Die Frauen, die er kannte: Ein Fall für Sebastian Bergman (German Edition)
Sommerschlächter», wie ihn eine Boulevardzeitungen getauft hatte. Vier Tote im Laufe eines Monats. Den Zeitungen zufolge waren sie erstochen worden. Eine große Ermittlung. Ein wichtiger Fall, und die Reichsmordkommission glaubte, dass Hinde in irgendeiner Weise involviert war.
Edward Hinde aus Haraldssons Sicherheitstrakt.
Er trank einen weiteren Schluck des guten, heißen Kaffees. Offenbar suchte die Polizei den Mörder außerhalb des Gefängnisses, jedoch ohne eine Ahnung zu haben, wer es war. Ob Hinde das wusste? Wäre es vorstellbar, dass Haraldsson ihnen bei den Ermittlungen behilflich sein konnte? Oder mehr noch, dass er Hinde dazu bringen konnte, sein Wissen über die Taten preiszugeben? Natürlich war Haraldsson kein Polizist mehr, aber diesen Instinkt verlernte man genauso wenig wie Rad fahren. Es wäre wohl nicht ganz verkehrt, derjenige zu sein, der mit den entscheidenden Puzzleteilen zu diesem so wichtigen Fall beitrug. Wer weiß, vielleicht wollte er nicht ewig Gefängnisdirektor bleiben. Es gab schließlich auch andere interessante Stellen, auf die man sich bewerben konnte. Weiter oben in der Hierarchie. Haraldsson trank noch einen Schluck Kaffee und beschloss, Hinde von nun an öfter zu besuchen. Sich mit ihm anzufreunden.
Sein Vertrauen zu gewinnen.
Er sah die Schlagzeilen bereits vor sich.
Konnte die bevorstehende Ehre nahezu schmecken.
K urz nach Mittag versammelten sie sich wieder in ihrem Besprechungsraum. Sebastian war zu Hause gewesen und hatte geduscht. Sein Versagen bei dem Besuch in Lövhaga hatte er noch nicht verwunden. Nicht genug damit, dass sie nichts erfahren hatten. Hinde war als Sieger daraus hervorgegangen. Hatte ihn vernichtend geschlagen. Unter der Dusche hatte Sebastian die Begegnung im Kopf Revue passieren lassen und war zu dem Schluss gekommen, dass es tatsächlich Vanjas Schuld gewesen war. Nicht, weil sie angefangen hatte, mit Hinde zu feilschen. Dass er sich darauf einließ, hätten sie womöglich sogar noch nutzen können, nicht zu ihrem Vorteil, aber zu einem Nullsummenspiel. Das Problem war Vanja an sich. Wer sie war. Seine Tochter. Sebastian war mit Geheimnissen in das Treffen hineingegangen. Als er Hinde das letzte Mal in den Neunzigern getroffen hatte, hatte er nichts zu verbergen. Er hatte all seine Karten ausspielen und reagieren können, wie er wollte. Hatte alle Entscheidungen kurzfristig treffen können, ohne befürchten zu müssen, dass der Mann auf der anderen Seite des Tisches mehr über ihn erfuhr, als gut war. So war es diesmal nicht. Um mit Hinde Schritt halten zu können, musste man das gesamte Spielfeld nutzen. Gab es auch nur die kleinste Ecke, die man nicht betreten wollte, konnte man sicher sein, dass Hinde das Gespräch sofort dorthin lenkte. Doch diesmal hatte er nicht nur vor Hinde Geheimnisse, sondern auch vor Vanja. Es war eine unmögliche Situation.
Und es war Torkels Schuld.
Oder seine eigene.
Er hätte sich weigern sollen, hätte nicht mit Vanja nach Lövhaga fahren sollen, sondern mit Billy.
Aber das war ihm reichlich spät eingefallen.
Im Besprechungsraum war es klebrig warm und stickig. Irgendwer hatte das Fenster geöffnet, aber das half kein bisschen. Das Zimmer hatte keine Klimaanlage, sondern war lediglich an das normale Lüftungssystem angeschlossen, das im Kampf gegen die Sommerhitze keine Chance hatte.
Sebastian ließ sich neben Ursula nieder. Als alle saßen, schaltete Billy den Projektor an der Decke ein und tippte etwas auf dem Laptop, der vor ihm stand.
«Ich habe beide ehemaligen Häftlinge gefunden, es war nicht schwer, wir haben sie recht gut im Blick.»
Er drückte auf eine Taste, und an der Wand erschien das Foto eines Mannes Mitte fünfzig. Er trug die Haare zu einem Pferdeschwanz, hatte ein breites Gesicht, eine gebrochene Nase und eine rote Narbe, die vom linken Auge nach unten über die Wange verlief. Das Foto sah aus wie die Karikatur eines Fahndungsfotos.
«Roland Johansson. 1962 in Göteborg geboren. Zwei Mordversuche und grobe Körperverletzung. Konsum verschiedener harter Drogen. Hat von 2001 bis 2008 in Lövhaga gesessen. Ist danach wieder zurück nach Göteborg gezogen. Ich habe mit seinem Sozialarbeiter gesprochen. Sie waren zusammen verreist, als der zweite und der dritte Mord begangen wurden. Eine Busreise nach Österlen mit den Anonymen Abhängigen.»
«Ist er denn wieder auf Drogen?», fragte Vanja.
«Nein, laut seinem Helfer ist er clean. Aber er besucht regelmäßig die Treffen dieser
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