ihrem
Körper. Vom kleinen Fingernagel bis zu den Haarspitzen konnte sie dieses
Kribbeln fühlen, das ihrem Körper mehr Lust bescherte, als jede sexuelle
Erregung, die sie bis dato in ihrem Leben verspürt hatte. Ob Greise oder
Kinder, Afrikaner oder Chinesen, Hinterwäldler oder Großstädter, jeder einzelne
von all den Milliarden Erdenbewohnern würde bald ihr Gesicht und den
dazupassenden Namen kennen – und so schnell nicht wieder vergessen.
    Nachdem sie ihr Glas geleert und zwei Scheine für die Drinks
und die Bedienung auf den Tisch gelegt hatte, nickte sie nur kurz in Richtung
Theke, als sie aufbrach. Knapp bevor es ihr gelang, dem Pöbel zu entfliehen und
den sicheren Ausgang zu erreichen, stürzte der Kellner auf sie zu, ergriff ihre
Hand und schüttelte sie so heftig, dass sie fürchtete, er könnte sie an der
Schulter abreißen. Shannon war mehr als überrascht, als er plötzlich auch noch einen
Handkuss andeutete. Vermutlich hat er es in meinem verdutzten Gesicht gelesen,
dachte sie, dass ich Hände schütteln unter Fremden nicht ausstehen kann. Dass
es sich mit Handküssen ähnlich verhielt, war in meinem Gesicht vermutlich nicht
im Klartext zu erkennen. Warum hat er mir nicht gleich einen amikalen Kuss auf
die Wange geklatscht?
    »Ich wünsche Ihnen alles Gute für Ihre Zukunft und hoffe, Sie
bald wieder zu sehen oder zumindest von Ihnen zu hören«, sagte er
enthusiastisch.
    »Keine Angst, das werden Sie«, gab sie strahlend zurück. »Das
werden Sie!« Vorausgesetzt ich kann meinen Arm nach dieser Misshandlung noch
gebrauchen und hab mir bei dem Handkuss keine Bakterienkolonie eingefangen; dies
behielt sie allerdings für sich.
    Der Kellner nickte glücklich, als hätte sie ihm gerade ohne
jeden Zweifel bestätigt, dass der Weihnachtsmann doch mehr als nur eine antiquarische
Fantasie war.
    Shannon sollte Recht behalten. Der Kellner, und er sollte
nicht der einzige bleiben, sollte bald von Shannon Parker hören, doch die
Umstände, unter denen es geschehen sollte, waren von denen, die sie sich in
ihrer Fantasie ausgemalt hatte, so weit entfernt wie die Erde vom Mars.

5
    London,
2039
    Müde saß sie am Schreibtisch. Schwer
lag ihr Kopf auf beide Hände gestützt. Wie sollte sie sich konzentrieren, wenn
sich ihre Eltern vor der Tür ständig anschrien.
    »Warum müssen wir sie auf die Schule schicken?«, keifte ihre
Mutter.
    »Weil ich es so will!«
    »Klar, weil du es so willst! – Dein Wille geschehe. Und wer
soll die sündteure Ausbildung bezahlen? Ich kann nicht mehr als arbeiten. Und
fünfzig Stunden in der Woche sind mehr als genug, wenn ich den Haushalt auch
noch daneben hab.«
    Ihr Vater schien nachzudenken. »Ich könnte am Wochenende
arbeiten. Immer wieder suchen sie Leute, die am Spaceport in Heathrow Ladung
stauen.«
    »Ladung stauen? Am Spaceport? Du, als Ingenieur? Kommst du
dir da nicht blöd vor?«
    »Die zahlen gut. Die Fluktuation in dem Bereich wäre sonst
wahrscheinlich noch höher.«
    »Warum willst du sie überhaupt in diese Schule schicken?
Ihre Leistungen beim Einstufungstest waren nicht mehr als schlechter
Durchschnitt. Glaubst du wirklich, das lohnt sich?«
    »Genau das denke ich«, sagte er und setzte ein sicheres

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