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Die Frühstücksfreundin

Die Frühstücksfreundin

Titel: Die Frühstücksfreundin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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diesmal in Nummer 43 — und reden.
    »Warum erzähle ich Ihnen das alles?« wundert sich Robert.
    »Weil es Sie beschäftigt.«
    »Ich habe das Gefühl, ich erzähle Ihnen viel mehr als meiner Frau.«
    »Das wäre natürlich. Ihre Frau will stolz auf Sie sein, will, daß Sie Erfolg haben. Ich bewundere meinen Mann auch. Ich will stolz auf ihn sein. Partnerschaft ist eine Wippe. Der Gewichtigere auf den verschiedenen Gebieten hat die Füße auf dem Boden, der andere hängt in der Luft. Doch das kann sich ständig ändern. Wie ist Ihre Frau?«
    Statt einer Antwort streichelt er. Sidonie dreht sich ihm zu und sieht ihn an.
    »Erzählen Sie mir von Ihrer Frau.«
    »Was soll ich Ihnen erzählen?« fragt er sie und sich. »Daß ich sie liebe? Ja, das tu ich. Franziska ist eine großartige Person. Wenn wir unsere Eigenschaften Zusammenlegen, sind wir ein optimales Paar. Sie ist nicht so selbständig wie Sie, kann aber sehr gut haushalten. Besser als ich. Sie verwaltet unsere Finanzen. Für mein Empfinden zu genau.«
    »Vielleicht wäre sie bei einem anderen Mann großzügiger.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Vielleicht hat sie nur Gegenposition bezogen? Dem Partner zuliebe nachgegeben, gegen ihr besseres Wissen.«
    »Dann hätte sie die Füße auf dem Boden und ich hinge in der Luft?«
    Sidonie nickt in seinem Arm. »Vielleicht ist es so.«
    »Aber das kann sich ständig ändern, haben Sie gesagt«, vergewissert sich Robert, und nach einer Denkpause mutmaßt er: »Vielleicht bekomme ich durch Sie wieder Boden unter die Füße.«
    Sidonie tippt ihm zärtlich auf die Nase.
    »Vorsicht. Es kann auch anders kommen: Daß sich der nichtsahnende Ehepartner in Ruhe weiterentwickelt, noch fester steht. Aber nur der nichtsahnende.«
    Robert küßt den Mund, der das gesagt hat.
    »Das war ein herrlich beruhigender Satz für mein schlechtes Gewissen, Sidonie.«
    »Sagen Sie nicht Sidonie zu mir«, warnt sie. »Nennen Sie mich, wie Sie Ihre Frau nennen.«
    »Aber warum denn,« weicht er aus. »Sidonie paßt zu Ihnen.«
    »Wie sagen Sie zu ihr?«
    Robert ziert sich noch ein wenig, findet seinen Kosenamen zu einfallslos.
    »Ich sage: Liebes.«
    Die erwartete Reaktion bleibt aus, Sidonie lächelt. »Gott sei Dank nicht Puppchen, Schnuckelchen, Mukkelchen. Die meisten Kosenamen sind voll dunkler U’s. Ist Ihnen das schon aufgefallen?«
    Jetzt wo sie’s sagt, fällt es ihm auf.
    »Also in Zukunft sagen Sie Liebes zu mir«, entscheidet sie, und er muß lachen.
    »Ob ich mich daran gewöhnen kann?«
    »Sie müssen. Dann können Sie sich nicht versprechen.«
    »Ich weiß nicht. Am Ende sage ich zu meiner Frau Sie.«
    »Das wäre nicht so schlimm. Stellen Sie sich vor, Sie sagen aus Versehen Sidonie zu ihr.«
    »Sie sagen ja auch Robert zu mir.«
    Sie lächelt.
    »Ich kann mir das erlauben.«
    »Dann gibt es nur eine Möglichkeit: Ihr Mann heißt auch Robert.«
    Sidonie nickt.
    »Möglichst sparsam lügen. Oder, wie ein sehr kluger Mann das einmal formuliert hat: Korrekt mit Mogeln. So will es unsere Moral. Ich habe diesen Satz nie vergessen.«
    Er schaut auf seine Uhr.
    »Robert.«
    »Liebes.«
    Wie leicht sich das sagt, auf dem orangefarbenen Frotteetuch.
    »Halten Sie mich fest. Halten Sie mich immer fest. Wer weiß, wie lange wir das können.«
    Ihre Angst gibt seiner Zuverlässigkeit Funktion, und er läßt sie zu ihr hinüberströmen bei jeder Berührung. Zuverlässig wie er ist, hat er das Zimmer schon am Vortag bestellt, in der Mittagspause, und gleich im voraus bezahlt. Mit Sondertrinkgeld für das Schreibmaschinenköfferchen, das sie, der Einfachheit halber, beim Portier hinterstellte. Wie sich die Ausgaben, trotz abwechselnder Bezahlung, auf die Dauer vertuschen lassen sollen, steht noch dahin. Solange die Wohnung nicht abbezahlt ist, kann Robert keine unkontrollierten Sprünge machen.

    Sidonie kennt die Spielregeln. Im Zimmer 12A werden auf dem orangefarbenen Frotteetuch die Grenzen abgesteckt.
    »Wir müssen uns über unsere Beziehung ganz klar sein, Robert.«
    »Wir müssen gar nichts. Wir tun, wonach uns ist«, sagt er leichtsinnig und merkt erst an ihren Armen, die ihn umklammern, wie ernst sie das meint. Sidonie will die Beziehung nicht durch Unvorsichtigkeiten oder Unklarheiten gefährdet sehen. Zärtlich beruhigt er sie.
    »Wir sind ja vorsichtig, Liebes. Niemand sieht uns, keiner weiß etwas.«
    »Ich denke an Ausnahmefälle. Wenn etwas Unvorhergesehenes dazwischen kommt. Sie können nicht weg zu Hause, oder ich bin krank.

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