Die Frauen
Welt der festen Dinge tropfte. Es gelang uns schließlich, ihn senkrecht auf den triefnassen Sitz zu bugsieren, und da ich kein Seil dabeihatte (ich hatte mit Koffern, Reisetaschen und ähnlichem gerechnet, aber nicht mit einem Objekt dieser Größe, und fragte mich langsam, ob Daisy und ihre Begleiterin Taliesin womöglich mit einem Ferienhotel in den Catskills oder einem Überseedampfer verwechselt hatten), mussten wir darauf vertrauen, dass die Schwerkraft ihn auf der Heimfahrt dort festhalten würde.
Und vielleicht hätte das auch funktioniert, hätte uns nicht das letzte, steile Stück der Auffahrt von Taliesin eine Lektion in elementarer Physik erteilt. Um nicht im Schlamm zu versinken, blieb mir keine andere Wahl, als aufs Gas zu treten und die Auffahrt mit Tempo hinaufzufahren, wobei die Hinterräder immer wieder ausbrachen und der Bearcat mit der Steigung zu kämpfen hatte. Irgendwann schien sich das Lenkrad zu verselbständigen, so als wohnte ihm ein unsichtbarer Geist inne, der meinen Anstrengungen entgegenwirkte, so schnell zu fahren, dass uns der Schlamm nichts mehr anhaben konnte, zugleich aber die Räder unten und die Karosserie oben zu halten. Wir hatten vielleicht drei Viertel der Strecke zurückgelegt, die Kuppe des Hügels und das einladende Halbrund des Hofs waren bereits in Sicht, da tat es plötzlich einen Ruck, Gwendolyn Greiner japste, als wäre sie am Ertrinken, und beide Mädchen wappneten sich gegen den erwarteten Aufprall, als der Schrankkoffer aus dem Auto in den Matsch geschleudert wurde und der Bearcat nach rechts schlitterte und an einem der jungen Bäume zum Stehen kam, die wir im vorangegangenen Frühjahr gepflanzt hatten, um die Auffahrt ein bisschen lebendiger zu gestalten.
Daisy saß neben mir. Ich roch ihr Parfüm, Flieder und Lavendel. Sie hatte die Augen aufgerissen. Ein bisschen peinlich war mir das Ganze schon - ich hatte auf ein besseres Ergebnis gehofft. Aber wie Wrieto-San immer sagte, wenn sich einer von uns das Bein brach oder eine Mistgabel in die Hand rammte: »Auf dem Land passiert immer irgendwas.«
»Herrgott noch mal«, zischte die gesprenkelte Gwendolyn Greiner, die mich an Daisy vorbei bitterböse anstarrte, »wo haben Sie denn Autofahren gelernt?«
Der Koffer war etwa dreißig Meter hinter uns gelandet. Der Baum stand noch, allerdings war er ein wenig von uns weggeneigt, und der vordere Kotflügel des Bearcat hatte eine sichelförmige Schramme davongetragen, höllenschwarz inmitten des Ziegelrots. Ich gab die einzige Antwort, die mir einfiel - »In Chicago« -, und die liebe Daisy brach in schallendes Gelächter aus. Ihr von Grübchen begleitetes Lachen war liebenswert, melodisch und ansteckend, und im nächsten Moment lachten Gwendolyn und ich auch, lachten so heftig, dass das Auto schwankte, und dann begann der Regen abzuklingen, und der Schlamm unter den Rädern wurde fester.
Obwohl ich mich gewaltig abmühte, um das Auto freizukriegen, waren wir letzten Endes gezwungen, es an Ort und Stelle stehenzulassen, platschend die Auffahrt hinunterzustapfen und den Schrankkoffer zu holen (ich zumindest stapfte die Auffahrt hinunter und holte den Schrankkoffer, pflichtbewusst wie eh und je, pflichtbewusst und korrekt) und uns dann die Steigung hinauf und durch den Hof bis zur Küchentür zu schleppen. Die Mädchen hatten einen triefnassen Koffer in jeder Hand und je eine tropfende Reisetasche über der Schulter, ich schleifte den Schrankkoffer, der seine eigene, sich erweiternde Furche zog, durch den Matsch. Unsere Schuhe sahen aus wie mit schwarzem Bratensaft übergossen, meine Hose war reif für die Mülltonne, und die Röcke der Mädchen klebten ihnen klatschnass - und bezaubernd - an den Schenkeln.
Wir standen einen Augenblick fröstelnd unter dem Dachvorsprung, ehe ich auf die Idee kam, mir die Schuhe abzustreifen und die Küchentür einen Spaltbreit zu öffnen.
Sofort schlugen mir der Geruch von Kohlsuppe a la Montenegro und die schrill anschwellende Stimme von Mrs. Wright entgegen, die mit Emma, Mabel und einem zwiebelschneidenden Schüler an der Arbeitsplatte stand. »Raus!« schrie sie. »Gehen Sie sofort wieder raus - Sie sind ja voller Schlamm!«
»Aber Mrs. Wrieto-San«, setzte ich an und verschmälerte den Spaltbreit unwillkürlich,
»ich habe die beiden neuen Schülerinnen hier, Greiner und Hartnett. Frauen. Zwei Frauen.«
Im nächsten Moment stand Mrs. Wright an der Tür und streckte uns ihr langes, kummervolles Gesicht entgegen. Gwendolyn
Weitere Kostenlose Bücher