Die Frauen, die er kannte: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)
kein bisschen in Versuchung geführt. Er konnte sich im Moment wirklich nicht vorstellen, Sex zu haben, sosehr er es auch versuchte.
«Kann ich Ihnen irgendwie helfen?» Annika sah erneut auf, vermutlich spürte sie, dass er sie beobachtete, seit er Haraldssons Büro verlassen hatte.
Haraldsson, der gerade die weitverbreitete Theorie bestätigt hatte, dass die meisten Menschen mindestens ein bis zwei Stufen höher auf der Karriereleiter kletterten, als ihre Kompetenz es zuließ. Sebastian hatte einen teuflischen Gedanken.
«Ihr Chef lässt ausrichten, dass Sie ihm gleich einen Kaffee bringen sollen.»
«Wie bitte?»
«Mit Milch, ohne Zucker, und zwar so schnell wie möglich», fügte er hinzu und sah, wie sehr sie diese Botschaft erboste. Vielleicht nicht das Kaffeeholen an sich, aber der Zusatz, dass es schnell gehen sollte.
Mit einem ausgedehnten Seufzer stand sie auf und ging zum Kaffeeautomaten. Nahm einen Plastikbecher. Sebastian beschloss, die Sache auf die Spitze zu treiben.
«Er sagte, dass er auf keinen Fall diesen beschissenen Pulverkaffee haben will. Sondern richtigen Kaffee aus der Kantine. In einer richtigen Tasse.»
Annika drehte sich zu ihm um, um sich zu vergewissern, ob sie richtig gehört hatte. Sebastian zuckte unschuldsvoll mit den Schultern, als wolle er zeigen, dass er lediglich weitergab, was man ihm aufgetragen hatte.
«Wollen Sie beide auch welchen haben, wenn ich sowieso schon losgehe?» Er hörte, wie Annika damit kämpfte, sich die Wut nicht anhören zu lassen.
«Nein, vielen Dank.» Sebastian lächelte sie warmherzig und einfühlsam an. «Wenn wir es uns anders überlegen, können wir uns ja immer noch Kaffee aus dem Automaten holen.»
Annika nickte und gab ihm durch einen Blick zu verstehen, dass Haraldsson ihrer Meinung nach ruhig dasselbe tun könnte, ehe sie das Büro verließ. Sie knallte die Tür hinter sich zu.
Sebastian kehrte ein wenig fröhlicher gestimmt in Haraldssons Büro zurück.
Das Timing hätte nicht besser sein können. Haraldsson legte gerade den Hörer auf, drehte sich zu seinem Computer hin und begann etwas auf der Tastatur zu tippen.
«Soweit ich es verstanden habe, stand keiner von ihnen Edward Hinde besonders nahe. Roland Johansson saß gemeinsam mit Hinde im Sicherheitstrakt, und sie haben sich anscheinend ein wenig ausgetauscht, aber er ist schon seit über zwei Jahren wieder frei. Er blickte auf den Monitor und scrollte mit der Maus nach unten. «Ja, im September werden es zwei Jahre.»
«Sonst niemand?», fragte Vanja, während sie den Namen notierte.
«Manchmal hat er mit José Rodriguez in der Bibliothek Schach gespielt», fuhr Haraldsson fort und hämmerte erneut auf die Tasten. «Hier steht, dass der schon vor acht Monaten aus der Haft entlassen wurde.»
«Ich hätte gern alle Informationen, die Ihnen zu den beiden vorliegen», erklärte Vanja und schrieb auch den zweiten Namen auf.
«Natürlich, ich drucke die Dossiers aus, dann können Sie sie bei Annika abholen, wenn Sie gehen.» Vanja nickte lächelnd. Das war leichter gewesen, als sie es erwartet hatte.
Als Sebastian und Vanja gerade aufstehen wollten, klopfte es leise an der Tür, und Annika kam mit einer Kaffeetasse herein. Sebastian deutete auf Haraldsson hinter seinem Schreibtisch.
«Der ist für den Boss.»
Annika ging zu Haraldsson und stellte die Tasse wortlos vor ihm ab. Ihr Chef sah freudig überrascht auf.
«Danke, das ist aber nett von Ihnen!» Er nahm den Henkel und drehte die Tasse ein wenig, als wollte er sie genau untersuchen. «Und ausnahmsweise sogar in einer richtigen Tasse!»
Sebastian beobachtete, wie Annika ihrem Chef einen finsteren Blick zuwarf, bevor sie, immer noch stumm, das Büro verließ. Die Szene amüsierte ihn. Vielleicht sollte er Annika beim Rausgehen noch einmal losschicken, um Haraldsson etwas Süßes zu holen? Nein, das ginge wahrscheinlich zu weit. Er hörte, wie Vanja Haraldsson für seine Hilfe dankte, und folgte ihr nach draußen.
Nachdem die Reichsmordkommission das Büro verlassen hatte, griff Haraldsson nach seiner Tasse und lehnte sich im Bürostuhl zurück. Er probierte einen Schluck Kaffee. Richtig gut, nicht die übliche Plörre aus dem Automaten. Er würde Annika fragen, ob sie ihm nicht immer den Kaffee aus der Kantine holen konnte. Aber das musste warten.
Hinde war also in mehrere Morde verwickelt.
Mehrere.
Plural.
Es konnte sich eigentlich nur um die Serienmorde handeln, von denen er in der Zeitung gelesen hatte. «Der
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