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Die Frauen von Bramble House

Die Frauen von Bramble House

Titel: Die Frauen von Bramble House Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Cookson
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Schmerz unter den Rippen, aber sie starrte ihn noch immer sprachlos an. Sein Gesicht war ganz farblos. Sie hätte ihm gern entgegengeschrien: Das ist doch nicht wahr, oder? Sie wollen dich erledigen, weil ich dich so bevorzugt habe, sie sind eifersüchtig und neidisch … Aber der Ausdruck in seinem Gesicht hätte jedem Richter genügt, ihn zum Strang zu verurteilen. Er konnte ihrem Blick nicht standhalten, seine Augen flogen hierhin und dorthin, als suchte er einen Fluchtweg. Und da begann sie zu kreischen: »Du! Du hast mir das antun können, nach allem, was ich …« Es würgte sie in der Kehle, und in ihrem Kopf schrillte eine Stimme Entschuldigungen: Alle sind doch dahinter her. Jeder jagt hinter dem Geld her. Was bedeuten schon ein paar hundert Pfund, die er bei Autos abgezweigt hatte? Aber hatte er nicht gesagt, er denke immer nur an sie. Er … er hatte gewissermaßen mit ihr geflirtet und sie umworben, sie, eine alte Frau … hatte ihr nicht nur die Hände gestreichelt, sondern sie auch massiert; wenn sie einen Krampf in den Waden hatte, er hatte ihn wegbekommen; er richtete sie auf und knetete ihre Schultern und den Rücken … Er hatte es zuwege gebracht, daß sie sich wieder wie ein junges Mädchen fühlte, und dabei hatte er sie die ganze Zeit … nur für eine alte Närrin gehalten. Der Schmerz wurde heftiger. Sie kreischte: »Geh mir aus den Augen! Dafür wirst du mir bezahlen! Ich … ich bring dich vor Gericht.«
    »Hör auf damit! Reg dich nicht so auf! Leg dich hin und beruhige dich!« Peggy strich der alten Frau die Haare aus der Stirn. Sie wandte sich nicht zu Henry um, als sie sagte: »Ruf den Arzt.« Es klang dringend genug, und er lief aus dem Zimmer, blieb aber abrupt stehen, als er vorn auf Jones stieß, der an Emmas Tür klopfte und rief: »Emma! Emma! Mach sofort auf! Hörst du mich?«
    »Ja, sie hat Sie gehört. Und jetzt verschwinden Sie von dieser Tür! Und wenn Sie gescheit sind, machen Sie sich überhaupt rar jetzt.«
    Jones fuhr herum und blickte Henry an. »Sie hatten es schon immer auf mich abgesehen, was? Aber Sie können gar nichts machen.«
    »Seien Sie doch kein Idiot! Nein, aber Sie sind ein Idiot, bestimmt, und ein Schurke, aber nicht intelligent genug, denn sonst hätten Sie nicht das Beweismaterial für Ihre Gaunerein aufbewahrt. Aber Sie wollten sich wohl jede Woche genüßlich vergewissern, wie gut Sie dastehen, nicht wahr? Wie hübsch die Summe weiter gewachsen war. Und das bricht Ihnen jetzt das Genick. Im übrigen erwarte ich nicht, daß Sie morgen in der Firma erscheinen, haben Sie mich verstanden? Und es wird ganz von Mrs. Funnells Entscheidung abhängen, wo Sie morgen abend sein werden. Sie haben sich das alles selbst eingebrockt. Und ich sage Ihnen noch etwas: Wenn Sie nicht noch eine weitere Anklage riskieren wollen, dann lassen Sie Emma besser in Ruhe!«
    Henrys Kopf fuhr zurück, weil es so aussah, als wollte Jones ihn anspringen. Es waren aber die Worte, die Jones knirschend hervorstieß, die ihn wirklich zurückschaudern ließen: »Sie ist meine Tochter. Wenn ich gehe, nehme ich sie mit.«
    »O, nein, das werden Sie nicht.«
    »Sie, Sie halten sich da raus!«
    »Genau das werde ich nicht tun. Ich rufe jetzt den Arzt, aber vorher rufe ich noch die Polizei. Ich werde Ihren Eskapaden ein Ende machen, so oder so. Ich sorge dafür, daß Sie das Kind nicht mehr in Ihre Pfoten bekommen.«
    Als Henry zur Treppe lief, schrie Jones einen Schwall von so obszönen Wörtern hinter ihm her, daß Henry kurz stockte, sich aber dann entschied, nicht umzukehren und dem Kerl die Faust auf sein dreckiges Maul zu schmettern.
    Jones selbst rannte nun zu seinem eigenen Zimmer hinüber, und dort stand er eine Weile nur da und überlegte. Sein Trotz drängte ihn, er solle bleiben und die alte Hexe ansabbern und sie wieder herumkriegen. Aber sein praktischer Verstand sagte ihm, daß die Zeit vorbei war, in der er sie beschwatzen konnte. Jetzt würde sie ihn höchstwahrscheinlich anzeigen und festnehmen lassen.
    Er knirschte mit den Zähnen und begann wie ein Verrückter Kleidung aus dem Schrank und der Kommode zu zerren, die er in zwei große Koffer stopfte, die er vom Schrank heruntergezerrt hatte. Die letzten Gegenstände, die er einpackte, nahm er aus der Schublade der Frisierkommode: Manschettenknöpfe aus Gold, drei Uhren und zwei Siegelringe. Dann schlüpfte er in einen Mantel, packte die beiden Koffer und ging zur Tür. Dort blieb er kurz stehen und schaute in den Raum zurück,

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